Sportschützin Sylvia Steiner beim Training
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Sportler zittern um Olympia in Tokio

135 Tage vor Eröffnung der Olympischen Spiele in Tokio müssen die Olympiakandidaten aus Salzburg zittern: die schon fix Qualifizierten, ob die Spiele trotz Corona tatsächlich stattfinden können, die noch nicht Qualifizierten vor den entscheidenden Wettkämpfen. Salzburgs Olympiateam droht jedenfalls so klein zu sein wie schon lange nicht mehr.

Salzburgs Abordnung für die um ein Jahr verschobenen Olympischen Spiele in Tokio könnte so klein sein, wie noch nie bei Sommerspielen in diesem Jahrtausend. Im schlechtesten Fall werden nur zwei Sportler Salzburgs Farben in Japan vertreten, im besten – wenn auch sehr unwahrscheinlichen – bis zu zehn. Bei den vorangegangenen Sommerspielen 2016 in Rio (Brasilien) und 2012 in London (Großbritannien) waren sechs, beziehungsweise sieben Salzburger Athletinnen und Athleten qualifiziert.

Keine Qualifikationssorgen für Herzog und Steiner

Ohne Qualifikationssorgen gehen jedenfalls Marathonläufer Peter Herzog und Sportschützin Sylvia Steiner in ein Corona-bedingt wettkampfarmes Frühjahr – beide haben ihre Tickets für Tokio schon in der Tasche. Luftpistolenschützin Sylvia Steiner von der SG Bischofshofen (Pongau) verzichtete zuletzt wegen der Corona-Pandemie auf die Reise zum Weltcup nach Indien, sie hofft nun bei der Europameisterschaft Ende Mai in Kroatien einen Formtest für die Sommerspiele absolvieren zu können.

Marathonläufer Peter Herzog bei sportmedizinischer Untersuchung
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Marathonläufer Peter Herzog überlässt in der Olympiavorbereitung nichts dem Zufall

Auf eine geglückte erste Formüberprüfung blickt hingegen bereits der Pinzgauer Peter Herzog zurück. Österreichs Marathon-Rekordhalter verbesserte bei einem Einladungsrennen in Berlin seine persönliche 10-Kilometer-Bestleistung im Straßenlauf um fast eine Minute und schrammte nur um zwei Sekunden am österreichischen Rekord vorbei.

Mit einem Halbmarathon Ende März in Dresden (Deutschland) und einigen Bahnwettkämpfen im Mai will sich Herzog im Frühjahr den Feinschliff für Tokio holen. Dass ihn bei seiner Olympiapremiere Spiele unter völlig anderen Vorzeichen – etwa ohne Zuschauer und mit strikten Regeln für die Athleten – erwarten könnten, ist für Herzog kein Problem: „Für mich geht es primär um das Sportliche, das Rundherum ist nicht so wichtig. Es geht in erster Linie um eine gute Leistung am Tag X“, sagt der 33-Jährige.

Triathlet Lukas Hollaus kämpft für zwei

So gut wie fix qualifiziert ist kurz vor Ende der Qualifikationsphase auch Triathlet Lukas Hollaus aus Niedernsill (Pinzgau). Sollte der internationale Triathlonverband in den nächsten Tagen die Qualifikation mangels Wettkampfmöglichkeiten abbrechen, hat Hollaus sein Ticket fix. Allerdings: selbst wenn es noch Qualifikationsbewerbe geben sollte, ist der 34-Jährige kaum noch aus den Quotenplätzen zu verdrängen.

Davon profitieren könnte mit Lukas Pertl aus dem Gasteinertal (Pongau) noch ein weiterer Salzburger. Denn schafft Hollaus den Sprung nach Tokio, wäre Österreich im Triathlon insgesamt mit je zwei Damen und Herren qualifiziert und hätte damit auch einen Startplatz im Mixed-Team-Bewerb. Lukas Pertl wäre dafür ein möglicher Ersatzmann.

Zuletzt bereiteten sich die beiden Salzburger zusammen mit dem Triathlon-Nationalteam bei perfekten Bedingungen auf Fuerteventura (Spanien) auf die Olympiasaison vor. Mit einer möglichen Absage der Sommerspiele will sich Lukas Hollaus gedanklich nicht beschäftigen: „Darüber mache ich mir keine Gedanken, weil es mich im Training nur behindern würde. Ich schaue positiv in den Sommer und will mir im Nachhinein nicht den Vorwurf machen müssen, dass die negativen Gedanken mein Training beeinflusst hätten“, sagt Hollaus.

Triathlet Lukas Hollaus beim Radfahren
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Triathlet Lukas Hollaus ist praktisch fix für die Sommerspiele in Tokio qualifiziert

Qualifikationsturniere für Ringer und Karateka

Im wahrsten Sinn des Wortes um das Olympiaticket kämpfen müssen im Frühjahr noch sechs weitere Kandidaten. Die beiden Ringer Simon Marchl und Markus Ragginger vom AC Wals (Flachgau) haben beim Qualifikationsturnier am 19. März in Budapest (Ungarn) die vorletzte Chance auf ein Olympiaticket, die letzte gibt es dann im Mai in Sofia (Bulgarien). Bei beiden Turnieren werden jeweils zwei Tickets für die Finalisten vergeben – Marchl und Ragginger müssen also wohl überraschen, um es nach Tokio zu schaffen.

Das gilt auch für die Karateka Stefan Pokorny, sowie Luca und Robin Rettenbacher. Beim Qualifikationsturnier im Juni in Paris (Frankreich) gibt es in jeder Olympia-Gewichtsklasse noch drei Tickets zu ergattern. Das Salzburger Trio bei den Herren muss da wohl für die Olympiaqualifikation über sich hinauswachsen, ist aber nicht chancenlos, sagt Bundestrainer Manfred Eppenschwandtner.

Wesentlich besser stehen die Chancen hingegen für Salzburgs Karate-Aushängschild Alisa Buchinger. Die Weltmeisterin von 2016 feiert am Wochenende in Istanbul ihr Weltcup-Comeback. Wegen der Corona-bedingt fehlenden Wettkämpfe und Perspektiven trainierte Buchinger in den vergangenen Monaten praktisch ins Blaue hinein, jetzt rückt der entscheidende Quali-Wettkampf im Mai aber näher: „Darauf habe ich mich jetzt ein Jahr länger vorbereitet. Der Fokus ist genau auf dieses Turnier ausgerichtet, dass ich da topfit bin und das Olympiaticket lösen kann.“

Olympiasieger zeigt großen Respekt

Und dennoch bleibt bei Alisa Buchinger und allen anderen Salzburger Olympiakandidaten die Unsicherheit, ob die um ein Jahr verschobenen Sommerspiele tatsächlich durchgeführt werden können.

Salzburgs einziger Goldmedaillengewinner bei Sommerspielen Hans-Peter Steinacher aus Zell am See (Pinzgau) zieht daher den Hut vor seinen Nachfolgern: „Wäre das zu meiner Zeit passiert, wäre eine Welt zusammengebrochen. Als Athlet bereitest du dich drei oder vier Jahre auf diesen einen Event vor, und dann wird er verschoben. Ich habe größten Respekt vor allen Athleten, die das jetzt noch ein weiteres Jahr durchgezogen haben. Das ist beinhart“, sagt Steinacher. Bleibt zu hoffen, dass sich die Geduld der Sportler auszahlt und sie im Sommer in Tokio tatsächlich im Zeichen der fünf Ringe antreten können.