Blumen und Grabkerzen am Boden und in einem Fenster im Bereich des Tatorts in der Seitenstettengasse
APA/Helmut Fohringer
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Politik

Terror in Wien: Salzburger Jurist verweist auf Amtshaftung

Nach dem islamistischen Terror in Wien könnte sich die Frage der Amtshaftung stellen – weil das BVT die Information über den versuchten Munitionskauf des späteren Attentäters in der Slowakei nicht an die Justiz weitergegeben habe. Das sagt der Salzburger Jurist und Universitätsprofessor Andreas Kletecka.

Der Salzburger Wissenschafter äußert sich entsprechend in einem Interview für die Tageszeitung „Die Presse“ (Freitag-Ausgabe).
„Es scheint alles für eine Amtshaftung zu sprechen“, sagt Kletecka.

Haben BVT-Ermittler geschlafen?

Das Bundesamt für Verfassungsschutz und Terrorismusbekämpfung (BVT) hätte wegen Gefahr im Verzug sofort handeln und die Justiz informieren müssen, sagt Kletecka. Schließlich war der einschlägig vorbestrafte Mann nur unter Auflagen frei und hätte nach dem versuchten Munitionskauf sogar wieder in die reguläre Haft genommen werden können.

Vier Tote, 23 Verletzte: Wird Republik verklagt?

Opfer des Terroranschlags vom Montag könnten also wahrscheinlich den Staat haftbar machen. Kinder der vier Todesopfer könnten Unterhalt vom Staat einklagen, auch ein Ersatz für Schockschäden sei denkbar. Eine Abgeltung für die gewöhnliche Trauer wäre nur möglich, wenn man dem Staat grob fahrlässiges Handeln vorwerfen könne – wofür aus Sicht Kleteckas einiges spreche.

Ersatz von Verdienstentgang

Die 23 Verletzten könnten neben Behandlungskosten Schmerzensgeld und Verunstaltungsentschädigung einfordern. Kann jemand wegen des Attentats nicht arbeiten, müsste ihm – bei einer Verurteilung des Staats – der Verdienstentgang ersetzt werden.

Seine Ansicht, dass Amtshaftung gegeben sein könnte, begründete der Salzburger Schadenersatzexperte mit zwei älteren Urteilen des Obersten Gerichtshofs (OGH). In einem Fall (aus 2001) hatte die Polizei eine Anzeige gegen einen gewalttätigen Mann, der dann seine Frau tötete, nicht an die Staatsanwaltschaft weitergeleitet.

Mehrere Präzedenzfälle vor Höchstgericht

Im zweiten Fall (1989) hatte die Polizei die StA nicht über einen versuchten Waffenkauf einer Frau informiert, die ihren Geliebten schon mehrfach bedroht hatte, sollte er sie verlassen. Sie führte das Verbrechen mit einer anderen Waffe aus, der Mann überlebte mit schweren Dauerfolgen – und das löse Amtshaftung aus, erklärte der OGH damals.