Alle Verschütteten überstanden den doppelten Unfall laut Einsatzkräften lebend. Er geschah unweit der 2.350 Meter hohen Seekarspitze – im nordwestlichen Teil des riesigen Skigebietes von Obertauern. Die beiden Schneebretter verwandelten sich unterhalb der Seekarschneid im Steilgelände wegen ihrer Mächtigkeit rasch in kleinere Staublawinen.
Verdächtiger Sportler wird angezeigt
„Wenn man dieses Szenario sieht, dann geht es einem durch und durch“, sagte der Alpinpolizist und Polizei-Bergführer Rupert Hauer am Mittwochnachmittag dem ORF auf Anfrage. Er hatte die Aufgabe, für die Staatsanwaltschaft das Geschehen zu dokumentieren – wie es das Gesetz vorschreibt: „Die Sachlage zeigt, wie gefährlich solche Einsätze für Bergretter sein können. Von oben her fuhr noch ein weiterer Freerider in diesen Steilhang ein. Unten lief zu dem Zeitpunkt schon der Bergrettungseinsatz für die von der ersten Lawine verschüttete Frau. Und der Hubschrauber war im Pendelverkehr schon zwei Mal zur Unfallstelle angeflogen.“
Der Lawinen-Experte der Alpinpolizei sagt, der einheimische Mann, der die Nachlawine ausgelöst habe, werde nun den Behörden angezeigt. Verdacht: Gefährdung der körperlichen Sicherheit. Lungauer Polizisten hätten den 35-Jährigen ausfindig gemacht und einvernommen.
Schlagkräftiges Team durch Zufall in der Nähe
Ausgangsszenario: Drei andere Freerider fuhren zu Mittag in den steilen und felsigen Hang abseits der Pisten ein – im so genannten Schafkar zwischen Seekarspitz und Seekareck. Sie lösten laut Einsatzkräften in etwa 2.200 Meter Seehöhe ein großes Schneebrett aus. Eine einheimische Frau im Alter von 38 Jahren wurde dabei komplett verschüttet.
Mitglieder der Bergrettung Obertauern waren zu dieser Zeit mit Alpinpolizisten und einem Hubschrauberteam der Salzburger Flugpolizei gerade in der Nähe bei Dreharbeiten für einen Fernsehfilm beschäftigt: „Wir haben sofort den Einsatz übernommen und waren durch den raschen Hubschraubertransport nach wenigen Minuten bei der Verschütteten“, sagt Einsatzleiter Michael Koch. Dann traf ihn eine plötzliche Nachlawine, ebenso den Ortsstellenleiter der Bergrettung Obertauern – kurz nachdem beide aus dem Hubschrauber ausgestiegen waren.
Bergretter konnten sich befreien
„Es war nach der ersten Lawine unklar, wie viele Menschen insgesamt verschüttet sein könnten. Ich habe versucht, mir einen Überblick zu schaffen. Dann rief ein Alpinpolizist und warnte uns vor der Nachlawine. Sie erfasste uns. Glücklicherweise hatten wir noch keine Ski an. Ich habe mit Schwimmbewegungen versucht, mich an der Oberfläche zu halten“, so Einsatzleiter Koch.
Bewusstlose Frau ins Spital geflogen
Er und sein Kamerad wurden komplett verschüttet. Beide konnten sich innerhalb weniger Minuten selbst befreien: „Wir haben gesehen, dass die Alpinpolizei und die Begleiter der Frau diese bereits bis zum Kopf freigelegt hatten. Sie war bewusstlos. Wir sind dann beide noch zu der Verschütteten und haben mitgeholfen.“ Die Einheimische wurde vom Team eines ebenfalls alarmierten Rettungshubschraubers ins Spital geflogen.
Insgesamt standen drei Alpinpolizisten, zwölf Bergretter der ÖBRD-Ortsstelle Obertauern, drei Teams von Rettungs- und Polizeihubschraubern und einige Bergrettungshunde im Einsatz.
Warnung des Bezirksleiters für Newcomer und Laien
Heuer gab es schon mehrere Lawinenunfälle in Pongau und Pinzgau. „Sehr viele Skitourengeher hatten bisher großes Glück. Doch man sollte das nicht zu sehr herausfordern“, sagt der Bad Gasteiner Bergretter Gerhard Kremser, Bezirksleiter der Einsatzkräfte im Pongau. Er beobachtet heuer sehr viele Anfänger, die einfach einer angelegten Spur im alpinen Gelände folgen würden: „Viele sind auch ohne die dringend empfohlene Notfallausrüstung unterwegs, sehr viele machen keine Tourenplanung und haben schlechte Ortskenntnisse. Teilweise investieren Sportler viel Geld in Ausrüstung und zu wenig in alpines Wissen. Es werden die steilsten Hänge befahren – bei sehr heikler Schneesituation mit teilweise hoher Lawinenwarnstufe.“
Die Lawinengefahr soll laut Experten auch in den nächsten Tagen durch Föhn und Erwärmung erheblich bleiben. Die Auslösung von Schneebrettlawinen sei auf vielen Hängen hinter Geländekanten und in eingeblasenen Rinnen und Mulden schon bei geringer Zusatzbelastung möglich.