Schild „Arbeitsmarktservice Salzburg“ an der Hauswand der AMS Landesgeschäftsstelle
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Wirtschaft

Hälfte der Firmen dürfte Kurzarbeit verlängern

Mehr als die Hälfte der betroffenen Firmen dürfte die Kurzarbeit über drei Monate hinaus verlängern. Damit rechnet das Arbeitsmarktservie in Salzburg. Im Bundesland stellten in der Coronavirus-Krise bisher 10.700 Betriebe einen Antrag auf Kurzarbeit.

„Mit dieser Zahl hätten wir niemals gerechnet“, sagt AMS-Landesgeschäftsführerin Jacqueline Beyer zu den 10.700 Anträgen. „In den Prognosen hatten wir vielleicht 8.000 bis 9.000, aber niemals so eine hohe Zahl. Und es hört auch nicht auf.“ Denn alleine im Juni seien 300 neue Anträge auf Kurzarbeit eingetroffen. Damit sei die Coronakrise kein Vergleich zur Wirtschafts- und Finanzkrise 2008/09, sagt Beyer: „Damals waren es 68 Kurzarbeits-Anträge. Wir haben jetzt das 130-fache von damals mit dem gleichen Personal. Das oberste Ziel ist natürlich, dass man so schnell wie möglich die eingelangten Abrechnungen auf die Konten der Unternehmer bringen, um Insolvenzen zu vermeiden.“

4.500 Verlängerungs-Anträge in nächsten Wochen erwartet

Während erste Firmen in Salzburg wie etwa Porsche die Kurzarbeit wieder beenden, erwartet die AMS-Chefin nach einer Umfrage unter den Betrieben, dass „über die Hälfte auch einen Antrag auf Verlängerung stellen. Wir rechnen in den nächsten Wochen also mit 4.500 Anträgen auf Verlängerung.“

Bei der Kurzarbeit übernimmt die öffentliche Hand auf Zeit einen Teil der Lohnkosten. In Salzburg könnten mit den Mitteln 193.500 Arbeitsplätze gesichert werden, sagt Beyer. Seien die für Kurzarbeit in Salzburg reservierten 819 Millionen Euro des AMS verbraucht, gebe es im Herbst aber weitere Hilfe, sagt die AMS-Landesgeschäftsführerin: „Wir haben die nächste Förderung, die sehr interessant ist: den Neustart-Bonus. Wenn Menschen nur Teilzeit neu eingestellt werden, kann das AMS eine Differenz aufzahlen. Somit kann man sich dann auch Teilzeit leisten. Und die Betriebe werden auch unterstützt, wenn sie Menschen nur mehr Teilzeit beschäftigen können, weil nicht mehr soviel Arbeit da ist.“ Aktuell sind in Salzburg gut 23.700 Personen arbeitslos gemeldet.

Zwischenbilanz der Kurzarbeit

Kässbohrer muss weiter kämpfen

Eine Firma, bei der alle Mitarbeiter schon seit Anfang März in Kurzarbeit sind, ist der Fahrzeugtransporter-Hersteller Kässbohrer in Eugendorf (Flachgau). Dort hatte schon die Finanzkrise 2008/09 ihre Spuren hinterlassen, erinnert sich Geschäftsführer Günther Percht: „Das hat dazu geführt, dass wir in der Finanzkrise 90 Prozent Umsatzrückgang zu verkraften hatten.“ Es habe dann vier bis fünf Jahre gedauert, bis sich das Geschäft wieder normalisiert habe.

Kässbohrer Spezialfahrzeuge in Eugendorf
Kässbohrer
Bei Kässbohrer ist die gesamte Belegschaft seit Anfang März in Kurzarbeit

Die Coronavirus-Krise jetzt falle aber zusammen mit einem Wandel im Automobi-Geschäft, sagt Percht: „Wir hatten vor einem Jahr noch 450 Mitarbeiter, hatten dann auf Grund der beginnenden Automobil-Wirtschaftsumwälzung in Richtung Elektromobilität Auftragsrückgänge zu verzeichnen. Wir haben uns darauf Anfang des Jahres eingestellt und haben uns von den Leiharbeitern trennen müssen. Jetzt haben wir 320 Mitarbeiter, inklusive Lehrlinge. Die sind zur Gänze in Kurzarbeit.“

