1991 positionierte der Pinzgauer rund um das Mozartdenkmal in der Salzburger Altstadt einen großen Haufen Einkaufswagerl. Damit konnten sich Passanten selbst zusammenreimen, wie Salzburg insgesamt mit dem kulturellen und kommerziellen Erbe des genialen Komponisten umgeht. Die Installation sorgte für heftige Proteste, der Zeitungsboulevard empörte sich wochenlang über die vermeintliche Provokation. Und eine große Schar von Kunstfreunden wurde international auf den Salzburger aufmerksam. Der Mann blieb völlig ruhig und schmunzelte weiter in sich hinein.
Gipfelkreuz der Avantgarde vor 50 Jahren
Schon vor 50 Jahren hatte Thuswaldner im Auftrag des Österreichischen Alpenvereins, Sektion Saalfelden, ein revolutionäres Gipfelkreuz für die Schönfeldspitze geschaffen – für den zweithöchsten Punkt des Steinernen Meeres. Der ist noch deutlich imposanter als der höchste, das Selbhorn gleich daneben.

Idee und Form dieser abstrakten Pieta als Kreuz waren weltweit einzigartig. Und schon damals sorgte Thuswaldners Blick auf das Mystische im Tod von Jesus Christus und seine Auferstehung für heftige Debatten und kulturelle Grabenkämpfe. Weniger als 30 Jahre nach dem Untergang des Hitlerregimes meldet sich wieder Leute als Kritiker zu Wort, die schon im Nationalsozialismus gestaltend mitgewirkt hatten.
Tauernkraftwerke als Förderer
Der Künstler wurde 1929 in Kärnten geboren, kam 1954 nach Kaprun, spürte als Gegner der Nationalsozialisten noch die Nachbeben des Krieges. Um seine Familie ernähren zu können, brauchte der junge Mann einen zweiten Beruf. Über Jahrzehnte arbeitete er dann als Vermessungstechniker bei den Tauernkraftwerken am Fuß der Dreitausender in der Großglocknergruppe. Manager der Aktiengesellschaft waren stolz auf diesen alles andere als stromlinienförmigen Mitarbeiter, ebenso viele seiner Kollegen. Der Betrieb förderte Thuswaldners Kunstproduktion nach Kräften und schmückte sich mit seinen Artefakten. Es gibt dort sogar ein eigenes Atelier und einen Skulpturenpark.
Früher war es hart für die Modernen
„Er war ein Kämpfer. Sein Leben lang. Einer, der geradeheraus sagte, was er dachte. Dazu benutzte er verschiedene Formen der Künste", schreibt nun der Journalist, SN-Redakteur, Fotokünstler, Musik- und Kulturkenner Heinz Bayer in – nunmehr Chefredakteur der „Salzburger Woche“ – in seinem Nachruf für Thuswaldner. Der erscheint am Donnerstag in der Zeitung.
Bayer ist gebürtiger Pinzgauer aus Saalfelden und weiß als medialer Beobachter in der Region, wie schwierig es auf dem Land für Künstler lange Zeit war. Wenn sie sich nicht der klassischen Schnörkelschnitzerei und militärischen Blasmusik, sondern der Moderne in bildender Kunst und Musik verschrieben.
Tief in der Pinzgauer Heimat verwurzelt
Thuswaldner überwand und überstand Anfeindungen sehr rasch und freute sich über viele Fans, die im Lauf der Jahrzehnte immer mehr wurden. Selbst manch hartgesottener Gegner wandelte sich mit der Zeit vom Saulus zum Paulus. Dazu trugen auch der mit Sturheit gepaarte Charme und seine starke regionale Verwurzelung bei. In die großen Städte und Kulturmetropolen zog es ihn bestenfalls, wenn dort wieder eine Ausstellung eröffnet wurde. Leben und Arbeiten konnte er sich außerhalb der alpinen Heimat auf Dauer nicht vorstellen.
Heinz Bayer liefert in seinem Nachruf ein bisher wenig bekanntes Detail aus dem Alltag des Meisters, etwas Meditatives. Er sah ja auch aus wie ein buddhistischer Mönch: „Die Musik von Franz Schubert machte ihn seit seiner Pensionierung jeden Morgen fit für den Tag. Der startete pünktlich um 4.30 Uhr. Mit Kunst. Mit seiner Kunst. Wenn die Kräfte es zuließen, begann er schon in aller Herrgottsfrühe zu zeichnen. So entstanden dann bis zu 20 Werke täglich.“

Strichmanderl auf der Schönfeldspitze?
Möge der Gebirgler Thuswaldner nun den lieben Gott in der für ihn typischen Abstraktion portraitieren und herausfordern – und sicher nicht gütig und farbenblind mit weißem Bart auf weißer Wolke sitzend. Vielleicht als ein vor schöpferischer Freude hüpfendes Strichmanderl auf der 2.653 Meter hohen Schönfeldspitze im Steinernen Meer. Diese schmückt – beim Blick vom Friedhof in Kaprun aus – den nördlichen Horizont über dem Mitterpinzgau wohl noch für viele kommende Jahrhunderte und Jahrtausende.