Gericht

NS-Material via WhatsApp: Schuld- und Freispruch

Der Prozess in Salzburg wegen nationalsozialistischer Wiederbetätigung ist Dienstagabend mit einem Schuldspruch gegen einen 58-Jährigen zu Ende gegangen. Ein 45-jähriger Mann wurde freigesprochen. Die Anklage dreht sich vorwiegend um WhatsApp-Nachrichten, die das NS-Regime positiv darstellten.

Der 58-jährige Hauptbeschuldigte wurde laut Verteidiger zu 15 Monaten bedingter Haft verurteilt, der andere Mann von den Geschworenen mit sechs zu zwei Stimmen freigesprochen. Die Urteile sind offenbar noch nicht rechtskräftig. Dem Älteren wurde von der Staatsanwaltschaft auch das Delikt „pornografische Darstellungen Minderjähriger“ zur Last gelegt. Der Erstangeklagte stand bereits mehrmals vor Gericht. Der Zweitangeklagte ist bisher unbescholten.

Staatsanwalt Marcus Neher gab Dienstag vor dem Geschworenengericht zunächst einen Einblick darüber, wann der Tatbestand nach § 3g Verbotsgesetz erfüllt ist: „Es braucht keine nationalsozialistische Gesinnung. Es reicht aus, wenn man Einzelhandlungen setzt, die als typisch nationalsozialistisch wahrgenommen werden.“

Hitlers Taten positiv dargestellt?

Dann zählte Neher die Verstöße der beiden Männer in den Jahren 2018 und 2019 auf. Der 58-jährige Zweitangeklagte habe dem 45-jährigen Erstangeklagten und auch anderen Personen per WhatsApp mehrere Textnachrichten sowie Bild-und Videodateien weitergeleitet, welche die Ziele von NS-Diktator Adolf Hitler in ein positives Licht rückten. Darunter waren teils historische Aufnahmen mit Bildüberblendungen.

Frauen in Dessous und NS-Uniformen

Zu sehen war etwa eine alte Frau, die ein Schnapsglas auf Hitler leerte, und auch spärlich bekleidete Frauen in Dessous und nationalsozialistischen Uniformen. Ermittler haben auf dem Mobiltelefon des 58-Jährigen auch einen Ordner mit historischen Aufnahmen der Hitlerjugend und bei einer Hausdurchsuchung einen NS-Orden aus dem Zweiten Weltkrieg sichergestellt. Zudem habe sich der Beschuldigte zu einem unbekannten Zeitpunkt eine schwarze Sonne, die als Synonym der „SS“ gelte, auf den Unterschenkel tätowieren lassen. Dieses SS-Symbol sei auch für die Öffentlichkeit sichtbar gewesen, erklärte der Staatsanwalt.

Likes und lachende Emojis

Die einschlägigen WhatsApp-Nachrichten des älteren Angeklagten soll sein damaliger Arbeitskollege mit erhobenen Daumen „geliked“ und darauf auch mit lachenden Emojis reagiert haben. Weiters habe der 45-Jährige dem 58-Jährigen eine Filmdatei weitergeleitet, auf der eine männliche Person einen länglichen, braunen Schokoladekuchen anschneidet. „In der Füllung des Kuchens kam ein Hakenkreuz zum Vorschein“, schilderte Neher.

Die Verteidiger der beiden Österreicher orteten in ihren Eingangsplädoyers „das Fehlen einer subjektiven Tatseite“. Der 45-Jährige habe nur „aus Wohlgefälligkeit“ auf die App-Nachrichten des 58-Jährigen geantwortet, „weil dieser sein Vorgesetzter war“, erklärte Rechtsanwalt Franz Essl. „Er hat sich aus Dummheit und Unüberlegtheit zu den Kommentaren hinreißen lassen.“ Der Mann sei Zuwanderer aus dem Kosovo und dort auch zur Schule gegangen. „Er hatte keine einzige Geschichtsstunde in Österreich. Der Hilfsarbeiter weiß nichts über die NSDAP, die SA und SS und kennt auch keinen, der mit dem Nationalsozialismus zu tun hat. Er ist freizusprechen.“

Anträge auf Freisprüche

Auch der Verteidiger des Zweitangeklagten, Rechtsanwalt Jörg Dostal, beantragte einen Freispruch. Er verwies auf die damalige depressive Phase des 58-Jährigen, der auch ein Alkoholproblem gehabt habe. „Er hat einfach depperte, ironische Sachen weitergeschickt.“ Sein Mandant habe beim Weiterleiten der Dateien nicht nachgedacht. Er sei kein Nazi, „er ist nirgendwo auffällig geworden in einer Gruppierung oder einem einschlägigen Chat“. Bei der Abbildung mit den Damen sei es rein um die Erotik gegangen. Die schwarze Sonne, die sich der Angeklagte vor zehn oder 15 Jahren tätowieren habe lassen, „ist per se nicht strafbar“. Und das pornografische Video, auf dem Minderjährige zu sehen waren, habe sich der derzeit arbeitslose Mann nicht einmal angesehen.