ältere Frau beim Stricken
ORF.at/Christian Öser
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Chronik

Kritik: „Grundrechte von Senioren verletzt“

Während der Coronavirus-Krise habe es in vielen Salzburger Seniorenheimen illegale Eingriffe in die Rechte der Bewohnerinnen und Bewohner gegeben. Das kritisieren Bewohnervertretungen. Die Heimbetreiber fordern daher vom Gesetzgeber eine klare Rechtsgrundlage, beim Land hingegen hält man das nicht zwingend für notwendig.

In drei Fällen im Bundesland Salzburg kam es zu Klagen wegen illegaler Eingriffe in die Rechte der Bewohnerinnen und Bewohner von Seniorenheimen. In diesen Fällen haben die Bewohnervertreter in erster Instanz drei Mal gewonnen. Denn trotz Coronavirus-Schutz dürfe man die Bewohner nicht einfach in den Heimen einsperren, so die Kritik. Der Coronavirus-„Lock-down“ im Frühling hat für viele Salzburger Seniorenheimbewohner drastische Einschränkungen gebracht. Aus Angst vor einer Infektion haben die Heimleitungen umfangreiche, mehrwöchige Besuchs- und Kontaktverbote zu Verwandten und Angehörigen erlassen.

„Maßnahmen waren teils rechtswidrig“

Doch diese seien in vielen Bereichen rechtswidrig gewesen. Dies sei auch in gleich drei Salzburger Gerichtsverfahren in erster Instanz festgestellt worden, sagt Alexandra Niedermoser von der Bewohnervertretung des Vertretungsnetzes Salzburg. „In diesen Fällen wurden alle getätigten Maßnahmen für unzulässig erklärt – so wurden zum Beispiel Spaziergänge außerhalb des Einrichtungsareals untersagt oder Kontakte zu Familienmitgliedern oder Familienfeiern nicht erlaubt“, schildert Niedermoser.

Kritik an Besuchsverbot: „Grundrechte von Senioren verletzt“

Während der Krise habe es in vielen Salzburger Seniorenheimen illegale Eingriffe in die Rechte der Bewohner gegeben. Das kritisieren Bewohnervertretungen. In drei Fällen kam es sogar zu Klagen gekommen. Die Heimbetreiber fordern daher vom Gesetzgeber eine klare Rechtsgrundlage, beim Land hingegen hält man das nicht zwingend für notwendig.

Schellhorn will Leitfaden für Heime ausarbeiten lassen

Landeshauptmann-Stellverteter und Gesundheitsreferent Heinrich Schellhorn reagierte am Montag auf die Kritik der Bewohnervertreter, indem er betonte, dass er im Gespräch mit dem Gesundheitsministerium sei, um verbindliche Vorgaben für alle Seniorenheime zu erreichen. Überschießende Einschränkungen für Bewohner müssten verhindert werden.

Eine eigene Verordnung braucht es dafür seiner Ansicht nach aber nicht. Damit sich generelle Besuchsverbote in Seniorenheimen, wie zu Beginn des Lockdowns, möglichst nicht wiederholen, regt er beim Gesundheitsministerium an, einen Handlungsleitfaden für Heimbetreiber erarbeiten zu lassen.

Schellhorn: „Verordnung passt nicht zu jedem Einzelfall“

Eine Koppelung der Bestimmungen für Seniorenheime an das geplante Ampelsystem oder eine generelle Verordnung des Gesundheitsministerium sei allerdings schwierig. „Weil eine Verordnung nie auf den Einzelfall passt. Ich glaube, dass die Träger der Seniorenwohnhäuser nach den Erfahrungen der ersten Monate mehr Sensibilität auf die Grund- und Freiheitsrechte der Senioren richten“, sagt Landeshauptmann-Stellvertreter Heinrich Schellhorn.

Schulungen für Seniorenheime

Dafür gebe es nun auch Schulungen der Landessozialabteilung und eine Steuerungsgruppe von Land und Heimträgern, um derartige Fragen zu diskutieren. Sollten dennoch überschießende Maßnahmen in einzelnen Seniorenheimen getroffen werden, gebe es schlussendlich auch die Bewohnervertretungen, welche dagegen vorgehen könnten, ergänzt Schellhorn.

„Es braucht verbindliche Vorgaben des Landes“

In manchen Seniorenheimen im Land seien die Coronavirus-Besuchsverbote sogar bis Anfang Juli in Kraft gewesen und erst auf Intervention der Bewohnervertreter aufgehoben worden. Solche überschießenden Verbote müssten bei einer möglichen zweiten Coronawelle verhindert werden, fordert Christian Berger von der Erwachsenenvertretung Salzburg.

„Aus meiner Sicht wäre es da hoch an der Zeit für eine verbindliche Vorgabe seitens des Landes. Man könnte das ja – ähnlich, wie im jetzt geplanten Ampelsystem vorgesehen – an konkreten Kritierien festmachen. Das müsste dann aber auch kontrolliert werden“, fordert Berger.

„Psychische Gesundheit genauso wichtig wie körperliche“

Denn die lange Isolation von den Angehörigen habe für viele alte Menschen negative Langzeitfolgen. Dabei sei die psychische Gesundheit sei genauso wichtig wie die körperliche, betonen die Bewohnervertreter.

red, salzburg.ORF.at