Mountainbike Mountainbiker  In Elsbethen im Südosten der Stadt Salzburg (Flachgau) gibt es heftige Diskussionen über den Wanderweg durch die Glasenbachklamm. Mountainbiker sollen hier künftig ausgesperrt werden – nachdem sie über Jahrzehnte frei fahren durften. Grund seien einzelne Radler, heißt es, die offenbar viel zu schnell zwischen Wanderern unterwegs waren.
Gerald Lehner
Gerald Lehner
TOURISMUS

Glasenbachklamm: Harte Debatte um Fahrrad-Verbot

In Elsbethen im Südosten der Stadt Salzburg (Flachgau) gibt es heftige Diskussionen über den Wanderweg durch die Glasenbachklamm. Mountainbiker sollen künftig ausgesperrt werden – nachdem sie Jahrzehnte frei fahren durften. Grund seien einzelne, die offenbar zu schnell zwischen Wanderern unterwegs waren.

Der örtliche Tourismusverband hat schon Verbotstafeln gegen Mountainbiker aufgestellt. Die Wogen gehen hoch. Aber es könnte sich ein Kompromiss abzeichnen.

„Wir haben laufend Beschwerden bekommen“

Die Lage hat sich während der Corona-Krise offenbar verschärft. Viel mehr Wanderer, viel mehr Kinder und Hunde, viel mehr Spaziergänger. Dazu mehr Mountainbiker und Elektroradler, die von oben her kommen. Dem Vernehmen nach sollen einige junge Newcomer mit E-Bikes hier nun auch schon Downhill-Rennen veranstaltet haben. Es gebe immer wieder welche, die viel zu schnell sind, sagt Maria Steindl vom Tourismusverband Elsbethen: „Das hängt wahrscheinlich auch mit Corona zusammen, dass so viele Wanderer und Radler unterwegs sind. Alles hat massiv zugenommen. Wir haben laufend Beschwerden über Radfahrer bekommen.“

„Verbote in den Bergen keine Lösung“

Die neuen Verbotstafeln sind schon montiert – unten beim Eingang zur Klamm und oben in Vorderfager bei der Brücke über den Klausbach. Wir fragen nach, wie in anderen Bundesländern solche Konflikte gelöst werden? Harald Wieser ist Geschäftsführer des Salzburger Alpenvereins. Er hat über den ÖAV-Bundesverband einen Überblick.

Ein generelles Fahrradverbot auf traditionellen Routen wie der Glasenbachklamm ist für ihn keine Lösung: „Mit einem Verbot schließt man immer jemanden kategorisch aus, der sich auch auf seine Art über längere Zeit schon im Recht fühlt. Verbote sind weder für Wanderer noch für Radler richtig und können nicht die schlussendliche Lösung sein. Hier gilt es einen guten Kompromiss zu finden.“

Vorschlag: Einbahn bergauf, Tempo-Limit

In anderen Teilen Österreichs wurden beispielsweise Einbahnregelungen für Radler und Geschwindigkeitsbegrenzungen von 10 km/h realisiert. Zum Schutz von Wanderern, Kindern, Hunden. Bergauf in der Glasenbachklamm sind ohnehin kaum höhere Geschwindigkeiten möglich.

Der Manager des Salzburger Alpenvereins schlägt einen runden Tisch vor, bei dem Gemeinde Elsbethen, Tourismusverband, Wanderer und Mountainbiker eine gemeinsame Lösung erarbeiten: „Interessenskonflikte wird es da immer geben. Da gilt es unter den Nutzergruppen den gegenseitigen Respekt zu fördern und in Einklang zu bringen.“

