Hauptangeklagter im Mordprozess nach Schuss in Lokal in Lehen
ORF
Arnold Klement
Gericht

Urteil in Mordprozess: 18 Jahre unbedingte Haft

Bei dem Prozess um die Bluttat von Salzburg-Lehen, bei der zwei Menschen niedergeschossen und einer getötet wurde, ist der mutmaßliche Haupttäter Donnerstagabend in Salzburg zu 18 Jahren unbedingter Haft verurteilt worden. Sein mutmaßlicher Komplize wurde von der Beihilfe zum Mord freigesprochen.

Das Urteil von 18 Jahren unbedingter Haft gegen den Hauptangeklagten, einen 32-jährigen aus Albanien, ist nicht rechtskräftig.

Komplize geht frei nach U-Haft

Der zweite Albaner erhielt neben seinem Freispruch von der Beihilfe eine Verurteilung wegen Verstoßes gegen das Waffengesetz. Er geht nun aber frei, weil er die neun Monate Haft schon als Untersuchungshäftling abgesessen hat. Strafverteidiger Kurt Jelinek zeigt sich zumindest im Hinblick auf den Freispruch zufrieden, der seinen Mandanten betrifft. Die Wahrheit habe gesiegt, so Jelinek. Die Anwälte des verurteilten Haupttäters haben hingegen volle Rechtsmittel und damit Berufung angekündigt.

Was lief beim Prozess?

Der 32-jährige Hauptangeklagte gab Dienstag vor Gericht zwar zu, dass er geschossen habe, schränkte aber ein: „Ohne dass ich das wollte. Ich habe Angst gehabt, weil so viele Personen entgegengekommen sind“. Eine Person habe ein Messer gehabt, er habe sich bedroht gefühlt.

Hauptangeklagter im Mordprozess nach Schuss in Lokal in Lehen
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Der Hauptangeklagte beim Prozessauftakt am Dienstag

Verdächtige schilderten ihre Sicht

Der 24-jährige Bosnier sei vor der Tat schimpfend aus dem Lokal gekommen und habe ihn im Vorbeigehen berührt, sagte der angeklagte Gelegenheitsarbeiter zur vorsitzenden Richterin Bettina Maxones-Kurkowski: „Ich sagte, geh weg.“ Schließlich habe er dem Mann eine Ohrfeige verpasst. Daraufhin sei der Mann wieder in das Lokal hineingegangen und mit dessen Vater und mehreren Leuten herausgekommen.

Sein Freund, der 35-jährige Mitangeklagte, habe die aggressive Situation vor dem Cafe noch beruhigen und das Problem lösen wollen, erzählte der 32-Jährige: „Ich wusste, dass er eine Waffe in seiner Umhängetasche hatte.“ Er habe die Pistole aus der Tasche des 35-Jährigen herausgenommen und in Richtung des Beins des 24-Jährigen geschossen, um die Aggression zu stoppen.

Mordprozess nach tödlichen Schüssen auf offener Straße

Ein Jahr nachdem ein Bosnier im Gastgarten eines Lokales in Salzburg-Lehen erschossen wurde, stehen ab Dienstag zwei Albaner vor Gericht. Der eine schoss laut Anklage, der andere besorgte die Tatwaffe. Der Schütze zeigte sich beim Prozessauftakt teilgeständig.

Andere Version bei Rekonstruktion im November

„Ohne dass ich es wollte“, betonte der Beschuldigte. „Ich habe gesehen, dass ich getroffen habe, und wollte weglaufen.“ Dann sei der Vater des Verletzten mit ausgestreckten Armen auf ihn zugekommen. Er habe ihn mit der Waffe verletzen wollen, nicht schwer, nur um dann „wegzulaufen“, rechtfertigte der 32-Jährige die Schussabgabe auf den 46-jährigen Bosnier. „Ich wollte ihn nicht töten.“ Laut Staatsanwältin Sandra Lemmermayer wurde der Bosnier am Oberkörper tödlich getroffen, er starb noch „an Ort und Stelle“.

Polizei und Rettung am Tatort vor Lokal in Salzburg Lehen
Arnold Klement
Am 4. Juni 2019 fielen in diesem Gastgarten eines Lokales in Lehen zwei Schüsse

Bei der Tatrekonstruktion im November hatte der 32-Jährige noch erklärt, der Schuss auf den 46-Jährigen habe sich gelöst, als dieser auf ihn gefallen sei. Laut Gutachten sind die Schüsse aber mindestens in zwei Meter Entfernung auf Vater und Sohn abgefeuert worden.

