Landesgericht Salzburg
ORF.at/Georg Hummer
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Gericht

Vier „Staatsverweigerer“ vor Gericht

Vier mutmaßliche „Staatsverweigerer“ müssen sich seit Dienstag vor dem Salzburger Landesgericht verantworten. Sie sollen sich laut Anklage einem dubiosen selbst ernannten Gerichtshof angeschlossen haben. Ihnen drohen bis zu fünf Jahre Haft.

Die vier Männer im Alter zwischen 53 und 72 Jahren sollen nach Ansicht der Staatsanwaltschaft Mitglieder oder sogar Führungspersonen des sogenannten Global Common Law Court sein, eines Pseudo-Gerichtshofs, der sich auf eine biblische Grundlage und das Naturrecht beruft. Dieser Gerichtshof habe geplant, staatliche Entscheidungsträger, Politiker, Beamte und Privatpersonen zu entführen, gefangen zu halten und von selbst ernannent Richtern zu verurteilen, so die Anklage.

Die vier Angeklagten – ein Oberösterreicher, ein Niederösterreicher, ein Wiener und ein Pongauer – hätten unter anderem in Salzburg, St. Pölten, Krems, Schladming und Wien agiert. Insgesamt gebe es mehrere hundert Mitglieder in Österreich, Deutschland und der Schweiz.

„Ordentliche Gerichtsbarkeit hätte ersetzt werden sollen“

„Der GCCL zielt darauf ab, eine eigene Justiz einzuführen – mit eigenem Gerichtshof und eigenen Geschworenenverhandlungen“, erklärte die Staatsanwältin. „Die ordentliche Gerichtsbarkeit hätte ersetzt werden sollen.“ Vorgeworfen wird den Angeklagten das Verbrechen der „staatsfeindlichen Verbindung“, die Staatsfeindlichkeit leite sich vor allem aus der geplanten Selbstjustiz ab. „Die Sheriffs hätten nicht nur die Angeklagten zur Verhandlung vorführen sollen, sondern auch die Strafen vollzogen.“

Zu den Straftaten ist es aber nicht gekommen. Wie konkret die vier Männer dabei die Pläne tatsächlich bereits verfolgt haben, wurde beim Prozess am Dienstag nicht ganz klar. Schenkt man den Angeklagten Glauben, dürften sie sich aber stark von dem deutschen Gründer des GCCL beeinflussen haben lassen. Der Mann wird von der Justiz gesucht.

Beschuldigte in akkordierter Aktion festgenommen

Die Beschuldigten – ein 72-jähriger Pensionist aus Niederösterreich, ein 53-jähriger Kellner aus Wien, ein 58-jähriger Arbeitsloser aus Oberösterreich und ein 61-jähriger Arbeitsloser aus Salzburg – waren am 27. April in einer österreichweit akkordierten Aktion von den Sicherheitsbehörden festgenommen worden. Einer von ihnen war erst Anfang Februar aus der U-Haft entlassen worden, ein weiterer sitzt noch im Gefängnis.

Bei den Angeklagten soll es sich um führende Personen des GCCL in Österreich gehandelt haben, sie alle sind unbescholten. Der älteste der Beschuldigten war der Zuständige für Österreich. Er soll auch Seminare veranstaltet haben, um Mitglieder zu werben und ein Konto für die Einnahmen und Ausgaben eröffnet haben. Der Mann zeigte sich am Dienstag geständig. „Wir wollten keinerlei Macht übernehmen. Wir haben die Gerichtsbarkeit auch nie umgesetzt.“

Verteidiger über Mandant: „Er ist nicht der Intelligenteste“

Als „Richter“ habe er nie agiert, er sei noch in Ausbildung gewesen. „Mein Mandant hat sich bereits im Sommer 2020 in der U-Haft von den Ideen des GCCL-Gründers abgewandt“, sagte sein Verteidiger. Außerdem sei der GCCL in Österreich eine sehr überschaubare Gruppe. „Er hatte in seiner Hochzeit 25 Mitglieder.“

Auch der 53-jährige Angeklagte bekannte sich am Dienstag schuldig. „Einfluss auf Entscheidungen hatte ich nicht, ich habe auch keine Schulungen veranstaltet. Ich war ja selbst erst wenige Monate dabei“, sagte er. Dem 61-Jährigen warf die Staatsanwaltschaft zugleich auch eine frühere Mitgliedschaft beim mittlerweile zerschlagenen „Staatenbund Österreich“ vor. Er hätte den Salzburg-Zweig des Pseudogerichts aufbauen sollen. „Er ist nicht der Intelligenteste“, sagte dazu sein Verteidiger recht offen. „Und er ist sicher kein Führungsmensch. Er hat sich beeinflussen lassen.“

58-jähriger Beschuldigter verteidigt sich selbst

Der 58-jährige Beschuldigte soll ebenfalls dem harten Kern des GCCL angehören und als „Richter“ fungiert haben. Er zeigte sich am Dienstag überzeugt davon, dass er nichts Strafrechtliches getan habe und verteidigte sich vor Gericht selbst.

„Es war nie ein Thema, dass wir das umsetzten“, sagte er. „Es war alles noch im Aufbau begriffen, ich habe auch nicht verstanden, was in den Dokumenten steht, die wir unterschrieben haben.“ Er selbst habe sich nach einem schweren Unfall, für den er nicht richtig Schadenersatz bekommen habe, dem GCCL angeschlossen.

Erste Tathandlung in Salzburg, weitere folgten

Die 72-seitige Anklage kommt von der Staatsanwaltschaft Graz. In Salzburg wird verhandelt, weil hier offensichtlich die erste Tathandlung gesetzt worden ist. Die Angeklagten hätten sich in Salzburg getroffen, um sich zu besprechen, hieß es von Gericht. Laut Strafprozessordnung müssen Verfahren dort abgehandelt werden, wo die frühesten Taten verübt worden sein sollen, in diesem Fall in Salzburg.

Dieser Gerichtshof sei ernstzunehmend staatsfeindlich, heißt es weiters in der Anklage. Zwei der vier Angeklagten sind in Untersuchungshaft. Der Prozess in Salzburg ist für Dienstag und Mittwoch angesetzt. Vor knapp zwei Wochen sind zwei ähnliche „Staatsverweigerer“ in Steyr (OÖ) verurteilt worden, die ebenfalls die Gerichtsbarkeit unterlaufen und eine Übergangsregierung bilden wollten.

Vier „Staatsverweigerer“ vor Gericht

Vier mutmaßliche „Staatsverweigerer“ müssen sich seit Dienstag vor dem Salzburger Landesgericht verantworten. Sie sollen sich laut Anklage einem dubiosen selbst ernannten Gerichtshof angeschlossen haben.