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In Elsbethen im Südosten der Stadt Salzburg (Flachgau) gibt es heftige Diskussionen über den Wanderweg durch die Glasenbachklamm. Mountainbiker sollen hier künftig ausgesperrt werden – nachdem sie über Jahrzehnte frei fahren durften. Grund seien einzelne Radler, heißt es, die offenbar viel zu schnell zwischen Wanderern unterwegs waren.
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Alter Schranken und neue Verbotstafel am oberen Ende der Klamm bei Vorderfager nahe der Klausbachbrücke
Mountainbike Mountainbiker  In Elsbethen im Südosten der Stadt Salzburg (Flachgau) gibt es heftige Diskussionen über den Wanderweg durch die Glasenbachklamm. Mountainbiker sollen hier künftig ausgesperrt werden – nachdem sie über Jahrzehnte frei fahren durften. Grund seien einzelne Radler, heißt es, die offenbar viel zu schnell zwischen Wanderern unterwegs waren.
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Entlang des Klausbaches aufwärts nicht weit vor dem steileren Teil der Glasenbachklamm
Mark – Wanderer aus Kalifornien in der Glasenbachklamm . In Elsbethen im Südosten der Stadt Salzburg (Flachgau) gibt es heftige Diskussionen über den Wanderweg durch die Glasenbachklamm. Mountainbiker sollen hier künftig ausgesperrt werden – nachdem sie über Jahrzehnte frei fahren durften. Grund seien einzelne Radler, heißt es, die offenbar viel zu schnell zwischen Wanderern unterwegs waren.
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Mark, Wanderer aus Lake Tahoe in Kalifornien, hat überhaupt nichts gegen Radlfahrer: „Bei meinen hundert Gaisberg-Klamm-Runden nie ein Problem gehabt“. Der Amerikaner erzählt, zu Hause habe es früher auch solche Streitereien gegeben. Mittlerweile hätten viele Orten ihre Hinweisschilder, dass Erholungsgebiete für alle da seien, und die Wege gemeinsam genutzt werden sollten.
Schild für gemeinsame Nutzung von Wegen in den USA – In Elsbethen im Südosten der Stadt Salzburg (Flachgau) gibt es heftige Diskussionen über den Wanderweg durch die Glasenbachklamm. Mountainbiker sollen hier künftig ausgesperrt werden – nachdem sie über Jahrzehnte frei fahren durften. Grund seien einzelne Radler, heißt es, die offenbar viel zu schnell zwischen Wanderern unterwegs waren.
John Smith
Beschilderung in den USA für gemeinschaftlich genutzten Weg in der freien Natur. Alle Fahrzeuge mit Motoren sind verboten.
Schild für gemeinsame Nutzung von Wegen in den USA – In Elsbethen im Südosten der Stadt Salzburg (Flachgau) gibt es heftige Diskussionen über den Wanderweg durch die Glasenbachklamm. Mountainbiker sollen hier künftig ausgesperrt werden – nachdem sie über Jahrzehnte frei fahren durften. Grund seien einzelne Radler, heißt es, die offenbar viel zu schnell zwischen Wanderern unterwegs waren.
nps.gov
Beschilderungen in den USA: Radfahrer, Wanderer und Reiter sollen aufeinander schauen. Und: Teilt die Wege friedlich …
Radfahrverbot. Fahrverbot. Radfahren verboten. In Elsbethen im Südosten der Stadt Salzburg (Flachgau) gibt es heftige Diskussionen über den Wanderweg durch die Glasenbachklamm. Mountainbiker sollen hier künftig ausgesperrt werden – nachdem sie über Jahrzehnte frei fahren durften. Grund seien einzelne Radler, heißt es, die offenbar viel zu schnell zwischen Wanderern unterwegs waren.
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Real existierender Zustand bei Elsbethen: Schranken und neue Verbotstafel am unteren Eingang der Glasenbachklamm
Mountainbike Mountainbiker  In Elsbethen im Südosten der Stadt Salzburg (Flachgau) gibt es heftige Diskussionen über den Wanderweg durch die Glasenbachklamm. Mountainbiker sollen hier künftig ausgesperrt werden – nachdem sie über Jahrzehnte frei fahren durften. Grund seien einzelne Radler, heißt es, die offenbar viel zu schnell zwischen Wanderern unterwegs waren.
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Biker im Anstieg am Freitagabend
In Elsbethen im Südosten der Stadt Salzburg (Flachgau) gibt es heftige Diskussionen über den Wanderweg durch die Glasenbachklamm. Mountainbiker sollen hier künftig ausgesperrt werden – nachdem sie über Jahrzehnte frei fahren durften. Grund seien einzelne Radler, heißt es, die offenbar viel zu schnell zwischen Wanderern unterwegs waren.
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Beginn der Rück- bzw. Abfahrt von Vorderfager. Wenn es künftig eine Einbahnregelung als Kompromiss geben sollte, dann wäre diese Richtung tabu

Tourismusmanagerin zu Gesprächen bereit

Maria Steindl vom Tourismusverband sagt, das Bergauffahren in der Klamm sei aus ihrer Sicht nicht das große Problem: „In der Corona-Krise sind offenbar mehr Radler dazugekommen, die nur bergabfahren.“ Tatsache ist, dass hier neben Wanderern die nicht-motorisierten Mountainbiker nun schon seit Jahrzehnten unterwegs sind.

