Ampulle mit Coronavirus Impfstoff von AstraZeneca wird von Hand gehalten
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Gesundheit

Ärzte-Gruppe gegen AstraZeneca-Imfpstoff

Eine Gruppe von knapp 50 niedergelassenen Ärzten in Salzburg will möglichst rasch geimpft werden – nicht mit dem AstraZeneca-Impfstoff, sondern mit dem von Biontech und Pfizer. Doch die Landesregierung erteilt dem eine Absage. Niemand könne sich den Impfstoff aussuchen.

Etliche Briefe schrieb die Ärzteschaft wegen der Impfung an die Landesregierung – meist ohne Antwort. In einer WhatsApp-Gruppe schlossen sich mittlerweile mehr als 50 Salzburger niedergelassene Medizinerinnen und Mediziner zusammen. Sie fordern nun einen runden Tisch mit der Landespolitik – Landeshauptmann Wilfried Haslauer (ÖVP) und Gesundheitsreferent Christian Stöckl (ÖVP) – sowie den Landesklinken, betonte die Protestgruppe Freitagvormittag. Allerdings gebe es dafür noch keinen Termin. Sollten sie kein Gehör finden, würden sie vielleicht nächste Woche Ordinationen sperren und einen Protestmarsch zum Sitz der Landesregierung im Salzburger Chiemseehof veranstalten, sagen die niedergelassenen Ärzte.

Die Gruppe lehnt den AstraZeneca-Impfstoff ab, weil dieser nach zwei Impfungen nur einen etwa 85-prozentigen Schutz biete und zwischen den zwei Teilimpfungen drei Monate liegen. Das sei bei ihre vielen Patientenkontakten und angesichts der Tatsache, dass viele niedergelassene Ärzte im Alter über 65 seien, nicht hinnehmbar.

Stöckl: „Keine Gruppe kann sich den Impfstoff aussuchen“

Landesgesundheitsreferent Stöckl erteilte den Medizinerprotesten Donnerstagabend im „Salzburg heute“-Interview eine Absage: „Es gibt keine Gruppe, die sich den Impfstoff aussuchen kann. Der Impfstoff ist ein rares Gut und wir müssen möglichst schnell alles verimpfen, damit wir die Pandemie schnell bekämpfen.“ Außerdem habe das Land Salzburg keine Handhabe, an der Impfstoffverteilung etwas zu ändern. Die sei vom Bund genau vorgeschrieben. Stöckl verwies zudem auf eine neue wissenschaftliche Arbeit zum AstraZeneca-Impfstoff.

Gesundheitsreferent Christian Stöckl zu den CoV-Impfungen

Christian Stöckl, Landeshauptmanns-Stellvertreter und Landesgesundheitsreferent, erklärt im Interview, warum Salzburg bei den Impfungen fast Schlusslicht ist und warum sich Mediziner gegen eine Impfung mit dem AstraZeneca-Impfstoff wehren.

Stöckl betonte auch, dass er in Sachen Coronavirus-Maßnahmen immer auch die Ärztekammer als Standesvertretung eingebunden habe. „Ich kann beim besten Willen kein Verständnis für den von einigen niedergelassenen Ärztinnen und Ärzten derzeit an den Tag gelegten Aktionismus und deren falsche Behauptungen aufbringen“, betonte Sröckl. „Ich appelliere an alle, die Eigeninteressen hintanzuhalten und das Ziel, diese Pandemie möglichst rasch zu bekämpfen, weiter gemeinsam zu verfolgen.“ Zudem verwehrte er sich gegen den Vorwurf, auf Briefe nicht geantwortet zu haben. Er habe allen Medizinern geantwortt, „die mir geschrieben bzw. bei mir interveniert haben.“

Greil: „Irrational, auf nicht lieferbare Impfstoffe zu warten“

Auch der Infektiologe Richard Greil vom Salzburger Uniklinikum hat kein Verständnis für die Proteste in seiner Kollegenschaft: „Der AstraZeneca-Impfstoff ist zum derzeitigen Zeitpunkt ein sicherer, in einem hohen Ausmaß wirksamer, sehr gut geprüfter Impfstoff. Es wäre vollkommen irrational, auf einen nicht vorhandenen oder derzeit nicht lieferbaren Impfstoff zu warten und sich in dieser Zeit – obwohl man einen anderen Impfstoff zur Verfügung hat – einem höheren Risiko für Infektion und unter Umständen schwere Erkrankung oder Tod auszusetzen.“

Kritik: Auf niedergelassene Ärzte vergessen

Die Protest-Gruppe der niedergelassenen Ärztinnen und Ärzte gibt sich trotzdem nicht zufrieden. Neben einem „Chaos“ bei der Impfung kritisiert sie auch den Verlauf der Organisation im Bundesland seit Beginn der Pandemie. Fast immer sei auf die Fach- und Hausärzteschaft vergessen worden. Etliche von ihnen drohen auch mit einer Schließung ihrer Ordinationen, wenn Sie von der Landesregierung nicht gehört werden.

Auch Ärztekammer-Präsident Karl Forstner kennt die angespannte Stimmungslage unter seinen Kolleginnen und Kollegen: „Es ist das Gefühl hier, nicht die Wertschätzung zu erhalten, die man verdient. Es ist auch nachvollziehbar, dass eine Ärzteschaft hier wirklich sauer ist.“