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GESUNDHEIT

Mehr seelische Krankheiten durch CoV-Krise

Bei vielen Salzburgern hat sich während der Coronavirus-Pandemie die psychische Gesundheit verschlechtert. Das beobachtet die Gesellschaft für psychische Rehabilitation, Pro Mente. Pro Mente warnt jetzt vor allem auch vor den Spätfolgen des Lockdowns.

Mit Beginn des Lockdowns im Frühling ging zuerst auch die Nachfrage bei Pro Mente zurück. Ab Mitte Mai läuteten dann wieder öfter die Telefone. Viele Betroffene meldeten sich auch ambulant, um sich beraten zu lassen. Angst und Einsamkeit belasteten die Bevölkerung zunehmend – bis heute. Bis August ließen sich im Vergleich zum Vorjahr rund doppelt so viele Leute beraten.

„Das sind einerseits Menschen, die vielleicht auch schon einmal vorher eine Episode erlebt haben, die einen Rückfall bekommen“, schilderte der Arzt, Psychiater und Psychologe Wolfgang Aichhorn, Präsident von Pro Mente Salzburg. „Es sind aber natürlich auch Menschen, die während der Krise durch Arbeitslosigkeit, soziale Isolation durchaus auch psychisch erkranken können. Da sieht man leider immer wieder auch ansteigende Suizidraten.“

Mehr seelische Erkrankungen durch Coronavirus-Krise

Psychiater warnt vor Langzeitfolgen

Die Spätfolgen des Lockdowns seien auf keinen Fall zu unterschätzen, sagte Josef Demitsch, Leiter der Krisenintervention: „Was jetzt zu erwarten ist, sind all die Probleme in Zusammenhang mit einer existenziellen Krise: drohende Arbeitslosigkeit, tatsächliche Arbeitslosigkeit, Kurzarbeit und keine Perspektive danach.“ Deshalb sei es wichtig, psychisch Erkrankte im Job zu halten, betonte Kathleen Heft von Pro Mente Salzburg.

Aichhorn sah auch neue Langzeitfolgen der CoV-Krise: „Es gibt viel mehr schwere psychische Erkrankungen. Das ist zum Teil eine Folge des Lockdowns und eine Folge der Unterversorgung in dieser Zeit. Es geht da oft um schwere Depression oder Suchtverhalten. Menschen mit Rückfällen kommen nun wieder verstärkt zu Pro Mente. Wichtig ist, dass die Menschen bei uns und in Spitälern die so wichtige Versorgung bekommen.“

Aussetzen der Beratung „darf nicht noch einmal passieren“

Besonders wichtig sei, sagt Aichhorn, dass die Krankheiten nicht tabuisiert und verschwiegen, sondern angesprochen und behandelt werden. Die Gesellschaft für Rehabilitation will auf Dauer eine möglichst niederschwellige Beratung anbieten, anders als im Lockdown Mitte März: „Man hat sich sehr auf diese Covid-19-Erkrankung fokussiert und hier ‚vergessen‘, dass es ja auch die normalen Erkrankungen gibt, die vielleicht – gerade was die Psyche betrifft – in einer so schwierigen Situation mehr nach vorne kommen“, betonte Aichhorn. „Das darf nicht mehr passieren.“

Wichtig ist, dass sich betroffene Menschen an Beratungsstellen wenden, sich Hilfe holen und einfach drüber reden.