Heinz Schaden mit ORF Mikrofon
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Politik

„Unrühmliches Ende eines streitbaren Sachpolitikers“

Unter diesem Titel hat die Austria Presse Agentur (APA) am Mittwochvormittag nach der Urteilsverkündung des Obersten Gerichtshofes in Wien diese Bilanz über die politische Arbeit des Salzburger Ex-Bürgermeisters Heinz Schaden (SPÖ) veröffentlicht.

Den Schlusspunkt seines Wirkens in der Politik hat sich Salzburgs Ex-Bürgermeister Heinz Schaden (SPÖ) sicher anders vorgestellt. Der Schuldspruch gegen den vor zwei Jahren zurückgetreten Stadtchef ist heute vom OGH bestätigt worden. Damit steht der Mann, der die Mozartstadt in seinen 25 Jahren Kommunalpolitik entschuldet hat, persönlich vor einem Trümmerhaufen.

Vermutlich elektronischer Hausarrest

Auch wenn er erst kürzlich in Interviews betont hat, dass ihm der Zuspruch und die Solidarität sehr vieler Menschen Kraft gebe, kommt keine leichte Zeit auf Heinz Schaden zu: ein Jahr Haft, die er vermutlich im elektronischen Hausarrest verbringen kann, und dann die große Frage nach seiner finanziellen Zukunft. Denn mit dem Urteil dürfte er seine Polit-Pension verliefen, auch die ASVG-Rente könnte auf das Existenzminimum gekürzt werden. Morgen berät das erweiterte Stadtratskollegium über die Rückzahlung der angefallenen Anwalts- und Verfahrenskosten in der Höhe von rund 1,3 Millionen Euro.

Anwaltskosten: Droht ihm der Bankrott?

Mit 18 Jahren Amtszeit war Heinz Schaden der am zweitlängsten amtierende Bürgermeister in der Geschichte der Stadt – und ein gleichsam geschätzter wie umstrittener Kopf. Schaden gehörte zum kleinen Kreis von Bürgermeistern, die in ganz Österreich wahrgenommen wurden: Sein langjähriges Wirken im Kuratorium der Festspiele, sein Bemühen um Olympische Winterspiele trotz persönlicher Vorbehalte, seine Tätigkeit als Vizepräsident des Städtebundes und vor allem seine wiederholten Zwischenrufe in der heimischen Innenpolitik haben ihn zur bekannten Persönlichkeit werden lassen.

„Ein sturer Hund, aber total verlässlich“

Nicht bloß einmal scherte er aus der Parteilinie aus, etwa vor der Nationalratswahl 2008, als die Bundes-SPÖ einen EU-kritischeren Kurs einschlug, oder in der Eurofighter-Frage, in der Schaden den Ankauf von Abfangjägern als Notwendigkeit sah. Und Anfang 2017 appellierte er entgegen der früheren Parteilinie, man möge das Anti-CETA/TTIP-Volksbegehren ja nicht unterschreiben. Schaden hatte stets Meinung, stand auch bei Gegenwind hinter dieser und ging Konflikten nicht aus dem Weg. Der Slogan auf den Wahlplakaten 2014 – „Ein sturer Hund, aber total verlässlich“ – traf durchaus die Realität, die Eigenschaft Schadens wurde aber nicht immer nur geschätzt: Kritiker bezeichneten ihn mehrmals als Dickschädel, Egomanen oder als beratungsresistent.

Mit Polizeigewalt aus Jet verwiesen

Auch abseits der Tagespolitik sorgte Schaden immer wieder für Schlagzeilen. Nach einem kurzen verbalen Streit mit einer Stewardess hatte ihn die Besatzung einer „Ryan Air“-Maschine 2006 in Salzburg von der Polizei aus dem Flugzeug führen lassen. Schaden war auch an Bord des im Jänner 2012 verunglückten Kreuzfahrtschiffs Costa Concordia und entging im März 2016 mit seiner Frau in Istanbul offenbar nur knapp einem nahe verübten Bomben-Anschlag.