Hoffen auf neue Geschäftszweige

Die wirtschaftliche Situation bei Kässbohrer sei aktuell schwierig, sagt der Geschäftsführer: „Im Vergleich zum Vorjahr gibt es derzeit einen Rückgang von etwa 70 Prozent – und der Ausblick ist unsicher.“ Denn zusätzlich zu einer möglichen zweiten Coronavirus-Welle gehe ja auch der Wandel in der Automobilindustrie weiter: „Und das wird entscheidend sein, wann es für uns eine entsprechende Substanz und Zuwächse bei den Auftragseingängen geben wird.“ Er rechne mindestens für die nächsten zwei Jahre mit einem sehr geringen Auftragsvolumen, sagt Percht. Die Kurzarbeit werde jetzt noch fortgesetzt, danach suche man nach Anschluss-Lösungen.

Zudem werden neue Geschäftszweige aufgebaut, so der Kässbohrer-Geschäftsführer: „Wir haben neben den Fahrzeugen zum Autotransport auch andere Produkte entwickelt und eine Tochterfirma in Straubing zugekauft. Hier am Standort sind wir an einem sehr erfolgsversprechenden, zukunftsträchtigen Produkt dran, das unabhängig von der Pkw-Industrie im grünen Frachttransport eine Zukunft haben wird.“

Auch bei Gassner Gastronomie fast alle weiter in Kurzarbeit

Schwierig bleibt auch die Lage in der Gastronomie. So sind in den Restaurants und Hotels der Salzburger Gassner-Gastronomiegruppe in der Hochsaison normalerweise 200 Mitarbeiter beschäftigt, außerhalb der Saison knapp die Hälfte. Derzeit befinde sich aber noch fast die gesamte Belegschaft in Kurzarbeit, sagt Geschäftsführer Gerald Stocker: „Es wurde und wird in einigen Betrieben von uns die Kurzarbeit verlängert, es wurde angesucht.“

Nur bei einem Betrieb, „sind wir jetzt aus der Kurzarbeit herausgegangen – in Hellbrunn“, schildert Stocker. „Das ist ein Betrieb, der in den Wintermonaten geschlossen ist. Ich habe in dem Moment, in dem Corona gekommen ist, zwei Mitarbeiter im Haus gehabt. Die waren auf Kurzarbeit. Aber beim Öffnen musst du wieder Mitarbeiter nehmen. Da ist jetzt die Überlegung, dass man nach einem gewissen Zeitraum diese Mitarbeiter in die Kurzarbeit bringt. Zurzeit ist das nicht möglich. Das macht uns die Situation noch schwieriger.“

Während des Coronavirus-„Lock-downs“ sei auf Grund der Lage der Betriebe auch kein Geschäft mit einem Essens-Lieferservice möglich gewesen, sagt Gerald Stocker. Man habe die Zeit nutzen müssen, um andere Arbeiten vorzunehmen: „Dass man geschaut hat, dass die Betriebe wieder entsprechend sauber werden, in Schuss gebracht werden, dass Gastgärten aufgebaut werden, vorproduziert wird – in diese Richtung ist es gelaufen.“

Zurückhaltung bei Firmenveranstaltungen und Hochzeiten

Seit etwas mehr als einem Monat sind die Gaststätten wieder geöffnet. Läuft’s gut? – diese Frage beantwortet Stocker mit einem „Ja und nein. Es ist eine gute Geschichte, dass jetzt die Vierertische ein wenig gefallen sind und dass größere Familien auch – mit einem entsprechenden Abstand – an einem Tisch sitzen dürfen. Das hilft uns schon ein bisschen. Was die Veranstaltungen betrifft, merkt man schon, dass es noch ein bisschen zaghaft ist. Bei Firmen merkt man schon eine gewisse Zurückhaltung. Es kommen wieder Anfragen. Es tut sich etwas in diese Richtung – aber es kommt immer mit dem Nachsatz: Wir möchten aber kurzfristig stornieren können.“

Salzburger AMS-Chefin Jacqueline Beyer im Studio

Die Salzburger AMS-Chefin Jacqueline Beyer spricht im Studio über die aktuelle Lage am Arbeitsmarkt.

Beim Geschäft mit Hochzeiten habe sich dagegen „das meiste auf das Jahr 2021 verschoben“, sagt der Geschäftsführer. „Die meisten wollen einfach auf Nummer sicher gehen. Viele haben Gäste oder Verwandte aus dem Ausland – das ist alles noch nicht kalkulierbar.“