Finger eines Mannes und einer Frau ziehen Eheringe auseinander
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Chronik

Kein Verschulden bei Scheidungen: Anwälte skeptisch

Die von der türkis-grünen Regierung angestrebte Abschaffung des Verschuldensprinzips bei Scheidungen sorgt bei Anwälten für Skepsis. Denn dadurch könnte die Kosten beim Streit um Unterhaltszahlungen stark steigen.

Österreichweit werden mehr als 40 Prozent der Ehen geschieden, die meisten in Wien. In Salzburg endet gut ein Drittel der Ehen mit Scheidung – die drittletzte Stelle im Österreich-Vergleich. Beinahe alle Scheidungen sind einvernehmlich – dabei vereinbaren die Ex-Partner, wer wem wieviel Unterhalt zahlt.

Gerichtsstreit um Unterhalt bei jeder zehnten Scheidung

Bei jeder zehnten Scheidung wird allerdings um das Verschulden gestritten. Mögliche Gründe dafür seien „neben dem Seitensprung Gewalt in der Ehe“, sagt die Salzburger Scheidungsanwältin Hanna Spielbüchler. „Dazu noch sonstiges anhaltendes unleidliches Verhalten, Verletzung der Beistandspflicht – zum Beispiel aber auch die grundlose andauernde sexuelle Verweigerung.“

Vom Verschulden hängt unter anderem die Frage des Unterhalts ab: „Der überwiegend schuldige Teil ist dem minderschuldigen Teil gegenüber unterhaltspflichtig. Die eheliche finanzielle Beistandspflicht endet nicht mit der Scheidung, sondern wirkt weiter.“

Scheidungsreform: Anwälte skeptisch

Die geplante Scheidungsreform mit der Abschaffung des Verschuldensprinzips macht Salzburger Anwälte skeptisch. Dadurch drohten wesentlich Anwaltskosten, sagen sie.

Höherer Streitwert bringt wesentlich höher Kosten

Wenn aber das Verschuldensprinzip wegfällt – wie es die neue Bundesregierung plant –, wären die Unterhaltsansprüche schwieriger zu regeln. Dazu brauche es dann ein eigenes Verfahren. Davon würden zwar die Anwälte profitieren, den Klienten bringe das aber finanzielle Nachteile, weiß Scheidungsanwalt Raimund Danner: „Wenn es tarifmäßig so bleibt wie jetzt, dann ist das für die Anwälte eine bessere Einkommensquelle, weil der Streitwert wesentlich höher ist als im Scheidungsverfahren, wo er derzeit mit 4.360 Euro reglementiert ist. Beim Unterhalt ist die Bemessungsgrundlage dagegen wesentlich höher.“

Grafik: Kosten in einem Unterhaltsverfahren. Derzeit ist der Streitwert mit 4.360 Euro begrenzt, was 250 Euro Honorar pro Anwaltsstunde bedeutet. Künftig könnten bei einem Streitwert von 50.000 Euro bis zu 1.500 Euro Anwaltshonorar pro Stunde anfallen.
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Ein Zusatzverfahren für den Unterhalt nach einer Scheidung bringt potenziell wesentlich höhere Anwaltskosten

Bei einem Streitwert von 4.360 Euro für das Scheidungsverfahren kostet die Anwaltsstunde in etwa 250 Euro. Bei einem Streitwert von geschätzten 50.000 Euro in einem Unterhaltsverfahren kostet die Anwaltsstunde gleich einmal 1.500 Euro – und die muss ja einer der Betroffenen zahlen.