Heinz Schaden wurde am 29. April 1954 in Graz geboren. Schon während der Schulzeit war er als AHS-Landesschulsprecher politisch aktiv, später als Studienrichtungsvertreter an der Universität Salzburg. Nach seiner Promotion im Fach Wirtschaftsgeschichte 1981 leistete er seinen Zivildienst bei der Bewährungshilfe. 1985 absolvierte Schaden die Diplomatische Akademie in Wien und trat danach als Kabinettschef für Wohnbau in den Dienst des Bauten-Ministeriums. Zwei Jahre später übernahm er die Medienabteilung der Salzburger Arbeiterkammer, ehe er überraschend in die Stadtpolitik wechselte.

Sein Aufstieg zum Vizebürgermeister kam über Nacht und völlig unerwartet: Denn mit Listenplatz 26 war für den AK-Pressesprecher 1992 ein Einzug in den Gemeinderat eigentlich ausgeschlossen. Doch der Urnengang endete mit einem Fiasko für die SPÖ. Nach zähem Ringen räumte der damalige Bürgermeister Harald Lettner das Feld, und die Partei hievte Schaden ganz nach oben. Zum Stadtchef reichte es vorerst allerdings nicht, weil sich im Gemeinderat eine Mehrheit für den ÖVP-Kandidaten Josef Dechant fand.

Salzburger SPÖ als One-Man-Show

Die kommunalpolitische Sozialisation erfolgte in der vielleicht spannendsten Periode des Salzburger Gemeinderates, als brillante Rhetoriker um laufend wechselnde Mehrheiten kämpften. Beharrlich ging der kulturbeflissene Neo-Politiker seinen Weg der Sachpolitik, als Medienprofi setzte Schaden vom ersten Tag an auf eine möglichst gute Zusammenarbeit mit Journalisten. 1999 machte sich das bezahlt: In der Stichwahl eroberte der Sozialdemokrat den Salzburger Bürgermeistersessel für seine Partei zurück.

Nach und nach entwickelte sich die Salzburger SPÖ zur One-Man-Show. Nur eine Meinung war nach außen zu hören, ohne Heinz Schaden ging gar nichts. Er gewann die Wahlen 2004, 2009 und 2014 – kaum ein Genosse konnte sich in diesen Jahren aus dem Schatten des Bürgermeisters lösen. Erst nachdem Schaden vor fünf Jahren ankündigte, den Sessel spätestens mit Ende der Legislaturperiode 2019 zu räumen, durfte zunächst ein SPÖ-Trio, schließlich der Wunsch-Nachfolgekandidat, Klubchef Bernhard Auinger, vor den Vorhang. Die Verurteilung in erster Instanz durchkreuzte die Pläne: Schaden legte am 20. September 2017 sein Amt nieder, in der folgenden Neuwahl verlor die SPÖ den Bürgermeistersessel an die ÖVP.

Sparmeister

Einen Erfolg kann Schaden niemand absprechen: Er hat in seiner Amtszeit die Stadt nachhaltig finanziell konsolidiert. Kaum eine Stadt steht heute wirtschaftlich so solide da. Dass der Bürgermeister im Bemühen um eine gute Finanzlage auch die Übertragung der giftigen SWAP-Papiere an das Land veranlasst haben soll und die finanzielle Schieflage der Derivate vor dem Gemeinderat geheim hielt, riss ihn jetzt in den Abgrund.

Was Mittwoch beim Obersten Gerichtshof geschah

Beim Berufungsverfahren im Swap-Prozess hat der Oberste Gerichtshof am Mittwoch alle bisherigen Schuldsprüche bestätigt. Bei Salzburgs Ex-Bürgermeister Heinz Schaden bleibt die Strafe laut Ersturteil gleich, Ex-Landesfinanzreferent Othmar Raus (beide SPÖ) bekam eine Strafverschärfung. Beide müssen ins Gefängnis – mehr dazu in salzburg.ORF.at (2.10.2019)