Sprechstundenhilfe mit Medikamentenschachteln in Regal in Hausapotheke einer Hausarztpraxis
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Gesundheit

Wettbewerbshüter: Hausapotheke für jeden Arzt

Die Bundeswettbewerbsbehörde (BWB) empfiehlt, den Apothekenmarkt zu liberalisieren, indem Hausärzte künftig unbeschränkt Hausapotheken aufsperren können. Die Apotheker befürchten dadurch eine Verschlechterung der Medikamentenversorgung.

Derzeit dürfen Hausärzte nur eine Hausapotheke führen, wenn es im Umkreis von sechs Kilometern keine öffentliche Apotheke gibt. Die derzeitige Beschränkung aufzuheben, kommt für die Apotheker nicht in Frage: „Das sorgt natürlich für viel Unruhe, weil wir haben ein gut funktionierendes System. Wir werden in einen Konflikt hineingedrängt, wo’s eigentlich keinen Konflikt gibt“, sagt Kornelia Seiwald, Präsidentin der Salzburger Apothekerkammer.

Kammer: „Die Apotheke ist ein Nahversorger“

Die Apotheker verweisen darauf, dass sie im Gegensatz zu Ärzten selber Medikamente herstellen können und auch sonst mehr Angebot hätten als ärztliche Hausapotheken: „Es geht schon los bei den Öffnungszeiten – eine durchschnittliche Apotheke ist 50 bis 60 Stunden pro Woche für ihre Kunden da“, sagt Seiwald. „Dann natürlich das Sortiment: Wenn wir von der durchschnittlichen Apotheke ausgehen, dann hat die ungefähr 6.000 Artikel lagernd. Die Apotheke ist ein Nahversorger, die Apotheke macht Nachtdienst – bringt also sehr, sehr viele Vorteile.“

Ohne Rezept gebe es aber auch in der Apotheke kein Medikament. Und so argumentieren die Ärzte, dass die Versorgungsqualität mit einer Hausapotheke im Grunde die gleiche sei. „Den großen Vorteil, den ich als Arzt habe, ist, dass ich meine Verschreibungsform kenne und die Medikamente, die ich vorhabe zu verschreiben, die habe ich auch lagernd“, sagt Manuel Hackl, Gemeindearzt in Unken (Pinzgau). „Das heißt: Dass ein Patient weggeschickt wird und das Medikament erst am Folgetag holen muss, ist sehr selten.“

Wettbewerbsbehörde will Arzt-Hausapotheken freigeben

Hausärzte sollen künftig unbeschränkt Hausapotheken führen dürfen. Das empfiehlt jetzt die Bundeswettbewersbehörde. Die Apothekerkammer wehrt sich.

Mehr Hausapotheken von Ärzten gefährdeten die Existenz der öffentlichen Apotheken, betont Apothekerkammer-Präsidentin Seiwald: „Eine Apotheke lukriert ungefähr 70 Prozent ihres Umsatzes aus Arzneimitteln, aus ärztlichen Verordnungen. Und wenn natürlich dann ein Nebeneinander der ärztlichen Hausapotheke und der Apotheke gefordert wird, fallen für die Apotheke diese ärztlichen Verschreibungen weg. Und das würde eine Apotheke natürlich wirtschaftlich nicht durchstehen können.“

Arzt: „Verlange keinen Wochenend- und Nachtzuschlag“

Doch dort, wo eine Apotheke im ländlichen Raum wirtschaftlich ohnehin schon ums Überleben kämpfen muss, würde sich ein Arzt mit einer Hausapotheke wesentlich leichter tun, sagt Hausarzt Hackl: „Die öffentliche Apotheke hat halt fixe Öffnungszeiten, hat Nachtdienste, die sie besetzen muss. Und diese Kosten, die da entstehen, haben wir als Hausapotheker natürlich nicht. Wenn ich Bereitschaftsdienst habe, ist die Apotheke natürlich geöffnet. Wir verlangen auch keinen Wochenend- oder Nachtzuschlag.“

Mit ihrer Empfehlung, Ärzten die Hausapotheke unbeschränkt zu erlauben, hofft die Bundeswettbewerbsbehörde auch dem Ärztemangel im ländlichen Raum entgegenzuwirken. Denn eine Praxis mit Hausapotheke ist wirtschaftlich deutlich interessanter.