Weitere Hintergründe

Das 46-jährige spätere Opfer war am 4. Juni 2019 bei der Geburtstagsfeier seines Enkels in dem Lokal im Salzburger Stadtteil Lehen. Zwischen seinem Sohn und dem Schützen soll es zu einer heftigen Streiterei gekommen sein. Daraufhin ging der 46 Jahre alte Bosnier dazwischen, der Hauptangeklagte zog die Pistole aus einer Umhängetasche und schoss ihm laut Anklageschrift in die Brust. Der 46-Jährige verstarb noch im Gastgarten. Ein zweiter Schuss traf auch den Sohn ins Bein.

„Viel Alkohol und Kokain konsumiert“

Die Staatsanwaltschaft wirft dem Hauptangeklagten Schützen am Dienstag vor, vorsätzlich gehandelt zu haben und plädiert auf Mord und versuchten Mord. Der Schütze hatte ja im Streit zunächst dem Sohn ins Bein geschossen und anschließend den Vater mit einem Schuss in die Brust getötet. Sein Verteidiger aber bestreitet jegliche Absicht seines Mandanten. Der Schütze hätte zuvor den ganzen Tag über mehrere Flaschen Whiskey-Cola getrunken und Kokain konsumiert.

Anwalt: „Er hatte keinen Vorsatz, sie umzubringen“

Den Streit habe laut Verteidiger Mirsad Musliu der Sohn des später getöteten Bosniers begonnen. Der Hauptangeklagte habe dem Sohn des Opfers eine Ohrfeige versetzt, dieser hätte daraufhin zur Unterstützung mehrere Personen aus dem Lokal geholt. „Dann bekam mein Mandant Angst, zog die Waffe und wollte einfach nur erschrecken. er hat den ersten gezielt am Oberschenkel getroffen." Der Vater, welcher das spätere Opfer war, sei auf den Hauptangeklagten zugestürmt, hierbei habe sich ein Schuss gelöst. Er hatte keinen Vorsatz, die beiden umzubringen“, sagt Verteidiger Musliu.

Schütze: „Gezielt zu schießen ist leicht“

Auch der Schütze schilderte die Vorgänge der Tatnacht beim Prozessauftakt am Dienstag beinahe gleichlautend wie sein Anwalt. Die Waffe habe er aus der Umhängetasche des mitangeklagten Begleiters gezogen, als dieser den Streit noch schlichten wollte. Auf die Frage der Richterin, wie er es geschafft habe betrunken derart schnell die Waffe zu ziehen und gezielt zu schießen, antwortete der Schütze, das sei leicht. Am Dienstag soll auch der Zweitangeklagte befragt werden, dessen Anwalt hatte in seinem Plädoyer zum Auftakt jegliche Beteiligung seines Mandanten bestritten.

Männer flüchteten nach der Tat

Nach der Schussabgabe flüchteten der 32 Jahre alte Albaner und der mutmaßliche Komplize. Passanten fanden die Pistole in Büschen in der Nähe des Tatorts. Die Polizei suchte nach den Schützen mit einem detaillierten Phantombild. Der Hauptangeklagte wurde nach drei Monaten im deutschen Düsseldorf gefasst, der angebliche Mittäter schon nach zwei Wochen in Wien.

Hauptangeklagter spricht von Notwehr

Bei der Einvernahme behauptete der Mittäter, er habe mit der Sache nichts zu tun, habe die Pistole nicht besorgt. Der Hauptangeklagte plädiert auf Notwehr, er sei in dem Gastgarten in Lehen mit einem Messer bedroht worden. Mysteriös bleibt aber nach wie vor das Motiv – damaligen Gerüchten zufolge soll es um Schulden aus einem Drogengeschäft gegangen sein, die Anklage nennt aber nur die Auseinandersetzung zwischen dem Sohn des späteren Opfers und dem Schützen und auch der Grund für den Streit zwischen den Männern ist nicht bekannt. Bei einem Schuldspruch droht den Albanern lebenslange Haft, der Prozess ist bis Donnerstag angesetzt.