Politik

Ex-FP-Chef Schnell: „Strache nicht auf demokratischem Boden“

Dass Heinz-Christian Strache nicht auf dem Boden der Demokratie stehe, sei schon lange klar. Nur hätten sich weite Teile der Medien und der Politik nicht dafür interessiert, sagt Salzburgs früherer FPÖ-Landesparteichef Karl Schnell im Gespräch mit dem ORF. Nach kritischen Tönen gegenüber Strache war Schnell neben anderen Blauen im Jahr 2015 von dem Wiener Politiker aus der Partei entfernt worden.

Strache habe im Juni 2015 zwei Drittel der gesamten Salzburger FPÖ-Landespartei hinausgeworfen, erinnert sich deren Ex-Chef Karl Schnell: „Ohne jede Diskussion und sachliche Argumente. Schon damals haben sich in ganz Österreich zu wenige Leute gefragt, was ist nur mit diesem Menschen los?“

Straches politische Opfer seien nicht nur innerparteilich demokratisch gewählte Funktionäre gewesen, so Schnell: „Es waren auch acht von der Bevölkerung als Abgeordnete gewählte Persönlichkeiten dabei, die er damals hinausgeschmissen hat.“

Karl Schnell
Mike Vogl
Schnell

„Es zeigt, wie es um die Demokratie steht“

Der frühere Chef der Salzburger Blauen und langjährige Oppositionsführer im Landtag verweist auf fünf Landtags-, zwei Nationalratsabgeordnete und einen Bundesrat aus seinen Reihen, die Strache eigenmächtig entfernt habe: „Da hätte man damals schon erkennen können, dass dieser Mensch nicht auf demokratischem Boden steht. Es hat aber außerhalb niemand gefragt, was dahinter steckt.“

Dass nun bis zuletzt darüber spekuliert wurde, ob Strache nach „Ibiza-Skandal“ und Spesenaffäre wieder in die Politik zurückkehren solle – vielleicht als Kandidat in Wien, das sei einfach unfassbar: „Es zeigt, wie es um die Demokratie insgesamt steht in Österreich.“

Sieht Schnell eine Chance, dass der neue FPÖ-Bundesparteichef Norbert Hofer die Organisation wieder flottkriegen kann? Nein, sagt der Pinzgauer Arzt und Hubschrauber-Berufspilot vehement: „Hofer war überall dabei, er war auch damals in Salzburg dabei. Das ist eine Clique von Freunden.“ Und dieser Freundeskreis habe immer gemeinsam gehandelt.

Warum erschüttert es immer wieder die FPÖ?

Warum gab es besonders in der FPÖ so viele persönliche und politische Krisen bzw. Skandale in den letzten Jahren? Karl Schnell sagt, dass einige Blaue persönlich „abgehoben“ seien, wenn sie etwas geworden seien, ob als Nationalratsabgeordnete oder in anderen Funktionen: „Die Leute haben dann den Bezug zur Realität verloren.“ Die FPÖ sei immer eine gute Oppositionspartei gewesen: „Aber immer wenn die Partei in Koalitionen gekommen ist, dann haben sie gesagt, wir wissen eh Bescheid über die Skandale und Selbstbedienung der anderen in Österreich. Und jetzt lassen wir es uns auch einmal gutgehen.“

Zunehmende Selbstbedienungsmentalität sei das eigentlich Bedauerliche an der Entwicklung, so Schnell: „Ich bin damals als junger Arzt in diese Partei gegangen und habe Jörg Haider unterstützt, weil sie den Anspruch hatte, die Partei des kleinen Mannes zu sein. Und dass sie die Bevölkerung vor solchen Dingen schützt. Jetzt sieht man, dass die Freiheitlichen um keinen Deut besser sind – im Gegenteil. Beim Zugreifen sind sie noch schlimmer. Es ist nicht nur der jüngste Spesenskandal.“

„Da zieht es dir die Schuhe aus“

Schnell verweist auf „die Geschichte mit dem Mandatskauf und dergleichen mehr. Da zieht es dir die Schuhe aus.“ Er sei so enttäuscht und erbost, dass er gar nicht mehr wählen gehe. Der Gemeindearzt in Saalbach-Hinterglemm sagt, in der Anfangszeit von Jörg Haider sei es mit der FPÖ und Österreich wirklich vorangegangen. Aber mit der Zeit seien auch in Haiders Ära die fragwürdigen Zustände und umstrittenen Persönlichkeiten mehr geworden: „Wenn Haider auf seinem anfänglichen Weg geblieben wäre, dann hätte die FPÖ schon längst einen Bundeskanzler.“

Rückkehr in die Politik?

Besonders unverständlich findet Schnell, dass auch blaue Politiker in den letzten Jahren den Staat als Selbstbedienungsladen genutzt hätten: „Ich habe damals meine Parteifunktionen immer als Ehrenamt ausgeübt, habe nie auf Geld geschaut. Ich war der längstdienende Obmann in der Salzburger Partei, habe mit meinem eigenen Handy telefoniert, bin mit meinem eigenen Auto gefahren und habe keine Spesen verrechnet.“

Fan von Doskozil

Auf die Frage, ob Schnell nun wieder in die Politik einsteigen sollte, sagt der Pinzgauer: „So viele Millionen könnte man mir gar nicht in bar auf den Tisch legen, dass ich das tun würde. Man kann zu niemandem mehr Vertrauen haben.“ Er sei glücklich mit seiner Familie und seinem Leben als Arzt und Berufspilot für Hubschrauber: „Meine Buam fliegen jetzt auch schon.“ Bei der jüngsten Nationalratswahl ist er zu Hause geblieben: „Von den derzeit aktiven Politikern gefällt mir Doskozil halbwegs.“ Aber der habe ja nicht für den Nationalrat kandidiert.

Gerald Lehner, salzburg.ORF.at

Auszüge aus längerem Telefon-Interview mit Karl Schnell – als MP3-Stream:

Dienstag in Wien: FPÖ suspendiert Strache

Die FPÖ suspendiert ihren ehemaligen Parteichef Heinz-Christian Strache. Das hat Parteichef Norbert Hofer nach rund siebenstündigen Gremiensitzungen am Dienstagabend bekanntgegeben. Sollten sich die Vorwürfe gegen Strache in der Spesenaffäre erhärten, ist auch ein späterer Parteiausschluss möglich – mehr dazu in news.ORF.at (1.9.2019)

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