Kurz in Anschober
APA/Herbert Neubauer
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Politik

Harte Kritik an Strategie der Bundesregierung

Salzburgs Sozialpartner, SPÖ und FPÖ reagieren zum Teil mit scharfer Kritik auf Ankündigungen der schwarzgrünen Bundesregierung – zur möglichen Verschärfung der CoV-Maßnahmen. Sie fühle sich als Bürgerin „verarscht“, sagt beispielsweise Salzburgs freiheitliche Parteichefin Marlene Svazek wörtlich.

Peter Eder sieht als Präsident der Arbeiterkammer Salzburg die Pressekonferenz der Bundesregierung in Wien auch äußerst kritisch, beißt sich aber vor dem ORF-Mikrofon auf die Zunge: „Diese passenden Worte dazu möchte ich nicht sagen, die ich gerne dazu sagen würde.“

Ernst Pühringer ist Fachgruppen-Obmann der Wirte und Gastronomen in der Salzburger Wirtschaftskammer: „Ich kann das Wort nicht offiziell sagen, aber ich komme mir veräppelt vor.“

Branchen vermissen Planungssicherheit

Es bedürfe klarer Ansagen, und vor allem konkrete Unterstützung in Form von Geld, betont Pühringer: „Wenn jetzt wieder ein Lockdown kommt, wie man ihn auch nennen wird, dann geht uns schlicht und einfach das Geld aus – trotz Kurzarbeit und aller Maßnahmen, die da angekündigt waren. Es kommen keine klare Aussagen, wann und wo es losgehen soll. Wir bräuchten eine Planungssicherheit. So ist es einfach extrem schwierig – auch was die Einkäufe der Wirte betrifft.“

Auch warten die Wirte noch auf die von der Bundesregierung zugesagten Entschädigungen für den wirtschaftlichen Absturz im Frühjahr. Das Geld komme eher bei den Steuerberatern, als bei den Gastronomen an.

AK: „Es waren acht Monate Zeit für Regierung“

Die Arbeiterkammer sieht die Gesprächsbereitschaft der Bundesregierung mit den Sozialpartnern positiv – auch wenn diese Bereitschaft zu spät komme, so AK-Präsident Eder: „Das hätte man schon vor zwei Monaten machen können, um sich besser vorzubereiten. In den letzten acht Monaten wurde immer auf den Herbst hingewiesen, dass eine zweite Welle kommen werde.“

Die Arbeiterkammer fordert außerdem, dass auch die Bundesländer Geld für die krisengeschüttelte Bevölkerung und für Betriebe bereitstellen sollten.

Wirtschaftskammer fordert rasche Entschädigungen

Johann Buchmüller, Präsident der Salzburger Wirtschaftskammer, ist einerseits froh, dass die Bundesregierung die Sozialpartner nun einbinden will. Er fordert, dass die Wirtschaft weiter laufen müsse, wo es gesundheitlich möglich sei: „Wenn ein Teil geschlossen wird, dann müssen rasch Entschädigungszahlungen fließen, weil die Betriebe massiv unter Druck geraten und Insolvenzen drohen.“

Wirtschaftskammer und Arbeiterkammer kritisieren gemeinsam, dass die finanziellen Hilfen des Bundes bei der ersten Welle viel zu bürokratisch abgelaufen seien. Teils würden die Zahlungen immer noch ausstehen. Das dürfe bei einem möglichen zweiten Lockdown nicht mehr passieren.

Was sagen Salzburgs Parteipolitiker?

Die Opposition im Salzburger Landtag reagiert mit scharfer Kritik auf die Wartezeit bis Samstag. SPÖ-Landesparteichef David Egger betont, es sei wieder nur eine „Ankündigung der Ankündigung“ gemacht worden: „Gerade in dieser Zeit wäre eine rasche Entscheidung für Planungssicherheit in den Schulen, in der Wirtschaft und Gastronomie. Die Regierung ist gefordert, diese Planungssicherheit zu geben.“

„Unverantwortlich und grotesk“

Die Salzburger FPÖ-Landesparteichefin Marlene Svazek sagte nach der Pressekonferenz von Bundeskanzler Sebastian Kurz (ÖVP) und Vizekanzler Rudolf Anschober (Grüne) am Donnerstag, als Bürgerin dieses Landes „fühle ich mich langsam ein wenig verarscht".

Es tue ihr leid, das sagen zu müssen: "Sie kündigen eine große Pressekonferenz an und sprechen ständig von einer dramatischen Lage. Dann sagt man, wir wissen etwas, aber wir sagen es nicht. Vielleicht irgendwann in einer nächsten Pressekonferenz. Und dann wollen sie uns die nächsten drei Tage unterhalten. Das ist höchst unverantwortlich und grotesk.“

Der Salzburger Arzt und Politiker Sebastian Huber (NEOS) kritisiert den Fleckerlteppich der unterschiedlichen Maßnahmen gegen CoV: „Wir wollen diese Maßnahmen schon mittragen, wenn sie notwendig sind. Allerdings wollen wir die Gründe wissen. Schnellschüsse oder weitere Fleckerlteppiche werden wir nicht mittragen.“

Salzburgs ÖVP, Grüne verteidigen Bundesregierung

Landeshauptmann Haslauer entgegnet schriftlich: „Ich kann die Kritik der Opposition nicht nachvollziehen. Denn heute ging es in Wien nicht um eventuelle Lockdown-Maßnahmen, sondern um fachliche Aufarbeitung der Bettenkapazitäten in Österreich … Darüber hinaus wurde die Frage erörtert, ab welcher Anzahl an Neuinfektionen das heimische Gesundheitssystem überlastet wäre. Aufgrund dieser Ergebnisse werden nun durch die Bundesregierung konkrete Maßnahmen erarbeitet und danach der Öffentlichkeit mitgeteilt.“

Von Haslauers Koalitionspartnern bei den Salzburger Grünen hieß es Donnerstag, dass die Partei hinter der angekündigten Verschärfung der Maßnahmen stehe. Und diese könnten eben erst nach weiteren Gesprächen verkündet werden. Es sei wichtig, dass vorher mit den Sozialpartnern und anderen Parteien gesprochen werde. Es müsse der Zusammenhalt gestärkt werden, sagt die Landtagsabgeordnete Kimbie Humer-Vogel.

Was tut sich in Wien?

Die Regierung könnte am Samstag neue Schritte gegen die Ausbreitung des Coronavirus bekanntgeben. Diesen Termin nannte Bundeskanzler Sebastian Kurz (ÖVP) am Donnerstag nach einem Treffen mit medizinischen Experten im Bundeskanzleramt. Sollten die derzeit hohen Neuinfektionszahlen weiter steigen, drohe bereits „Mitte, Ende November“ die Überlastung der Intensivstationen, sagte Gesundheitsminister Rudolf Anschober (Grüne) – mehr dazu in news.ORF.at (29.10.2020)

CoV-Ampel: Ganz Salzburg nun rot

Die so genannte CoV-Ampel-Kommission hat Donnerstagabend fast das gesamte Bundesgebiet auf Rot geschaltet. Das bedeute „sehr hohes CoV-Risiko“, sagen Fachleute, die die Politik beraten – mehr dazu in salzburg.ORF.at (29.10.2020)