Bilanzpressekonferenz des Österreichischen Alpenvereins in Salzburg
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Chronik

Alpenverein gegen Skigebietserweiterungen

Der Österreichische Alpenverein ist im vergangenen Jahr kräftig gewachsen. Und durch die zusätzlichen Mitglieder sieht sich die Führung darin bestärkt, weiter gegen Skigebietserweiterungen wie im Pitz- und Ötztal in Tirol und im Salzburger Pinzgau aufzutreten.

Der Österreichische Alpenverein (ÖAV) hatte noch nie so viele Mitglieder wie jetzt. Aktuell sind über 598.000 Personen beim Alpenverein, in Salzburg sind es mehr als 50.000 – auch das ist ein Höchststand. Gründe dafür gebe es viele, hieß es am Mittwoch bei einem Bilanzpressegespräch in Salzburg. Einer davon sei, dass alpine Sportarten und Bewegung in den Bergen seit Jahren im Trend liegen. Ein weiterer Grund sei es, dass sich der Alpenverein als Anwalt der Alpen einsetze und sehe – betonte Vereinspräsident Andreas Ermacora.

„Massive Erschließungen hintanhalten“

Ermacora zeigte sich hoffnungsvoll, dass in den anhängigen Verfahren gegen die Erschließungsprojekte entschieden wird. Ermacora ortete ein Umdenken seitens der Politik und Bevölkerung beim Thema Natur- und Umweltschutz. „Der Alpenverein setzt sich weiter dafür ein, massive Erschließungen wie in Tirol hintanzuhalten.“

Mitgliederrekord beim Alpenverein

Der Österreichische Alpenverein hatte noch nie so viele Mitglieder wie jetzt, nämlich knapp 600.000. In Salzburg sind es mehr als 50.000 – auch das ist Höchststand.

Hochsonnberg: Hoffen auf Einlenken der Betreiber

Was das geplante Projekt Hochsonnberg im Pinzgau betrifft – die Erweiterung des Skigebiets auf der Schmittenhöhe bei Zell am See in Richtung Piesendorf –, hofft Ermacora auf einen „Rückzieher der Betreiber“. Der Verwaltungsgerichtshof (VwGH) hob im Dezember 2019 die UVP-Genehmigung auf. Und Ermarcora ist erfreut, dass jetzt „die Abwägung des öffentlichen Interesses zum Naturschutzinteresse ganz strikt vorzunehmen ist. Und ich habe irgendwie das Gefühl, dass sich nicht nur die Bevölkerung mehr in in Richtung Natur bewegt, sondern dass auch die Rechtssprechung in diese Richtung geht.“

Wenn nicht nachgewiesen werden könne, dass das Skigebiet ohne diese Verbindung nicht mehr existieren kann, sei das öffentliche Interesse nicht gegeben, erläuterte Ermacora die VwGH-Entscheidung. „Wir gehen davon aus, dass dies auch beim Projekt Pitztal-Ötztal in eine ähnliche Richtung gehen wird.“ Die Betreiber der Skigebietserweiterung von der Schmittenhöhe Richtung Piesendorf sind da anderer Meinung – das letzte Wort dürfte das Bundesverwaltungsgericht haben.

598.757 Mitglieder

Mit Stichtag 31. Dezember 2019 zählte der Alpenverein insgesamt 598.757 Mitglieder, 4,5 Prozent mehr als im Jahr davor. 29 Prozent der Mitglieder sind jünger als 30 Jahre, das Durchschnittsalter beträgt 42,8 Jahre. Der Frauenanteil liegt bei 44,6 Prozent. In den vergangenen zehn Jahren sind 220.000 Mitglieder dazugekommen. Rund 25.000 Mitglieder sind aktuell für den Verein ehrenamtlich tätig.

Verein sieht sich als „Anwalt der Alpen“

Der Erhalt der Bergwelt sei in den vergangenen Jahren immer wichtiger geworden, das sehe man auch an dem stetigen Zuwachs der Alpenvereinsmitglieder. „Sie geben uns eine starke Stimme und unterstützen uns, unserem Ruf als ‚Anwalt der Alpen‘ gerecht zu werden.“ Der Alpenverein sei kein Verhinderer, sondern er werde seinem Satzungsauftrag gerecht: die Natur zu erhalten. „Wenn sie verbaut ist, ist sie immer verbaut“, gab der ÖAV-Präsident zu bedenken. Wesentliches Vereinsziel sei die Verbesserung der Qualität der Ausbildungen in den Sektionen, der Hüttenstandards und Wege sowie ein moderates Wachstum und die Förderung des sanften Tourismus wie Bergsteigerdörfer als Gegensatz zu Tourismushochburgen.

Unterstützung für Skitourenberge in Gaißau

Nach dem Motto „weniger ist manchmal mehr“ unterstützt der Alpenverein auch das Vorhaben „Skitourenparadies Gaißau“, wo seit zwei Jahren die Lifte wegen wirtschaftlicher Probleme still stehen. In einer gemeinsamen Initiative mit der Gemeinde Krispl (Tennengau), dem Land Salzburg, den Österreichischen Bundesforsten und dem örtlichen Tourismusverband könnten dort Skitourengeher und Winterwanderer auf den ehemaligen Pisten jetzt ihrer Leidenschaft nachgehen. Der Alpenverein leistete zur Beschilderung der Touren einen finanziellen Beitrag. Die Benützung der Parkplätze ist kostenpflichtig, die Skihütten sind geöffnet.

Auch in aufgelassenen Tiroler Skigebieten wie am Sattelberg, die nun von Tourengehern bevölkert werden, sei die Resonanz der Hüttenwirte gut, sagte Ermacora. Roland Kals, Vorsitzender der Alpenvereins-Sektion Salzburg, sieht hier eine Alternative zum klassischen Alpinskifahren. Als Dienstleistung könnte im „Skitourenparadies Gaißau“ noch ein Alpinskikindergarten angeboten werden, in dem die Kinder betreut werden, während die Eltern eine Skitour gehen, schlug er vor.

Langjährige Förderungen für Wegesanierung gefordert

Trotz der enormen Mitgliedergröße des Alpenverein bleibt die Finanzierung der Wege- und Hüttensanierung weiter schwierig: Zehn Millionen Euro gibt der Alpenverein dafür jährlich aus, ein Drittel sind Förderungen des Bundes. Für die müsse aber Jahr für Jahr angesucht werden. Das solle sich durch eine langjährige Fördervereinbarung ändern, wünscht sich Ermacora. Denn der Klimawandel mache die Arbeiten immer aufwändiger und teurer: „Die Wege vermuren, sind von Steinschlag betroffen oder müssen in sicherere Gebiete verlegt werden. Das kostet natürlich auch immer mehr Geld.“

Der Alpenverein betreut 231 Hütten und rund 26.000 Kilometer Bergwege und „trägt damit viel zum wanderbaren Österreich bei“, sagte Ermacora. „Wenn es die alpinen Vereine nicht mehr gebe, würde es das wanderbare Österreich nur mehr im Tal geben, weil die Bergwege nicht mehr erhalten werden. Das ist ein wesentlicher Wirtschaftsfaktor vor allem im Sommertourismus.“

Bedeckt gab man sich nur bezüglich der Nachfolge der Salzburger Alpenvereins-Landesvorsitzenden Brigitte Slupetzky, die sich nach 15 Jahren aus dieser Funktion zurückzieht. Dem Vernehmen nach ist die Nachfolge bereits geregelt, die betreffende Person ist demnach eine Juristin, die Wahl ist für Ende März angesetzt.