Flughafen Salzburg Airport Piste 15 Landung eines Airbus A320 aus Istanbul von Turkish Airlines Flugverkehr Luftverkehr Jet Flugzeug Linienflug Flüge Fliegen Aviation Aeronautics Anrainer Freilassing Taxham Maxglan Fliegerei
Gerald Lehner
Gerald Lehner
Verkehr

Flughäfen wollen Flugsicherung bei sich belassen

Die Sicherheit des vielfältigen Flugverkehrs im schwierigen Bergland Österreich sei nur zu gewährleisten, wenn bei jedem Flughafen die Tower- und Anflugkontrolle am Ort verbleibe und nicht nach Wien verlegt werde. So reagieren die sechs Bundesländerflughäfen Salzburg, Innsbruck, Linz, Graz, Klagenfurt und Wien in der Debatte über eine Zentralisierung der Flugsicherung in Wien.

Die Zentralisierungsabsichten der staatlichen Aufsichtsagentur Austro Control GesmbH (ACG) in Wien seien keine „absolute Neuigkeit“ für die Geschäftsführungen der Bundesländerflughäfen: „Die Absichten wurden von der ACG schon länger kommuniziert“, schreibt der Salzburger Flughafensprecher Alexander Klaus in einer Stellungnahme des Airport-Managements. Salzburgs Geschäftsführerin Bettina Ganghofer, seine Chefin, ist auch Bundessprecherin aller Flughäfen in Österreich.

Umweltprobleme durch Zentralisierung?

Bei den Planungen für eine Zentralisierung seien in jedem Fall die speziellen topografischen und meteorologischen Bedingungen der Flughäfen Salzburg und Innsbruck sowie auch Klagenfurt besonders zu berücksichtigen, schreibt Klaus. Innsbruck und Salzburg seien nicht nur flugsicherungstechnisch sehr anspruchsvoll. Es dürften auch die Lärm- und Umweltaspekte keinesfalls außer Acht gelassen werden.

Gerade in den verkehrsstarken Wintermonaten ist laut Sprecher Klaus die Zusammenarbeit der Fluglotsen auf dem Tower untereinander, aber auch mit den lokalen Partnern beim Flughafen selbst unerlässlich. Nur so lasse sich ein sicherer, reibungsloser und schneller Ablauf im Interesse aller Nutzer sicherstellen. Experten befürchten durch eine digitalisierte Zentralisierung nach Wien auch längere Planungs- und Reaktionszeiten der Lotsen, längere Anflugwege und längere Wartezeiten von Jets auf dem Boden, bei denen die Triebwerke schon laufen und Treibstoff verbrennen.

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Gerald Lehner
Lotse auf dem Salzburg Tower mit aus Istanbul angekommener Maschine. Bild vom Sommer 2019 aus besseren Zeiten, als Tourismus, internationaler und nationaler Flugbetrieb noch nicht durch die CoV-Krise auf Bruchteile zusammenschrumpften

SPÖ brachte Debatte ins Rollen

Der Salzburger SPÖ-Chef David Egger hatte vor einigen Tagen diese politische Debatte ausgelöst. Er informierte die Öffentlichkeit über Pläne der Flugsicherungsbehörde Austro Control und über negative Auswirkungen, die ein Abzug der Fluglosten nach Wien mit sich bringen würde. Egger betonte Freitag gegenüber dem ORF, er sei in regelmäßigem Kontakt mit der Flughafenleitung in Salzburg sowie mit Betriebsräten bei Austro Control. Es müsse über Länder- und Parteigrenzen hinweg eine „Westachse zur Rettung der alpinen Flughäfen“ geschmiedet und die Zentralisierung nach Wien verhindert werden. Der Sozialdemokrat hofft dabei auch auf das Engagement aller anderen Parteien in Landtag und Nationalrat.

Dem schließt sich auch der Kärntner Landeshauptmann Peter Kaiser (ebenfalls SPÖ) an, der die Zentralisierungspläne bei ACG als „gefährlichen Schildbürgerstreich“ bezeichnet. Alle neun Landeshauptleute sollten gemeinsam dagegen auftreten – unabhängig von Parteien, so Kaiser.

