Sepp Schellhorn
BARBARA GINDL / APA / picturedesk.com
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Politik

„Überdosis Gift“: Schellhorn verlässt Politik

Der Salzburger NEOS-Nationalratsabgeordnete Sepp Schellhorn verabschiedet sich aus der Politik. Am Donnerstag legte der Gastronom alle Funktionen zurück, um sich mit „ganzer Kraft“ um seine Betriebe zu kümmern. Er kritisiert auch die „Überdosis Gift“, die in der Politik freigesetzt werde.

Schellhorn war erst vergangenen Samstag beim NEOS-Parteitag als stellvertretender Vorsitzender abgelöst und durch die Salzburger Landesrätin Andrea Klambauer ersetzt worden. Damals hatte die Partei noch betont, dass der Salzburger dem NEOS als Wirtschafts- und Kultursprecher im Parlamentsklub sowie als Vorsitzender der UNOS erhalten bleibe. Das ist die NEOS-Wirtschaftsvertretung.

Doch Donnerstagvormittag verkündete Schellhorn per offenem Brief seinen Abschied aus der Politik. Darin schreibt der 54-jährige Gastronom und Haubenkoch, dass er die politische Arena verlasse, weil er seine „ganze Kraft“ für seine Betriebe und Mitarbeiter brauche: „Wir haben einen massiven Mangel an Fachkräften, und ich will sie in dieser Situation nicht allein lassen.“ Schellhorn betreibt mehrere Gastronomiebetriebe – unter anderem in seiner Heimatgemeinde Goldegg (Pongau), im Gasteiner Tal und der Stadt Salzburg.

„Politik raubt mir nur noch Kraft“

Allerdings betonte Schellhorn daneben, er verlasse die Politik auch deswegen, „weil sie mir nur noch Kraft raubt und mittlerweile eine Überdosis Gift freisetzt.“

Allerdings sei er in der Wirtschaftspolitik über die „vielen Begegnungen im Stillen“ froh, betonte Schellhorn in seinem Abschiedsschreiben. Allein in der Zeit der Lockdowns habe er mehr als 400 persönliche Gespräche mit Unternehmern geführt:

„Ich habe in der Zeit mehr als 2.000 Mails beantwortet, die mir Menschen in unternehmerischen Nöten geschrieben haben, die mir auch wirklich ‚an die Nieren‘ gegangen sind. Die von einer politischen Seite gern skizzierten ‚Ausbeuter‘ waren übrigens nicht darunter, sondern Menschen, die über die Sorge um ihren Betrieb und ihre Belegschaft schlaflos geworden sind (und ja, ich will das gar nicht weg reden: Trotteln gibt’s in der Unternehmerschaft genauso wie in allen Gesellschaftsbereichen auch…).“ Auch in der Kulturpolitik, aber auch bei der Hilfe für Asylwerber bzw. Flüchtlinge war Schellhorn in den letzten Jahren aktiv.

Schellhorn zu seinem Rückzug aus der Politik

Der NEOS-Abgeordnete und Gastronom Sepp Schellhorn hat am Donnerstag seinen Rückzug aus der Politik bekanntgegeben. Er will sich vermehrt auf seine Betriebe fokussieren. Der Grund für seine Entscheidung ist das politische Klima.

Dank an Blümel, Blimlinger, Matznetter, Svazek, Strolz

Explizit bedankte sich Schellhorn zu seinem politischen Abschied bei Finanzminister Gernot Blümel (ÖVP) – er habe es „eigentlich nicht Not, sich türkise Socken anzuziehen.“ Auch Grün-Politikerin Eva Blimlinger, SPÖ-Wirtschaftspolitiker Christoph Matznetter und Salzburgs FPÖ-Landeschefin Marlene Svazek lobte Schellhorn zu seinem Abschied.

Bei den NEOS-Parteikollegen galt sein Dank vor allem Parteigründer, dem „Impulsgeber“ Matthias Strolz sowie Parteichefin Beate Meinl-Reisinger, der er „weiterhin so viel Beharrlichkeit und Unbeugsamkeit“ wünschte – so wie der gesamten Partei.

Seidl und Loacker folgen Schellhorn nach

Schellhorns Mandat im Nationalrat übernimmt die Innsbrucker Gemeinderätin Julia Seidl. Neuer Wirtschaftssprecher der Partei wird der Abgeordnete Gerald Loacker.

Dank und Lob aus eigener Partei, auch von FPÖ

Die Salzburger NEOS-Parteiführung bedankte sich Donnerstagmittag für seine jahrelange Arbeit: „Sepp Schellhorn hat als NEOS-Salzburg-Landessprecher wichtige Aufbauarbeit geleistet, hat uns in die erste Regierungsbeteiligung geführt und war immer ein Fels in der Brandung. Danke dir für alles, lieber Sepp“, betonte Andrea Klambauer, NEOS-Landesrätin in Salzburg. Ähnlich reagierte Lukas Rößlhuber, NEOS-Fraktionsobmann in der Landeshauptstadt: „Sepp Schellhorn war für mich der Motivator, von der Zuschauertribüne aufs Spielfeld zu wechseln. Er hat ein hervorragendes Gefühl für die Politik in der Stadt Salzburg und wir werden seinen Rat vermissen. Seine Kritik war oft kantig, aber immer treffend.“

Lob kam auch von FPÖ-Landeschefin Svazek. Mit ihm verliere die Politik ein „wirtschaftliches Gewissen“. Schellhorn sei "ein ganz Großer, mit dem man über Parteigrenzen hinweg inhaltlich und auch menschlich immer gut zusammenarbeiten konnte. Fachlich wie menschlich ist sein Abgang ein Verlust“, kommentiert Svazek: "Politisch schätze ich Sepps großes Engagement für die Wirtschaftstreibenden in diesem Land und seine offen-kritische Haltung, ohne Rücksicht auf auch persönlich unternehmerische Verluste.“