Das Ödenwinkelkees oberhalb des Tauernmoos-Stausees bei Uttendorf füllte vor mehr als hundertfünfzig Jahren den Talboden komplett aus – bis zu 80 Meter hoch. Jetzt entzieht sich der Gletscher Wanderern und Forschern immer mehr: Innerhalb von nur fünf Jahren zog sich der Eisrand um gut 200 Meter zurück – jetzt muss man diese Strecke über Geröll steigen, um das Gletschertor zu erreichen.
„Intensive Dynamik in letzten fünf bis zehn Jahren“
„Die Glestscher sind Fieberthermometer, die uns völlig ungeschminkt den Spiegel vorhalten, was im Alpenraum temperaturmäßig geschieht. Wir haben in den letzten fünf bis zehn Jahren sicher noch einmal eine intensivere Dynamik, die wir beobachten können. Das ist schon richtig dramatisch“, sagt Bernhard Zagel, Gletscherforscher der Universität Salzburg.
Das aktuelle Gletschertor des Ödenwinkelkees ist noch sehr jung – und aktuell 60 Meter lang, 35 Meter breit und 16 Meter hoch. Ein 3D-Bild der Salzburger Forschungsgruppe zeigt den Gletscherschwund in nur einem Jahr: Je blauer umso größer der Eisverlust, sagt Zagel: „Die Maximalwerte waren da bis zu drei Meter innerhalb eines Jahres. Wenn man das auf die Fläche von eineinhalb Quadratkilometer umlegt, die der Gletscher hat, sind wir da bei viereinhalb Millionen Kubikmeter Eis, die allein durch die Oberflächen-Abschmelzung verlorengegangen sind.“
Gebiet wird auch nach Gletscher-Rückzug erforscht
Doch gemessen wird schon längst nicht mehr nur der Gletscherschund, Wasserabfluss, Schmelzwassertemperatur und dergleichen: „Es sind in dem Gebiet Geografen, Botaniker, Geomorphologen – in der letzten Zeit über das LTER (Long-Time Ecological Research) auch andere Disziplinen. Wir versuchen da einfach, langfristig einen Forschungsstandpunkt zu etablieren“, sagt Hans Wiesenegger vom hydrogafischen Dienst des Landes Salzburg.
Gletschermessungen mit ernüchterndem Ergebnis
So mancher hegte nach dem schneereichen Winter die Hoffnung, dass dieses Jahr den Gletschern eine Erholungspause gegönnt ist. Seit Jahrzehnten schmelzen sie aufgrund der Klimaerwärmung von Jahr zu Jahr stärker. Nach den ersten Erkenntnissen aus den Überwachungsdaten und Messungen dürfte sich diese Hoffnung allerdings wenig bis gar nicht erfüllen – vor allem bei eher tiefer gelegenen Gletschern.
Ziel ist nicht nur, ein genaues Bild der Folgen der Klimaerwärmungen zu erhalten – sondern auch ein Prognose, wie es hier in einigen Jahrzehnten aussehen könnte. Denn die derzeit von der Natur geschaffenen Kunstwerke wie die Gletscherhöhle am Ödenwinkelkees, die aus Tauwasser und durchströmender warmer Luft geschaffen wurden, sind inzwischen sehr schnell vergänglich – wie unsere Gletscher insgesamt.