Auch verschiedenfarbige und mit unterschiedlicher Kondition gesegnete Politiker aus der Stadt Salzburg und mehreren Umlandgemeinden – inklusive Elsbethen – wurden und werden in der Klamm auf Bikes gesehen. Steindl: „Ja, das stimmt. Es war bisher geduldet. Aber eigentlich war es schon immer verboten. Wir haben nun Juristen beauftragt, die klären sollen, wer bei Unfällen haftet. Der Tourismusverband muss sich rechtlich absichern. Wenn die Haftung geklärt ist, sind wir gerne bereit, dass wir uns mit den Nutzergruppen zusammensetzen und an einer Lösung arbeiten.“

ÖAV: „Nicht allein von Haftung abhängig machen“

Harald Wieser vom Alpenverein betont, allein von der Haftungsfrage dürfe ein guter Kompromiss auch nicht abhängig sein: „In der heutigen Zeit scheinen Haftung und Schadensfälle oft die wichtigsten Themen zu sein. Das sind sie aber nicht, wenn es ums Gemeinwohl geht. Diese Themen fördern natürlich auch diese Verbotskultur, die vielerorts um sich greift. Man macht es sich damit leicht. Dabei wäre es wichtig, dass sich in der Natur und im Gebirge jeder respektvoll bewegen kann. Dass sich jeder erholen kann auf seine Art und Weise. Das geht über Abmachungen und nicht über Verbote. Weil über Verbote fördere ich nur Streitigkeiten und Konflikte. Und ich führe keine Lösung herbei.“

Wie es momentan aussieht, dürfte der runde Tisch zum Thema Glasenbachklamm bald gegründet werden.

ORF-Lokalaugenschein am Freitagabend

Die Wanderer Stefan und Christoph – dieser mit seiner kleinen Tochter Katharina auf dem Arm – sind am Freitag nach dem schweren Regen auch unterwegs. Ihre Familiennamen wollen sie hier nicht lesen. Die beiden Hunde gehen brav mit an der Leine durch die Klamm. Die Männer sind auch Mountainbiker, wenn es nicht so nass ist: „Wir finden die Idee ziemlich gut, wenn als Kompromiss hier eine Einbahnlösung kommen könnte. Eine Freigabe für Radler bergauf wäre fair und sinnvoll. Dann wären auch die Wanderer geschützt vor Rasern.“

Ingenieur aus den USA: „Hier noch nie Probleme gehabt“

Wenig später trifft der Reporter beim ORF-Lokalaugenschein einen augenscheinlich ziemlich fitten Wanderer, der von der Vorderfager durch die Klamm talwärts nach Elsbethen geht. Dort wohne er auch, sagt Mark, ein Computer-Ingenieur aus den USA. Woher genau? Aus Lake Tahoe im nördlichen Kalifornien, sagt er: „Eine wunderbare Berglandschaft wie hier.“

Der Mann aus Übersee verbringt mit seiner Familie gerade ein halbes Jahr in Österreich, weil seine Frau aus Salzburg stammt und die Töchter gut Deutsch lernen wollen.

Wanderer in der Glasenbachklamm . In Elsbethen im Südosten der Stadt Salzburg (Flachgau) gibt es heftige Diskussionen über den Wanderweg durch die Glasenbachklamm. Mountainbiker sollen hier künftig ausgesperrt werden – nachdem sie über Jahrzehnte frei fahren durften. Grund seien einzelne Radler, heißt es, die offenbar viel zu schnell zwischen Wanderern unterwegs waren.
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Salzburger Wanderer Stefan und Christoph mit der kleinen Katharina. Die Männer sind an anderen Tagen auch Mountainbiker und befürworten eine für die meisten tragbare Lösung. Ein Fahrrad-Verbot finden sie alles andere als fair.

Ich frage den großgewachsenen Mark aus Amerika, ob ihn Mountainbiker in der Glasenbachklamm stören? Er lacht: „What? I have never had any problems.“ Er habe seine fixe Trainingsrunde via Schloss Aigen auf den Salzburger Gaisberg und durch die Klamm zurück nach Elsbethen. Sicher hundert Mal sei er sie nun schon gegangen: „Kein einziges Mal gab es Probleme mit Radlern, obwohl ich immer welche treffe.“ Mark ist erstaunt, als ich ihm erzähle, das ein Verbot debattiert wird bzw. die Tafeln schon montiert sind.

Lautstarke Streitereien

Obwohl ich mich bemühe, sind am Freitag in der Glasenbachklamm keine Wanderer oder Spaziergänger zu finden, die strikt gegen Radler wären und deren Aussperrung befürworten würden. Allerdings kein Wunder bei der Nässe und den wenigen Passanten. Die harten Gegner existieren aber in der Landeshauptstadt und in ihrem Umland, und nicht wenige – nicht selten ältere Semester, die sich vor Unfällen fürchten. Vor drei Wochen wurden wir Augen- und Ohrenzeugen, als Salzburger Senioren nicht gerade sanft mit einem Biker kommunizierten, der langsam und bergauf fuhr. Das Paar rief ihm verschiedene „Freundlichkeiten“ hinterher. Der Radler stoppte, versuchte zu argumentieren, blieb aber angesichts der Lautstärke eher chancenlos.

Gerald Lehner, salzburg.ORF.at

Samstag, 16. Mai 2020: Bericht in ORF Radio Salzburg