Neureiter ist Historiker, Theologe und war früher Landtagsabgeordneter und Zweiter Landtagspräsident (ÖVP) in Salzburg. Seit Jahrzehnten beschäftigt er sich als Praktiker mit der Reparatur und Rettung alter Uhren aus Kirchen, Kapellen und Schlössern. Daneben recherchiert er die historischen Hintergründe der technisch oft sehr unterschiedlichen Konstruktionen. Mit dem bayerischen Rupertigau arbeitet der Tennengauer schon länger zusammen. Die Gegend an Inn (bei Mühldorf), Saalach und Salzach gehörte einst über Jahrhunderte zum Fürsterzbistum Salzburg, einem politisch unabhängigen Staat im „Heiligen Römischen Reich deutscher Nation“.
Als große Teile Bayerns bei Salzburg waren
Am Dienstag nahm der Bürgermeister von Tittmoning an der Salzach, der bayerischen Nachbarstadt von Oberndorf (Flachgau), das alte Turmuhrwerk des Salzburger Meisters Jeremias Sauter aus dem Jahr 1693 offiziell wieder in Betrieb. Andreas Bratzdrum (CSU) setzte das Kurzpendel in Gang. Die Uhr steht nun vorläufig im Museum Rupertiwinkel in Tittmoning.
Bürgermeister Bratzdrum sagte, diese Kostbarkeit sei „lebendiges Zeichen der Erinnerung an die gemeinsame Landesgeschichte.“ Mit Museumskustos Richard Ruhland wolle er die Idee verfolgen, die Uhr mittelfristig wieder auf der Michaelskapelle beim Schloss von Tittmoning zu installieren.
Salzburger Kunstschätze heute in Bayern
Die Schlosskapelle Tittmoning wurde ab 1693 im Auftrag des Salzburger Erzbischofs Johann Ernst Graf Thun errichtet. Ihr Patron ist der Erzengel Michael. Obwohl sie heute auf bayerischem bzw. deutschem Territorium steht, gehört sie laut Kunsthistorikern zur Salzburger Kultur- und Kunstgeschichte. Die Kapelle beherbergt auch das Altarbild „Engelssturz“ des Laufener Barockmalers Johann Michael Rottmayr (1697) sowie die überlebensgroßen Marmorfiguren der Erzengel Gabriel und Raphael des Salzburger Bildhauers Michael Bernhard Mandl.
„Sehr massiv und sehr exakt gebaut“
Das 327 Jahre alte Turmuhrwerk besteht laut dem Tennengauer Fachmann Neureiter „aus einem Gehwerk mit Spindelgang, Kurzpendel und einem Stundenschlagwerk mit Schlossscheibe“. Es sei sehr massiv und besonders exakt gebaut: “Das Kurzpendel hat 70 Halbschwingungen pro Minute, also 42.00 pro Stunde. Die Pfeiler sind mit Akanthusblättern geschmückt, die Spuren einer Vergoldung aufweisen.“ Das Werk sei in seiner ursprünglichen Form erhalten und sei nie umgebaut worden: „Lediglich die Pendellinse und das für den Demonstrationsbetrieb neu angebrachte Zeigerwerk sind jüngeren Datums. Die Zeigerstellung ist die damals übliche mit langem Stunden- und kurzem Minutenzeiger.“
Traditionsreiche Salzburger Uhrmacherfamilie
Uhrmacher Jeremias Sauter wurde 1650 in Salzburg geboren. Sein Vater Hans stammte aus Steyr. Die beiden hatten ihre Uhrmacherwerkstatt im Wachturm neben dem Michaelstor in Salzburg. Seiner großen Werkstatt können laut Neureiter heute 27 Lehrlinge zugeordnet werden. Er baute 1683 auch eine neue Domuhr und war ab 1697 mit der Einrichtung des Salzburger Glockenspiels beauftragt. Dieses wurde 1703 in Betrieb genommen. Jeremias Sauter starb 1709 in Salzburg und wurde auf dem Petersfriedhof bestattet.