Mehr als hundert aufgemotzte Autos und zahlreiche Schaulustige haben in der Nacht auf Samstag bei einem so genannten Tuning-Treffen in Wals (Flachgau) teilgenommen. Wegen Verstößen gegen die Straßenverkehrsordnung und das Kraftfahrgesetz gab es mehr als 300 Anzeigen. Dem ging ein Katz-und-Maus-Spiel mit der Polizei voraus.
ORF/Arnold Klement
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Chronik

Autotuner distanzieren sich von Rasern

Nach einem tödlichen Unfall am Wochenende in der Stadt Salzburg distanzieren sich Autotuner von „einzelnen schwarzen Schafen“ der Szene. Nicht alle Tuner seien gefährliche Raser, auch wenn es bei Tuning-Treffen immer wieder zu Verkehrsdelikten und schweren Unfällen kommt.

Es vergeht kaum ein Tag, an dem in Salzburg nicht ein extremer Raser erwischt wird. Zuletzt war es Montagabend ein 18-Jähriger, der im Stadtgebiet mit 113 statt der erlaubten 50 km/h gestoppt wurde. Seit einem Jahr werde dieses Problem immer größer, registrieren Polizei und Verkehrspsychologen. In Salzburg wurden 2020 um ein Fünftel mehr Raser in Nachschulungen betreut als 2019.

Tausende Euro und Stunden hat der gelernte 20-jährige Mechaniker Timo in seine Leidenschaft, sein 300 PS starkes Auto, investiert. Für die Mitglieder der Tuning-Szene sind die Autos mehr als nur Fortbewegungsmittel. Seit der Coronavirus-Pandemie ist die Autotuning-Szene in Salzburg gewachsen.

„Tuning ein guter Ausgleich zu Corona-Frust“

„In dieser Corona-Zeit sieht man kein Ende, und das ist für Jeden eine psychische Belastung und da ist das Autotuning ein guter Ausgleich – nicht das schnelle Fahren, sondern vielmehr, dass man sich wieder mit Leuten trifft“, sagt der 21-jährige Marko aus Hallein (Tennengau). „Die Raser und die Tuning-Szene – das sind zweierlei Paar Schuhe. Leute, die ihre Autos tunen, vereinbaren nur Treffen, wo die Autos nur da stehen und hergezeigt werden“, betont Timo.

Einerseits distanzieren sich die Tuner von den Rasern, andererseits steigen sie aber teilweise doch selbst aufs Gas, räumt Timo ein. „Wenn ich abends unterwegs bin und eine gerade Strecke finde, dann gebe ich dort schon auch einmal gerne Gas. Aber ich rase nicht mit Tempo 120 oder gar mit 150 Sachen durch die Stadt. Denn da riskiere ich nicht nur meinen Führerschein, sondern gefährde auch Andere. Und das ist es mir nicht wert.“ „Mir macht es schon auch Spaß, einmal aufs Gas zu steigen – ich finde, dafür hat man ja solche Autos auch. Wichtig ist aber, dass man sich nicht selbst überschätzt“, ergänzt Marko.

Zweifel an der Wirkung härterer Strafen

Die Bundesregierung hat härtere Strafen gegen Raser angekündigt – so mancher in der Szene werde sich von den Verschärfungen aber unbeeindruckt zeigen, sagt Timo. „Jene, die immer schon schnell gefahren sind, werden das auch weiterhin tun, und sie werden auch aus härteren Strafen nie etwas lernen. Auch eine Fahrzeugabnahme wird da nicht viel bringen, denn irgendwann bekommen sie ihr Auto wieder zurück, und dann geht das wieder von vorne los.“

„Ich glaube, da ist es noch besser, wenn man an die Leute appelliert, oder auf schwere Unfälle verweist, die passieren können. Das schreckt – glaube ich – mehr ab“, ergänzt Marko. Die Tuner selbst sprechen sich also für mehr Prävention und Aufklärungsarbeit in der Szene aus. Diese gibt es im Moment etwa in Führerscheinkursen oder zehnstündigen Nachschulungen für von der Polizei erwischte Raser.

Typischer Raser männlich und zwischen 18 und 25

„Prävention und bewusstseinsbildende Maßnahmen würden mehr helfen als Strafen, denn es ist wissenschaftlich erwiesen, dass negative Verstärkung weniger effektiv ist“, sagt Verkehrspsychologin Isabella Ruby. Der typische Raser ist männlich und zwischen 18 und 25 Jahre alt.

„Mit 18 Jahren sind die Entwicklung von Gehirn und Persönlichkeit noch nicht abgeschlossen, wie man das früher vielleicht vermutet hat. Themen wie Risikobereitschaft, Impulskontrolle oder Wahrnehmung von Gefahren sind in diesem Alter noch problematisch. Das entwickelt sich auch bis Ende 20 noch weiter“, betont Verkehrspsychologin.

Verkehrspolizei kündigt verstärkte Überwachung an

Die Polizei sei bei den Tuning-Treffen immer wieder vor Ort, um aufzuklären, zu kontrollieren und nötigenfalls auch zu strafen, sagt der Leiter der Verkehrspolizei in Salzburg, Friedrich Schmidhuber. „Wir werden die Überwachungsdichte zumindest aufrecht erhalten. Dort, wo es Schwerpunkte gibt, werden wir sie punktuell aber auch massiv erhöhen.“

In ihren Gruppen in sozialen Netzwerken rufen die Tuner darauf auf, bei zukünftigen Treffen Straßenrennen und Lärm zu unterlassen, um Polizeipräsenz und Unfälle zu vermeiden. Es bleibt zu hoffen, dass sich die jungen Lenker nicht doch im Geschwindigkeitsrausch verlieren.

Landesrat plädiert für professionelle Hilfe

Auch sei professionelle Hilfe notwendig, etwa über Sozialarbeiter, die in der Szene aktiv werden, sagt Verkehrslandesrat Stefan Schnöll (ÖVP). „Wenn wir einen Zugang und die Möglichkeiten haben, werden wir präventiv einwirken, auch mit der Szene in Kontakt treten. Weil ich mir das zunutze machen möchte, wenn es Menschen gibt, die gewillt sind mit uns zusammenzuarbeiten.“

Neben drastisch höheren Strafen, die bis zur Autoabnahme reichen sollen, werde auch an einem Präventionskonzept für Schulen und Fahrschulen gearbeitet, sagt Schnöll.

Auto-Tuner distanzieren sich von Rasern

Nach einem tödlichen Unfall am Wochenende distanziert sich die Autotuning-Szene von „einzelnen schwarzen Schafen“: Tuner seien nicht automatisch gefährliche Raser.