Strommast einer 380 kV Starkstromleitung (Freileitung)
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Gericht

VwGH bestätigt Bau der 380-kV-Leitung

Der Verwaltungsgerichtshof (VwGH) bestätigt die Genehmigung für den Bau und Betrieb der 380-kV- Starkstromleitung von Elixhausen (Flachgau) bis Kaprun (Pinzgau). Anrainer, Gemeinden und Bürgerinitiativen erhoben 2019 Einspruch gegen das Urteil des Bundesverwaltungsgerichts (BVwG).

Die Baubewilligung für die umstrittene 380-kV-Leitung durch Salzburg ist rechtskräftig. Der VwGH hat mit seiner Entscheidung vom 15. Oktober die ordentliche Revision gegen die Genehmigung als unbegründet abgewiesen. Damit entschied auch die letzte Instanz im Sinne der Projektbetreiber, der Austrian Power Grid (APG).

Im Februar 2019 hatte das BVwG die Genehmigung nach dem Umweltverträglichkeitsprüfungsgesetz zur Errichtung und zum Betrieb des im Bundesland Salzburg liegenden Teils der 380-kV‑Leitung erteilt und damit den Bescheid der Salzburger Landesregierung vom Dezember 2015 bestätigt.

Gemeinden und Anrainer forderten Erdkabel

Obwohl der Baubescheid seit März 2019 rechtskräftig war, ermöglichte das BVwG damals eine Berufung vor dem Höchstgericht. Zahlreiche Anrainer, Gemeinden und Bürgerinitiativen hatten Beschwerde gegen das Projekt eingelegt. Sie sprachen sich zwar nicht gegen die 380-kV-Leitung an sich aus, forderten aber eine Verlegung des Kabels unter die Erde. Allerdings waren alle Anträge auf aufschiebende Wirkung gegen das Großprojekt in der Vergangenheit bereits abgewiesen worden. Der Baustart erfolgte im Oktober 2019. Die Arbeiten laufen derzeit in allen betroffenen Salzburger Bezirken, die ersten Masten stehen bereits.

Grafik zum Hochspannungsnetz in Österreich
Grafik: APA/ORF.at; Quelle: APG

VwGH: „Mehrere Behörden können zuständig sein“

Hauptthemen des Verfahrens waren die Zuständigkeit der Salzburger Landesregierung, die Durchführung einer Strategischen Umweltprüfung sowie Energiewirtschaft-, Forstrecht- und Naturschutzfragen. Der VwGH bestätigt in seinem Urteil die Auffassung des BVwG, wonach jenes Bundesland, durch welches die Leitung gebaut wird, den Antrag auch genehmigen muss.

Dem steht laut VwGH der Umstand, dass sich die Leitung über das Gebiet zweier Bundesländer, nämlich Salzburg und Oberösterreich, erstreckt, nicht entgegen. Weder aus der Judikatur des Europäischen Gerichtshofes (EuGH) noch aus derjenigen des VwGH lässt sich laut oberster rechtlicher Instanz ableiten, dass für eine Umweltverträglichkeitsprüfung (UVP) nicht mehrere Behörden örtlich zuständig sein können.

VwGH bestätigt Bau der 380-kV-Leitung

Der Verwaltungsgerichtshof (VwGH) bestätigt die Genehmigung für den Bau und Betrieb der 380-kV- Starkstromleitung von Elixhausen (Flachgau) bis Kaprun (Pinzgau). Anrainer, Gemeinden und Bürgerinitiativen erhoben 2019 Einspruch gegen das Urteil des Bundesverwaltungsgerichts (BVwG).

VwGH: Erdkabel keine geeignete Alternative

Hinsichtlich der Energiewirtschaft bestätigte der VwGH das Vorliegen eines besonderen öffentlichen Interesses am Bau der 380-kV‑Leitung. Um die Frage, ob ein Erdkabel eine dem Stand der Technik entsprechende erprobte Alternativlösung darstelle, stützt sich der VwGH auf die Auffassung des BVwG, wonach es sich bei einer Verkabelung um keine geeignete Alternative handle.

