Die Regale sind voll mit Ware
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Wirtschaft

Sportartikelhändler: Kampf um Existenz

Sporthändler rechnen mit einem Umsatzminus von 80 bis 90 Prozent. Dazu kommt die Befürchtung, dass zahlreiche bestehende Geschäfte in den kommenden Monaten in die Insolvenz rutschen. Die finanziellen Hilfen der Bundesregierung seien gut – sie müssten aber so rasch wie möglich ausbezahlt werden.

Viele der Sporthändler in den Salzburger Tourismusregionen stünden mittlerweile mit dem Rücken zur Wand. Das Wintergeschäft mache bis zu 70 Prozent ihres Jahresumsatzes aus. Ein Großteil davon wiederum werde durch Skiverleih und -service verdient, sagte der Sprecher der Sportartikelhändler in der Salzburger Wirtschaftskammer, Christoph Bründl. Der Totalausfall der Saison sorge für Liquiditätsprobleme, so Bründl: „Ein wesentlicher Punkt ist einfach, dass das ganze Geld jetzt gebunden ist in dieser Winterware – und viele haben ja auch zum Teil einen Sommerbetrieb. Die bräuchten jetzt das Geld für die Sommerware. Das wird jetzt für viele Händler schon auch dramatisch.“

Finanzielle Hilfen werden sofort benötigt

Die angekündigten Hilfen der Bundesregierung seien gut. Es gehe jetzt nur darum, dass deren Auszahlung nicht durch bürokratische Hürden verzögert wird, sagte Bründl und ergänzte: „Das ist wie bei einer Rettungsweste. Ich brauche die sofort und nicht erst in einem Monat – das wird das Entscheidende sein.“ Bründl legt seine Hoffnungen in die nächste Wintersaison – wobei er trotz der guten Finanzhilfen befürchtet, dass etwa 20 Prozent aller Sporthändler in den Tourismusgebieten sowohl in Salzburg als auch in Tirol und Vorarlberg in den Konkurs schlittern werden.

„Die Liquiditätsengpässe sind aktuell dramatisch“, sagte Michael Nendwich, Sprecher des Sportartikelhandels in der Wirtschaftskammer Wien, bei einem Hintergrundgespräch. In den Lagern der Händler würden noch rund 350.000 Paar Ski stehen, die nicht verkauft oder verliehen werden können und nun bezahlt werden müssen. Die Wiedereröffnung des Handels nach sechswöchigem Lockdown am 8. Februar war laut dem WKÖ-Branchensprecher vor allem für städtische Sportartikelhändler wichtig, in Tourismusgebieten ist die Lage „unverändert angespannt“.

Ausfall der Wintersaison fatal

Der Ausfall der Wintersaison verursache bei den Sportfachhändlern in Tourismusregionen „einen nachhaltigen Schaden“, sagte Intersport-Österreich-Geschäftsführer Thorsten Schmitz. Auch könne wegen der Coronavirus-Pandemie derzeit keiner abschätzen, wie die nächste Sommer- und Wintersaison laufen werde. Um die Liquidität der Betriebe zu sichern, müssten die angekündigten CoV-Hilfen der Regierung so schnell als möglich fließen, so der Intersport-Österreich-Geschäftsführer.

Auch Sport-2000-Chef Holger Schwarting erwartet bei Sportfachhändlern in Wintersportorten trotz CoV-Hilfen „einen Substanzverlust“. Die Familienbetriebe würden die Coronavirus-Krise derzeit nur mit Hilfe von Hausbank und Privatzuschüssen durchstehen. Schwarting plädiert dafür, bei künftigen Hilfen eine stärkere Unterscheidung zwischen Sporthändlern in Städten und in Tourismusgegenden zu machen. „Wenn Corona noch länger andauert, müssen wir diese Gruppe anders schützen.“

Negativen Dominoeffekt für Skiindustrie vermeiden

Laut Branchenschätzungen stammt in Normaljahren rund die Hälfte der weltweit verkauften Ski von Austroherstellern. Die Skihersteller Atomic, Blizzard, Head und Kästle mit Sitz in Österreich sind in ausländischer Hand. Fischer und der Tourenskihersteller Hagan haben noch österreichische Eigentümer. „Wir müssen einen negativen Dominoeffekt auf unsere Weltmarktführer aus der österreichischen Skiindustrie unbedingt vermeiden – sonst droht auch hier der Verlust von heimischer Wertschöpfung und Arbeitsplätzen“, warnte WKÖ-Branchensprecher Nendwich.

In touristischen Regionen gibt es rund 750 Sportartikelgeschäfte, der Großteil befindet sich in Westösterreich. 94 Prozent der Betriebe sind familiengeführte Einzelunternehmen. Der Umsatz der touristischen Sporthändler mit Warenverkauf, Verleih und Service stürzte 2020 aufgrund der Coronavirus-Krise um mehr als ein Drittel auf 608 Millionen Euro ab, geht aus einer aktuellen Branchenstudie des Sportökonomie-Instituts SportsEconAustria hervor. In Vorkrisenzeiten belief sich der Umsatzanteil der Sportfachhändler in Tourismusregionen auf 44 Prozent des gesamten Sportartikelmarktes in Österreich (2,2 Mrd. Euro). „Neben der Hotellerie und der Seilbahnwirtschaft ist der Sportartikelhandel der dritte wesentliche Faktor im touristischen Dienstleistungsnetzwerk“, so SportsEconAustria-Leiter Christian Helmenstein.