Waldrappe
C.Esterer
C.Esterer
Wissenschaft

Waldrappe in Kuchl: Artenschutz in Pandemie

In Kuchl (Tennengau) arbeiten Mitarbeiter des Artenschutzprojekts Team Waldrapp daran, die sehr seltenen Vögel wieder anzusiedeln. Weil der Ort seit einer Woche unter Quarantäne steht, ist auch die Arbeit der Forscher durch CoV-Auflagen deutlich eingeschränkt.

Waldrappe sind Zugvögel und gehören zur Familie der Ibise, die bis vor 400 Jahren in Europa heimisch waren. Dann wurde der gänsegroße Vogel ausgerottet, zu begehrt war sein Fleisch. Heute zählt er zu den am stärksten bedrohten Vogelarten weltweit.

Weil in Marokko, der Türkei und Syrien einige Exemplare der Vögel überlebten, arbeiten, Forscher aus Österreich, Deutschland und Italien seit mehr als zehn Jahren in einem von der EU geförderten Projekt daran, die Vögel bei uns wieder anzusiedeln. Gegründet hat das Projekt der Tiroler Biologe Johannes Fritz.

Projektstandort im Quarantänegebiet

Ein Projektstandort ist in Kuchl (Tennengau) wo jeden Sommer etliche Waldrapppaare am Georgenberg brüten, der an die früheren Siedlungsgebiete der Waldrappen erinnert. Die Gemeinde steht jedoch seit rund einer Woche – als erster Österreichs – seit dem CoV-Lockdown im Frühjahr unter Quarantäne.

Fotostrecke mit 8 Bildern

Waldrappe auf Scheune
C. Esterer
Die Waldrappe haben einen langen, krummen Schnabel und tragen eine Halskrause und einen Federkamm
Waldrappe in Kuchl
C. Esterer
Im Sommer suchen sie auf den Wiesen rund um Kuchl mit ihren langen Schnäbeln im Boden nach Nahrung
Waldrappe am Baum
C. Esterer
Rund 30 Vögel aus der Kolonie in Kuchl bereiten sich auf ihren Flug in ihr Winterquartier vor
Waldrappe in der Moosstraße
K.Garzuly/ORF
Derzeit laben sich die Zugvögel auf einer Wiese in der Moosstraße in der Stadt Salzburg. Bevor sie in den Süden migrieren, sammeln sich die Rappe gerne auf den großen Wiesen in Salzburg, auch rund um den Flughafen
Waldrappe auf Hausdach
C. Esterer
Die schwarze Federkleid schimmert in Grün-und Blautönen
Waldrappe
C. Esterer
Bis ins 17. Jahrhundert galt der Waldrapp wegen seines Fleisches als Delikatesse
Waldrapp
C. Esterer
Seit mittlerweile beinahe zehn Jahren verbringen die Waldrappe ihren Sommer im Tennengau
Waldrappe
C.Esterer
Waldrappe ziehen durch den Tennengau

Auch für die Forscher des Waldrappteams bedeutet das, dass sie ihre Vögel nicht aus der Nähe beobachten können. Corinna Esterer ist Projektmitarbeiterin im Waldrappteam, lebt im benachbarten Bayern und hat mehr als hundert Vögel in den vergangenen Jahren per Hand aufgezogen und ihnen ihre ursprünglichen Flugrouten wieder gezeigt.

Jetzt kann sie ihre Schützlinge meistens nur aus dem Homeoffice beobachten: "Durch die Quarantänemaßnahmen ist es für uns schwieriger, den Überblick zu haben. Wir wissen nicht immer, wann und wo die Vögel sind. Das geht nur über die direkte Sichtung vor Ort. Zum Glück haben wir viele engagierte Beobachter, die uns melden, wenn sie Vögel sehen“.

Corinna Esterer, Projektmitarbeiterin
ORF
Corinna Esterer arbeitet seit acht Jahren beim Waldrapp-Team und betreut das Brutgebiet am Georgenberg in Kuchl

Position über GPS-Sender

Die Waldrappe bereiten sich derzeit auf ihren Flug in den Süden vor, in ihr Winterquartier in Orbetello in der südlichen Toskana (Italien) weil sie in Salzburg im Schnee nicht mehr genug Futter finden. Die meisten Vögel sind mit GPS-Sendern ausgestattet und können von den Forschern auch im Homeoffice beobachtet werden.

Waldrappe haben Kuchl bereits verlassen

Die aktuelle Brutsaison in Kuchl und im bayerischen Burghausen ist mit 27 flüggen Jungvögeln in neun Nestern heuer bereits erfolgreich abgeschlossen. Rund 30 Waldrappe, die den Sommer im Tennengau verbracht haben oder dort geboren wurden, haben bereits ihre Höhlen am Georgenberg verlassen. 20 von ihnen stärken sich gerade noch auf einer großen Wiese an der Moosstraße in der Stadt Salzburg, bevor sie die lange Reise über die Alpen in ihr Winterquartier antreten.

Projekt bangt um Finanzierung

Das Waldrappprojekt wird seit 2014 von der Europäischen Union gefördert und soll mit Partnern aus Österreich, Italien und Deutschland zur dauerhaften Wiederansiedelung der Waldrappe in Europa führen. Für die kommende Periode hat die EU dem Projekt allerdings keine Fördergelder zugesagt. Es geht um rund acht Millionen Euro für sieben Jahre und das, obwohl das Projekt heuer trotz der CoV-Beschränkungen große Erfolge vorweisen kann. So haben die Vögel am Georgenberg erstmals ihre Brutnester selbstständig in den Fels gebaut.

Der menschengeführte Flug in den Süden musste heuer jedoch coronabedingt ausgesetzt werden. In den Vorjahren haben Projektmitarbeiter die Zugvögel mit Ultraleichtflugzeugen begleitet bzw. ihnen die Routen überhaupt erst gezeigt, da die Vögel die traditionellen Zugrouten ihrer Vorfahren oft nicht mehr kennen. Aufgrund der Einschränkungen durch die Pandemie mussten diesmal erfahrene Vögel den Jungvögeln den Weg zeigen.

Fliegende Waldrappe neben Ultraleichtflugzeug
ORF
Die Projektmitarbeiter haben die Tiere in den vergangenen Jahren mit Ultraleichtflugzeugen auf ihren Zugrouten begleitet

Das Waldrappteam hat inzwischen den dritten Antrag bei der EU eingereicht, sagt Corinna Esterer: „Wir warten jetzt auf die Rückmeldung von der EU, ob wir einen Vollantrag einreichen können. Bei den letzten Anträgen wurde die Struktur des Projekts kritisiert, da haben wir sehr viel geändert. Wir haben einen neuen Träger und neue Bereiche, die gefördert werden“.

Die Waldrappe aus den Kolonien in Bayern und Österreich machen sich – so die Hoffnung der Forscher – in den kommenden Wochen in mehreren Etappen selbstständig auf den rund 1.000 Kilometer langen Weg über die Alpen – losgelöst von allen CoV- Quarantänebeschränkungen am Boden.