Fairkabler: „Das tut sehr weh“

Franz Fuchsberger, der Obmann des Vereins Fairkabeln, deren Mitglieder in den vergangenen acht Monaten intensivst mit wöchentlichen Demonstrationen und Protestaktionen gegen den Bau der Starkstromleitung vorgegangen waren, gab sich am Dienstag enttäuscht und warf dem Land Gewinnmaximierung vor. „Wenn es um die elektrische Infrastruktur geht, dann geht es in diesem Land ausschließlich um Gewinnmaximierung, aber es wird sich nicht für das Wohl der Bevölkerung und des Landes eingesetzt. Wir haben uns alle miteinander in den letzten acht Monaten wahnsinnig viel dafür eingesetzt und müssen jetzt zur Kenntnis nehmen, dass wir gegen die Stromwirtschaft verloren haben,und das tut weh.“

Franz Fuchsberger Fairkabeln
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Franz Fuchsberger, Obmann des Vereins Fairkabeln

Fairkabler stellten Protest sofort ein

Die Fairkabler hielten am Dienstag noch eine Protestaktion am Heuberg in Koppl (Flachgau) ab, erfuhren dort von dem VwGH-Urteil und stellten ihren Widerstand sofort ein. „Wir stellen unseren Protest ein, weil es rechtlich keinen Sinn mehr macht“, sagte Fuchsberger. Wie es mit dem Verein weitergehen wird, soll in den nächsten Tagen besprochen werden. „Fairkabeln war eine Bewegung, die sich nicht nur auf die Salzburgleitung konzentriert, natürlich hatte sie hier ihren Ursprung. Wir werden schauen, ob die Marke weitergeführt wird oder nicht.“

Jeweils drei Polizisten müssen einen Demonstranten zu den Polizeibussen tragen
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Monatelang protestierten Anrainer gegen den Bau der 380-kV-Leitung

Leitungsgegner: Trassenaufhieb bedeutet Rodung

Grundbesitzer, Anrainer, Gemeinden und Bürgerinitiativen kritisierten, dass beim Trassenaufhieb im Ausmaß von rund 600 Hektar für den Bau der Leitung eine Rechtswidrikgkeit vorliege, denn Trassenaufhiebe für den Bau von Stromleitungen hätten als Rodungen gelten müssen, und dieser Aspekt sei damals bei der Prüfung der Umweltverträglichkeit nicht berücksichtigt worden.

VwGH: „Rodungen müssen fallweise bewertet werden“

Dass das Fällen der Bäume für den Trassenbau einer Rodung entspreche und dadurch laut der Judikatur des EuGH durch eine UVP zu behandeln sei, daraus lasse sich laut VwGH nichts ableiten. „Es ist – auch im Hinblick auf die bei Trassenaufhieben bestehende Pflicht zur Wiederbewaldung – nicht zu beanstanden, wenn die Auswirkungen eines konkreten Projektes fallbezogen geprüft und Rodungen und Trassenaufhiebe insoweit nicht schematisch gleich behandelt werden“, heißt es im Erkenntnis des VwGH.

IG Erdkabel will vor EuGH ziehen

Der vor gut zehn Jahren gegründete Protestverein IG Erdkabel mit Präsident Theodor Seebacher will sich aber auch vom Verwaltungsgerichtshof nicht abhalten lassen, er will weiter vor den Europäischen Gerichtshof (EuGH) ziehen, mit Unterstützung der betroffenen Gemeinden.

Einer der größten politischen Freileitungsgegner war der Bürgermeister von Koppl, Rupert Reischl (ÖVP), dieser winkte in Sachen EuGH ab. Vor den EuGH zu ziehen habe man juridisch geprüft und für nicht sinnvoll befunden. Auch er nimmt die Entscheidung des Verwaltungsgerichtshofes jetzt an.