Landesgericht und Staatsanwaltschaft im Justizgebäude Salzburg
ORF.at/Georg Hummer
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Gericht

Schwieriger Prozess um Terrorfinanzierung

Der Prozess um mögliche Terrorfinanzierung gestaltet sich schwierig: Eine sechsköpfige bosnische Familie hat laut Anklage einer Verwandten, die sich der Terrormiliz Islamischer Staat (IS) angeschlossen haben soll, 4.200 Euro geschickt. Beim Landesgericht vermisst man die Hilfe türkischer und britischer Behörden.

Die sechs angeklagten Familienmitglieder sagen, sie hätten nicht gewusst, dass sich ihre Schwester, Tochter bzw. Schwägerin dem IS angeschlossen habe. Die Anklage besagt jedoch genau das Gegenteil. Die Familie habe gewusst, dass sich die Frau radikalisiert habe. Sie habe eine Propagandaseite für den IS im Internet betrieben oder zumindest übersetzt und Nachrichten an Verwandte geschrieben, dass sie sich dem Dschihad angeschlossen und einen IS-Treueschwur geleistet hätte.

Zwei für das Verfahren wichtige Zeugen, darunter die gesuchte 43-Jährige selbst, könnten entscheidend zur Wahrheitsfindung beitragen. Die Frau befindet sich offenbar nicht mehr in Syrien, sondern in der Türkei. Obwohl sie dort auch eine Adresse hat, ist sie für die Salzburger Justiz jedoch nicht zu erreichen, sagte Verteidiger Peter Lechenauer.

Türkische Behörden kooperieren bisher nicht

„In der Türkei ist es äußert schwierig, weil die Anschriften umfangreich und zum Teil nicht zuordenbar sind und Ladungen nicht zugestellt werden können und auch die türkischen Behörden offensichtlich nicht mitarbeiten“, sagte Lechenauer.

Zusätzlich hat die Salzburger Justiz ein Rechtshilfeansuchen an die Türkei geschickt, um auf deren Staatsgebiet die Befragung beziehungsweise Ermittlungen durchführen zu dürfen. Darauf gibt es seit drei Monaten keine Antwort.

Ebenso schwierig sei es mit der britischen Justiz. In England sitzt ein zweiter Zeuge, der Entscheidendes beitragen könnte. Die Zusammenarbeit mit Südamerika, etwa Kolumbien, sei dagegen vergleichsweise problemlos, sagte die zuständige Richterin am Mittwoch. Sie hofft nun, in zwei Monaten Antworten aus England und der Türkei zu bekommen, und will im Oktober weiterverhandeln.

Verteidiger: „Familie wollte nur aus Finanznot helfen“

Die Verteidiger betonten, dass die angeklagte Familie nur in finanzieller Not habe helfen wollen. Bei Schuldsprüchen drohen den Angeklagten bis zu zehn Jahre Gefängnis.

Zuletzt war in Salzburg im Jahr 2019 eine Mutter vom Vorwurf der Terrorismusfinanzierung freigesprochen worden. Sie hatte einem Schlepper 6.000 Euro bezahlt, um ihre Tochter, die auch zum IS nach Syrien gereist war, zurückzuholen. Ob das je gelang, ist nicht bekannt.