Landesgericht Salzburg
ORF.at/Georg Hummer
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Gericht

Zellerin erschossen: Zehn und zwölf Jahre Haft

Für den Mord an einer Frau in Zell am See (Pinzgau) sind Donnerstagabend zwei junge Pinzgauer zu Haftstrafen verurteilt worden. Der 18-jährige Hauptangeklagte erhielt wegen Mordes zehn Jahre unbedingte Haft, der 20-jährige Zweitangeklagte wegen Beitrags zum Mord zwölf Jahre unbedingt.

Der Haupttäter hatte nach eigenen Angaben die Schüsse abgegeben und den Mord bisher zugegeben, aber kein Motiv genannt. Es könnte die Retourkutsche gewesen sein, dass sein Name von der jungen Frau als Drogenabnehmer genannt worden war. Und der 20-Jährige hatte den Erstangeklagten laut Staatsanwaltschaft zu den Schüssen gezwungen, aber stets jede Beteiligung abgestritten.

Gericht verfügt Einweisung in Anstalt für beide

„Die Urteile sind nicht rechtskräftig“, teilte Gerichtssprecher Peter Egger mit. Das Schwurgericht gab dem Antrag der Staatsanwaltschaft auf Einweisung der bisher unbescholtenen Burschen in eine Anstalt für zurechnungsfähige, aber geistig abnorme Rechtsbrecher statt.

Der geständige Erstangeklagte wurde auch wegen Vergehen nach dem Waffengesetz verurteilt, aber von dem Vorwurf der gefährlichen Drohung freigesprochen. Der nicht geständige Zweitangeklagte wurde ebenfalls wegen Vergehen nach dem Waffengesetz und auch wegen versuchter Bestimmung zu einem Raubmord schuldig gesprochen. Der Strafrahmen reichte von einem Jahr bis zu 15 Jahren Haft.

Prozessverlauf

Ein Zeuge, der Donnerstagnachmittag auf Antrag des Verteidigers des 19-jährigen Zweitangeklagten befragt wurde, hat diesen – entegegen der Annahme seines Verteidigers – belastet. Ursprünglich hatte der Verteidiger diesen Antrag gestellt, weil er davon ausgegangen war, dass er seinen Mandanten entlasten werde.

Der 29-jährige Zeuge schilderte, dass ihm der 18-jährige Erstangeklagte, der wegen Mordes an der Verkäuferin beschuldigt wird, in der Haftanstalt erzählt habe, dass ihn der Zweitangeklagte zur Tat gedrängt habe. Er habe in der Justizanstalt auch mit dem Zweitangeklagten geredet, sagte der Ex-Häftling. Dieser habe zu ihm gesagt, die Angaben des Erstangeklagten würden nicht stimmen.

Zweitangeklagter beteuerte seine Unschuld

Auch in seinen Schlussworten beteuerte der Zweitangeklagte – sehr emotional – seine Unschuld. „Der da hinten lügt, weil es wurscht ist“, sagte er in Richtung des Erstangeklagten und brach in Tränen aus. „Ich habe von Anfang an die Wahrheit gesagt, da geht es um mein Leben“, wies er „Spekulationen“ zurück, wonach er einen Beitrag zum Mord geleistet oder den Erstangeklagten dazu angestiftet habe. „Sag bitte die Wahrheit“, flehte er noch seinen ehemaligen Freund an.

Der Verteidiger des Zweitangeklagten, Robert Morianz, hatte zuvor gemeint, „der wahre Auftragskiller läuft noch draußen herum“. Diese Person komme vermutlich aus dem Drogenmilieu. Der Erstangeklagte hatte in dem Verfahren gestanden, dass er die Verkäuferin erschossen hat. Ein Motiv nannte er nicht. Ein Urteil der Geschworenen wirdfür den späten Abend erwartet.

Prozess um getötete Zellerin: Urteil erwartet

Im Prozess um eine erschossene 20-Jährige aus Zell am See (Pinzgau) wird für den späten Donnerstagabend das Urteil erwartet. Die Schlussphase des Prozesses verlief Donnerstagnachmittag äußerst emotional.

Verteidiger des Erstangeklagten bittet um milde Strafe

Der Verteidiger des Erstangeklagten hat am Mittwoch in seinem Plädoyer das Gericht um eine milde Strafe für seinen Mandanten gebeten. „Er hat reinen Tisch gemacht und zur Wahrheitsfindung beigetragen“, sagte Michael Ringel. Der Verteidiger des Zweitangeklagten, Robert Morianz, zeigte sich hingegen überzeugt, dass der Erstangeklagte die Schuld an dem Tod der Verkäuferin seinem Freund aufladen wolle.

