Strußing Alm Werfenweng
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Tourismus

Zu wenig Hüttenwirte: Notlösungen gesucht

Bundesweit fehlen immer mehr Hüttenwirte in Lift- und Skigebieten – aber auch als Pächter bei Bergsteigervereinen. In Salzburg gilt Werfenweng (Pongau) mit Strußing-Alm und Proksch-Haus bei diesem Thema als Krisengebiet.

In Werfenweng bangen Seilbahn-Manager um die Versorgung der Wintergäste. Zwei von vier privat betriebenen Skihütten im Skigebiet geschlossen, zu wenig Essen, zu wenig heiße Getränke für mehrere tausend Gäste – dieses Szenario ist für Betriebsleiter Peter Wettengl von den Bergbahnen in Werfenweng wenige Wochen vor Saisonbeginn ein böser Traum, der nun Realität werden könnte: „Eine Katastrophe! Es schaut nicht danach aus, dass wir heuer diese Betriebe noch zum Aufsperren bringen.“

Fixpacht oder Umsatzpacht?

Seilbahn-Manager Wettengl ergänzt, die Salzburger Naturfreunde hätten für ihr Proksch-Haus bisher eine Jahrespacht verlangt, die vielen Wirten zu hoch sei. Das wisse er aus Gesprächen mit Interessenten. Geschäftsführer Helmut Schwarzenberger von den Naturfreunden sagt dazu, man habe die Forderungen nun zurückgeschraubt – vom fixen Betrag zur Umsatzbeteiligung: „Möglichen Pächtern sind wir so weit entgegengekommen, dass wir die Forderungen dahingehend aussetzen und über den Winter jetzt rein auf Umsatzpacht gehen würden. Damit sie hier keinen Druck haben.“

Das heißt, ein möglicher Wirt müsste keinen Fixbetrag als Pacht bezahlen – unabhängig, ob sein Geschäft gut läuft oder nicht. Die Naturfreunde würden anteilsmäßig am realen Umsatz beteiligt sein.

Anton-Proksch-Haus Werfenweng
Naturfreunde
Proksch-Haus bei Werfenweng

„Kaum Bedienungspersonal zu bekommen“

Der Geschäftsführer der Salzburger Naturfreunde sieht – trotz dieser Schritte – keine Chance mehr, dass das Proksch-Haus heuer noch aufsperren könnte: „Das Jahr ist zu weit fortgeschritten, wir müssen die Hütte jetzt winterfest machen.“ Die letzten beiden Pacht-Kandidaten seien abgesprungen, weil sie auf dem Arbeitsmarkt viel zu wenig Personal für Küche, Bedienung und Zimmer finden würden, so Schwarzenberger.

Bei den Werfenwenger Bergbahnen heißt es dagegen, beim Proksch-Haus sei eine Fixpacht besser als Umsatzpacht: „Diese Skihütte steht sehr günstig. Wir haben alle bisherigen Wirtsleute logistisch stark unterstützt, zum Beispiel beim kostenlosen Gepäcktransport für Übernachtungsgäste und Schulskikurse. Das dient uns allen in der Region. Mit dieser Hütte wäre immer ein guter Verdienst möglich, wenn die Naturfreunde als Besitzer gute Rahmenbedingungen bieten“, so Seilbahn-Manager Wettengl.

Peter Wettengl von den Bergbahnen Werfenweng bei Übung mit der Bergrettung Bischofshofen
ORF/Gerald Lehner
Werfenwenger Seilbahnchef Wettengl, Vierter von links, bei Übungsbesprechung mit Bergrettern aus Bischofshofen (Pongau) und seinen Mitarbeitern.

„Profis wichtig, statt Romantikern“

Die Sektion Salzburg-Stadt des Österreichischen Alpenvereins (ÖAV) hat dagegen für ihre Hackel-Hütte im nahen Tennengebirge bei Werfenweng schon im Oktober neue Pächter gefunden – ein junges Paar aus der Region. Gerd Frühwirth von der ÖAV-Sektion Salzburg betont, möglichst detailierte Ausschreibungen bei der Suche nach Wirtsleuten sei ein Schlüssel zum Erfolg. Dadurch kämen Profis zum Zug und keine Romantiker: „Wir hatten 25 Bewerber. Sechs wurden zu Gesprächen eingeladen.“

Dazu komme, dass eine Schutzhütte für Bergsteiger außerhalb von Skigebieten – wie die Hackel-Hütte – auch deutlich weniger Personal brauche: „Probleme gibt es bei klassischen Skihütten in Liftgebieten. Deren Betrieb braucht viel mehr Personal. Und das ist derzeit in vielen Regionen schwer zu bekommen“, so der Mann vom Alpenverein.

Hackelhütte Hackel Hütte Werfenweng Tennengebirge Alpenverein Alpenvereinshütte Bergsteigen Alpinismus Hütten Hüttenwesen
Flugbild: Gerald Lehner
Heinrich-Hackel-Hütte des Alpenvereins, Sektion Salzburg-Stadt, eine wichtige Basis für Hochtouren im Tennengebirge.

Längeres Interview mit Gerd Frühwirth

Der Bankmanager ist ein sehr erfahrener Allround-Alpinist, Winterbergsteiger und im Ehrenamt stellvertretender Vorsitzender der Alpenvereinssektion Salzburg-Stadt. Diese besitzt im Hochgebirge insgesamt vier Schutzhütten. Erste Frage: Gibt es zu viele Romantiker, die heute Hüttenwirte werden wollen?

Strußing Alm Werfenweng
Bergbahnen Werfenweng
Die (außerhalb des alpinen Vereinslebens) in Privatbesitz stehende Strußing-Alm mit dem Tennengebirge

Bergbahnen peilen Notlösung an

Die Werfenwenger Bergbahnen wollen nun in Eigenregie für den kommenden Winter bei Strußing-Alm und Proksch-Haus eine für Gäste komfortable Notlösung einrichten – bis für beide Skihütten neue Pächter gefunden sind, sagt Betriebsleiter Wettengl. Dem Vernehmen nach wird die Strußing-Alm – die von den privaten Besitzern auch zum Verkauf angeboten wird – mit einem Übergangsteam aufgesperrt. Beim geschlossenen Proksch-Haus der Naturfreunde könnte ein großer Schirm zum Einsatz kommen, der gegen Wind und Wetter geschützt ist und mit Bar samt improvisierter Küche einige Annehmlichkeiten biete.

Osttiroler Experte gründet Beratung

Es wird bundesweit immer schwieriger, geeignete Betreiber für Berg- und Skihütten zu finden. Nun will Georg Oberlohr sein Fachwissen als langjähriger Hüttenwirt einbringen. Der Osttiroler hilft als Berater bei der Suche nach tragfähigen Lösungen für Gäste, Hüttenbesitzer und künftige Pächter. Viele Interessenten hätten zu romantische Vorstellungen vom Leben und Arbeiten in den Bergen – mehr dazu in kaernten.ORF.at (5.11.2019)

Gerald Lehner, salzburg.ORF.at

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