Ministrica Köstinger
APA/Helmut Fohringer
APA/Helmut Fohringer
Politik

Problemwölfe: Bundesministerin fordert Abschüsse

Laut Landwirtschaftsministerin Elisabeth Köstinger (ÖVP) wurden heuer bundesweit schon mehr als 200 Nutztiere, hauptsächlich Schafe und Ziegen, von Wölfen gerissen – viele davon in Salzburg. Sie fordert nun die Tötung von „Problemwölfen“. Laut EU-Recht wäre das verboten – allerdings könnte es rein rechtlich einige Auswege geben.

Rund 40 Wölfe gibt es laut Behörden derzeit in Österreich, die Raubtiere stehen unter einem strengen Schutz. Zuletzt haben sich auf Almen die Risse von Schafen gehäuft. Vor allem Tirol und Salzburg sind stark betroffen, nun auch die Steiermark und Kärnten.

Koalitionsstreit programmiert?

In der gesamten Almsaison 2020 gab es laut Köstinger knapp 300 nachgewiesene Risse. Diese seien nicht nur für Almbauern, sondern auch für die touristische Nutzung von Almen und Wanderwegen ein großes Problem: „Wenn jetzt nicht gehandelt und Problemwölfe entnommen werden, werden die heimischen Almen bald nicht mehr bewirtschaftet werden“, so Köstinger.

Die Landwirtschaftsministerin stellt sich damit politisch gegen Forderungen ihrer grünen Koalitionspartner auf Ebene der Bundesregierung und mehrerer Landesregierungen, die Abschüsse von Wölfen weiter strikt ablehnen.

„Einzelne Abschüsse durchaus möglich“

Die Landwirtschaftsministerin verwies darauf, dass der Abschuss einzelner Problemwölfe rechtlich „durchaus möglich“ sei, auch gemäß der Fauna-Flora-Habitat-Richtlinie, also der Naturschutz-Richtlinie der EU. Durch DNA-Proben sei nachweisbar, wenn ein und derselbe Wolf für mehrere Risse verantwortlich ist. Dann seien Abschüsse möglich.

Indirekte Kritik an Bürokratie

Köstinger fordert auch eine Beschleunigung der behördlichen Verfahren. Denn in der Praxis würde sich zeigen, dass die von den zuständigen Behörden im Einzelfall erteilten Bescheide häufig unmittelbar von Gegnern der Abschüsse – beispielsweise in den Reihen von Naturschutzbund und WWF – beeinsprucht und eine Entnahme damit verunmöglicht werde.

Außerdem erinnert die Landwirtschaftsministerin daran, dass das Österreichzentrum Wolf, Bär, Luchs betroffene Almbauern nach einem Rissereignis mit sogenannten Notfallteams unterstützt. Diese helfen bei der Bergung von toten und verletzten Tieren, dem Zusammentreiben der versprengten Tiere, sowie der Errichtung eines Nachtpferchs, also der Einzäunung der Schafe über Nacht. Diese Notfallteams seine meist „binnen kürzester Zeit“ an Ort und Stelle.

WWF empört über Köstinger

"Anstatt rechtswidrige Abschüsse zu fordern, muss der betroffenen Almwirtschaft durch eine Herdenschutz-Offensive geholfen werden. Die wird von der Politik seit Jahren auf die lange Bank geschoben, was vollkommen unverantwortlich ist“, sagt WWF-Artenschutzexperte Arno Aschauer zur Forderung der Ministerin:

"Anstatt Stimmung gegen europaweit geschützte Tiere zu machen, muss die Landwirtschaftsministerin ihre Hausaufgaben als Politikerin erledigen. Besonders dringend wären bundesweit abgestimmte Herdenschutz-Programme und eine Wiederbelebung des Hirtenwesens mit Schutzhunden nach den Vorbild der Schweiz.“

Zweifel an Forderungen des WWF

Bauern kritisieren schon seit längerer Zeit die vom WWF publizierten Forderungen und Vorschläge. Zuletzt gab es im Salzburger Lungau das Beispiel eines Goldschakals, der alle Herdenschutzmaßnahmen mühelos überwinde. In Göriach wird die Herde eines Schafbauern seit Herbst immer wieder von einem Goldschakal heimgesucht – trotz Verwendung von professionellen Herdenschutzzäunen. Mittlerweile gebe es schon den dritten Riss, sagt dazu Hubert Stock, amtlicher Wolfsbeauftragter des Landes Salzburg – mehr dazu in salzburg.ORF.at (30.6.2021)

Auch der Pinzgauer Schafzüchter und Bergbauer Markus Speicher aus Unken machte Mittwoch dieser Woche darauf aufmerksam, dass die vom WWF geforderten Herdenschutzzäune in der Praxis der ostalpinen Berglandwirtschaft untauglich seien – mehr dazu in salzburg.ORF.at (6.7.2021)

Bauern fordern Hilfe vom Landtag

Bei einer Kundgebung auf dem Alten Markt in Salzburg haben Almbauern und Schafzüchter am Donnerstag gegen den strengen Schutz des Wolfes protestiert – der von der EU verankert wurde. Die Entscheidung zum Abschuss von Problemwölfen müsse schneller gehen. Und der Landtag solle sich mit traditioneller Berglandwirtschaft solidarisieren – mehr dazu in salzburg.ORF.at (8.7.2021)