Der 18-jährige Erstangeklagte habe nach Tötung der 20-Jährigen deshalb einen Amoklauf im Internet angekündigt, weil er den Druck nicht mehr ausgehalten habe. „Er hat seine Verhaftung herbeigeführt“, sagte Rechtsanwalt Ringel. „Er war umfassend geständig und hat mitgewirkt, dass man das Verbrechen aufdeckt.“ Im Gegensatz dazu seien die Angaben des Zweiangeklagten „geprägt von Verheimlichungen und Verstecken“. Dieser habe sich in dem Verfahren bemüht, „dass nicht die Wahrheit ans Licht kommt“. „Seine Verantwortung hat einen fahlen Beigeschmack“, befand Ringel.

Verteidiger: Mandant „herabgesetzt schuldfähig“

Ringel gab außerdem zu bedenken, dass sein Mandant in einem Abhängigkeitsverhältnis zu dem Zweitangeklagten gestanden und er dem neuropsychiatrischen Gutachten zufolge „herabgesetzt schuldfähig“ sei. Was die vorgeworfene Drohung gegenüber einem Mithäftling betrifft, so forderte Ringel einen Freispruch. Er sprach von einem üblichen, rauen Umgangston im Gefängnis.

Der Verteidiger des Zweitangeklagten kritisierte den Staatsanwalt: Dieser habe in seinem „einseitigen“ Plädoyer nur belastendes Material gegen seinen Mandanten ins Treffen geführt, ihn als „Monster und Lügner“ dargestellt und erklärt, wie arm der Erstangeklagte sei, sagte Morianz. Die neuropsychiatrische Gerichtsgutachterin habe aber festgestellt, dass auch der Erstangeklagte durchaus imstande sei, diese Tat von sich aus zu begehen. Sie habe auch erwähnt, dass das Gefährliche an dem Erstangeklagten sei, sich in der Opferrolle zu sehen.

Zweitangeklagter von Freund „unter Druck gesetzt“

„Mein Mandant hat kein Motiv. Er hat keinen Tatbeitrag geleistet, er hat nicht gewusst, was der Erstangeklagte plant“, betonte Morianz. Vom Tag der Tötung an bis zur Verhaftung des Erstangeklagten sei vom Zweitangeklagten im Chatverkehr zwischen den beiden nichts Negatives gegenüber dem Erstangeklagten zu hören gewesen, obwohl der Erstangeklagte später ausgesagt habe, er sei von seinem Freund ständig unter Druck gesetzt worden. Der Erstangeklagte hätte die Tat auch nicht ausführen müssen, „er hätte die Polizei rufen können“, gab der Verteidiger zu bedenken.

Stattdessen habe der Erstangeklagte vier Mal auf die Frau geschossen. „Weil er sicher sein wollte, dass sie tot ist.“ Und anstatt davonzurennen, laufe er wieder zu seinem Freund zurück. „Wer läuft nachher zu dem ‚Bösen‘ zurück, der ihn angeblich zum Mord bestimmt hat“, fragte Morianz kopfschüttelnd in Richtung der Geschworenen. Erst nachdem der Hauptbeschuldigte in der Haft erfahren habe, dass sein Freund der Polizei erzählt hat, der Erstangeklagte habe die Tat ihm gegenüber gestanden, habe er angefangen, stückweise die Schuld auf den Zweitangeklagten abzuladen – aus Rache, weil er sich von ihm verraten gefühlt habe. Das betreffe auch die Vorwürfe bezüglich des laut Anklage geplanten Raubmordes an dem Autoverkäufer in Tirol. In Wirklichkeit sei das nur eine harmlose Probefahrt ohne einen kriminellen Hintergrund gewesen.

Letzte Worte des Opfers: „So ein Trottel“

Morianz stellte Mutmaßungen an, warum die Frau getötet wurde. Vielleicht habe der Erstangeklagte zunächst nicht vorgehabt, die 20-Jährige umzubringen, meinte der Rechtsanwalt. „Dieser Puzzlestein fehlt uns. Irgendetwas ist in ihm passiert, warum er die Verkäuferin so kalt mit vier Schüssen umgebracht hat.“ Eine Theorie sei, dass sich der Schütze von der Frau aufgrund ihrer belastenden Aussage gegen ihn in einem Drogenverfahren verraten gefühlt habe. Womöglich habe sie ihn unmittelbar vor der Tat vor ihrer Eingangstüre als Trottel bezeichnet, er sei deshalb explodiert und habe geschossen. „Nachdem die Frau angeschossen wurde, sagte sie laut Zeugen: So ein Trottel“.

Der Verteidiger redete den Geschworenen noch ins Gewissen: Im Zweifel sei sein Mandant freizusprechen. Morianz erklärte zudem, dass der Bursch in der Haftanstalt als schwer suizidgefährdet eingestuft sei.

Schlussworte des Angeklagten fielen kurz aus

Die Schlussworte der Angeklagten fielen kurz aus. Der Erstangeklagte schloss sich den Angaben seines Verteidigers an. Der Zweitangeklagte, der einen betroffenen Eindruck machte, merkte noch an, dass die Jugendgerichtshilfe nicht zu dem gleichen Ergebnis wie die neuropsychiatrische Gutachterin gekommen sei. Und er habe fünf Tabletten geschluckt, verwies er offenbar auf seinen psychisch schlechten Zustand.