„Stellen sollten an den Orten verbleiben“

„Beim Flughafen Linz, der ein Militärflughafen mit ziviler Mitbenützung ist, sind zudem die Anforderungen des militärischen Flugbetriebs zu berücksichtigen“, sagt der Salzburger Flughafensprecher Alexander Klaus, der auch für den Bundesverband der Flughäfen spricht.

Der Flughafen Graz befürchte eine Verschlechterung der Servicequalität bei Schulflügen, Fallschirmsprung-Betrieb und Segelflug. Auch hier sei die schnelle und unkomplizierte Zusammenarbeit der Tower- und Anfluglotsen wichtig. Dazu komme eine umfassende Kenntnis der lokalen Erfordernisse und der speziellen Verkehrsarten: „Das kann nur dadurch gewährleistet bleiben, wenn Tower- und Anflugkontrolle weiter am Ort verbleiben.“

Generell würden Österreichs Flughäfen weiterhin konstruktiv bei Verbesserungen für alle Beteiligten mitarbeiten. Das gelte auch für die Debatte um Zentralisierungen.

Verluste bei AC durch CoV-Krise verschärft

In Fachkreisen heißt es, die staatliche Flugsicherungsagentur Austro Control wolle die Anflugkontrollen für die Bundesländer unter anderem deswegen in Wien zentralisieren, weil wegen zunehmender Verluste bei den Einnahmen massiv Personalkosten eingespart werden müssten. Die CoV-Krise habe die Lage noch deutlich verschärft. Am Donnerstag sage Austro-Control-Geschäftsführerin Valerie Hackl dem ORF auf Anfrage, dass derzeit neue Konzepte diskutiert würden. Es gebe noch keine festen Pläne, die Debatte komme zu früh – mehr dazu in salzburg.ORF.at (10.12.2020)

Debatte um Kollektivverträge

Weiterer Hintergrund könne auch ein Rechnungshofbericht aus dem Frühsommer 2020 sein. Die Prüfer der Republik haben laut Medienberichten zwischen Oktober und Dezember 2019 – vor der CoV-Krise – eine so genannte Follow-up-Überprüfung durchgeführt. Dabei seien „die Privilegien bei der staatlichen Flugsicherung Austro Control kritisiert worden. So gut wie keine Empfehlung der Vorprüfung 2018 zur Senkung der ausufernden Personalkosten sei umgesetzt worden, weder von der Austro Control noch vom übergeordneten Klimaschutzministerium, heißt es in dem Rechnungshofbericht.

Von 2015 bis 2018 sei bei der ACG der Personalaufwand um 49 Prozent auf knapp 225 Millionen Euro gestiegen, der Personalstand habe sich aber nur um vier Prozent erhöht. Der durchschnittliche Personalaufwand pro Mitarbeiter (Vollzeitäquivalent) entspreche fast 220.000 Euro, so der Rechnungshof.

Lotsen verweisen auf höchste Anforderungen

Bei der geplanten Einführung eines neuen Kollektivvertrags, der schon 2016 entworfen worden sei, habe es keine Fortschritte gegeben, kritisierte der Rechnungshof. Auch sei es nicht gelungen, die Gehaltsschemata auf ein mit den Bundesbehörden vergleichbares Niveau anzupassen. Betriebsräte der Fluglotsen entgegnen, die Rechnungshofkritik würde sich hauptsächlich auf Gehälter für Business-Manager, Verwaltung und andere Führungskräfte bei ACG beziehen. Von 1.100 Bediensteten bundesweit seien nur 400 Fluglotsen. Der Rechnungshof habe auch festgestellt, dass österreichische Lotsen im europäischen Vergleich eher unterdurchschnittlich bezahlt seien. Zudem hätten die Lotsen gekürzten Gehältern zugestimmt. Dadurch könne ACG in Krisenzeiten nun 75 Mio. Euro einsparen. Zudem erfordere diese Arbeit eine sehr anspruchsvolle Ausbildung, höchste Konzentration, körperliche und psychische Fitness sowie ein äußerst hohes Maß an Verantwortung für viele Menschenleben.

Zuletzt war in Fachkreisen davon die Rede, dass der durch die CoV-Krise massiv reduzierte Flugverkehr zu einem riesigen Einnahmenloch bei Austro Control geführt habe. Für 2020 würden dadurch noch größere Verluste befürchtet, heißt es.