Gericht

Sozialbetrugs-Prozess: Paar freigesprochen

Ein türkisches Paar soll 156.000 Euro an Sozialleistungen erschlichen haben. Sie sind am Landesgericht Salzburg am Dienstag vom Vorwurf der unrechtmäßigen Inanspruchnahme von Sozialleistungen freigesprochen worden.

Das Ehepaar mit türkischer Staatsbürgerschaft ist im Jahr 2015 mit zwei Kindern nach Österreich geflohen. Dem Mann (40) und seiner Frau (30) war sowohl im ersten Verfahren wie auch am Dienstag zur Last gelegt worden, sich beim Stellen des Asylantrags als syrische Staatsbürger ausgegeben zu haben.

Laut Staatsanwaltschaft sollen die beiden Kurden damit bezweckt haben, vollen Zugang zu den Sozialleistungen des Landes zu bekommen. Das im Pinzgau gut integrierte Ehepaar soll so für sich und seine Kinder – ein drittes kam in Österreich zur Welt – zwischen Oktober 2015 und Juni 2019 rund 156.000 Euro an Leistungen erschlichen haben. Dabei handelt es sich etwa um Mittel für Unterbringung, Verpflegung, Taschengeld und Betreuungsleistungen.

Prozess neu aufgerollt

Im ersten Prozess am 9. August 2019 wurden der Mann und die Frau deshalb zu jeweils sechs Monaten bedingter Haft verurteilt. Der Oberste Gerichtshof hob das Urteil allerdings im Oktober wieder auf. Es sei, so hieß es sinngemäß, nicht geprüft worden, ob das Paar tatsächlich durch seine falschen und unvollständigen Angaben Sozialleistungen erschlichen hat. Möglicherweise hätte auch bei wahrheitsgemäßen Angaben ein Rechtsanspruch auf die Grundversorgung des Landes Salzburg bestanden. Der Prozess wurde darum neu aufgerollt.

Eheleute hätten Leistungen ohnehin erhalten

Wie die neue Richterin Martina Pfarrkirchner im Verfahren am Dienstag klar festhielt, wäre das Ehepaar auch dann von Beginn an in die Grundversorgung gefallen, hätte es sich der Wahrheit entsprechend als Flüchtlinge aus der Türkei ausgegeben. „Eine Erschleichung liegt nicht vor“, begründete sie den Freispruch – und verwies etwaige Ansprüche auf Rückzahlung der Gelder auf den Zivilrechtsweg.

Die Verteidigerin der Familie, die Wiener Rechtsanwältin Julia Kolda sagte: "Meine Mandaten haben ja auch nicht gesagt, sie wollen Asyl weil sie Syrer sind. Es gab vielmehr persönliche Fluchtgründe“. Das Feststehen der Identität oder der Staatsbürgerschaft eines Flüchtlings sei zudem keine Voraussetzung für die Einleitung eines Asylverfahrens. Schlepper hätten der Familie nahegelegt, sich als Syrer auszugeben. Ihr Mann hatte zudem immer betont, gebürtiger Syrer zu sein, der beide Staatsbürgerschaften besitze, sagt die Ehefrau zu den Vorwürfen. Das Urteil vom Dienstag ist noch nicht rechtskräftig. Einen Schuldspruch in einem ersten Prozess hatte der OGH im Herbst aufgehoben.

Zukunft der Familie dennoch unklar

Trotz des heute erfolgten Freispruchs ist unklar, wie es mit der Familie weitergeht. Das Asylverfahren des Ehepaars und der Kinder endete in zweiter Instanz mit einem negativen Bescheid. Gegen die Entscheidungen läuft derzeit die Beschwerde beim Bundesverwaltungsgericht. Weil eine aufschiebende Wirkung zuerkannt wurde, ist die gut integrierte Familie zumindest derzeit vor einer Abschiebung sicher.