Marko Feingold verstarb im Alter von 106 Jahren
ORF
ORF
Chronik

Holocaust-Überlebender Marko Feingold gestorben

Österreichs ältester Holocaust-Überlebender, Marko Feingold, ist am Donnerstag im Alter von 106 Jahren in Salzburg gestorben. Das teilte die Israelitische Kultusgemeinde in Salzburg mit. Bis zuletzt war Feingold ein wacher Mahner gegen das Vergessen der NS-Verbrechen.

Marko Feingold kam im Mai 1913 in der heutigen Slowakei in der K. u. K. Monarchie auf die Welt und überlebte den Holocaust. Der ehemalige Präsident der Israelitischen Kultusgemeinde Salzburg war der älteste Überlebende des Holocaust in Österreich. Am Donnerstag verstarb er im Alter von 106 Jahren in Salzburg an den Folgen einer Lungenentzündung.

Vier Konzentrationslager überlebt

Marko Feingold überlebte fünf Jahre in vier Konzentrationslagern – in Auschwitz, Neuengamme, Dachau und Buchenwald. Nach dem Krieg half Feingold tausenden Juden bei der illegalen Auswanderung nach Israel und war bis zuletzt ein wacher und unermüdlicher Kämpfer gegen das Vergessen der NS-Gräueltaten. 1945 ließ er sich in Salzburg nieder. In der Stadt Salzburg führte er bis Ende der 70er Jahre des vergangenen Jahrhunderts ein Modegeschäft und entwickelte seine Vortragstätigkeit und berichtete vor allem Schülern authentisch über den Naziterror.

Ein Besuch von Marko Feingold im Mai 2018

Marko Feingold war Jahrgang 1913 und auf bewundernswerte Weise lebensfroh und humorvoll. Er war Österreichs ältester Holocaust-Überlebender und hielt bis zum Schluss Vorträge.

Kampf gegen das Vergessen von NS-Verbrechen

Seinen Humor verlor Feingold trotz seiner Lebensgeschichte nie. Er machte es sich zu seiner Lebensaufgabe gegen das Vergessen zu kämpfen und darüber zu berichten, was er erlebt hatte. Toleranz wurde so zu einem Leitmotiv in seinem Leben.

Ab 1979 leitete Feingold die Israelitische Kultusgemeinde in Salzburg, die heute noch wenige Dutzend Mitglieder umfasst. Immer mehr wurde für ihn parallel dazu der Kampf gegen das Vergessen zur Lebensaufgabe. Feingold hielt mehr als 6.000 Vorträge vor Schulklassen und zeigte sich dabei immer wieder bedrückt vom fehlenden Wissen der Jugendlichen. „Es wird in Schulen nicht ausreichend über Rechtsradikalismus unterrichtet“, sagte er einst in einem Interview.

Fußballfan, WM zur Integration angekickt

Im Jänner 2018 wurde Feingold mit dem Toleranzpreis der Europäischen Akademie der Wissenschaften ausgezeichnet. Der Toleranzpreis wird bereits seit 1997 vergeben. Noch im Juni dieses Jahres kickte Feingold die Integrationsfußball-WM in Salzburg an. Auch hier betonte er einmal mehr die Toleranz. „Keiner hat dem anderen etwas vorzuwerfen. Die Religionen sind gleich, nur die Feiertage sind verschieden.“

Marko Feingold, mit 106 Jahren ältester Holocaust-Überlebender Österreichs, hat am Donnerstag, 20. Juni 2019, die Integrationsfußball-WM in Salzburg mit Red-Bull-U12-Coach Dušan Švento angekickt.
HEIKO MANDL / APA / picturedesk.com
Österreichs ältester Holocaust-Überlebender bei der Integrations-Fußball-WM im Juni 2019

Über den Tod: „Wenn es mich erwischt, bin ich vorbereitet“

Vor dem Tod hatte Marko Feingold niemals Angst. Das betonte er in Interviews immer wieder. „Wenn es mich erwischen wird, ich bin vorbereitet. Ich bin Tag für Tag vorbereitet zu gehen.“ Marko Feingolds Lebensweg währte 106 Jahre – am Donnerstag ging er in Salzburg zu Ende.

Zahlreiche öffentliche Auszeichnungen

Hofrat Marko Feingold wurde für sein engagiertes Handeln mit zahlreichen öffentlichen Auszeichnungen geehrt:

  • 1977 Ehrenzeichen für Verdienste um die Befreiung Österreichs
  • 1985 Silbernes Ehrenzeichen für Verdienste um die Republik
  • 1985 Bürgerbrief der Stadt Salzburg
  • 1988 Goldenes Verdienstzeichen des Landes Salzburg
  • 1988 Wappenmedaille der Landeshauptstadt Salzburg in Gold
  • 1991 Berufstitel Hofrat
  • 1993 Ehrenbecher des Landes Salzburg
  • 1998 Goldenes Ehrenzeichen des Landes Salzburg
  • 2003 Ring der Stadt Salzburg
  • 2008 Ehrenbürger der Stadt Salzburg

Der Toleranzpreis war nur eine von vielen Auszeichnungen

Im Jänner 2018 wurde Feingold mit dem Toleranzpreis der Europäischen Akademie der Wissenschaften ausgezeichnet.

Blick in unser Archiv:

Die letzte größere Debatte Marko Feingolds mit Salzburger Politikern fand im Herbst 2018 zu diesem Thema statt – via salzburg.ORF.at und ORF Radio Salzburg:

Existenz der Jüdischen Gemeinde bedroht

Die Israelitische Kultusgemeinde Salzburg wird immer kleiner und ist in ihrer Existenz bedroht. Die meisten Mitglieder sind schon älter oder hochbetagt. Salzburgs Juden hoffen auf Hilfe der Politik, um ein künftiges Ende ihrer Gemeinschaft abzuwenden – mehr dazu in salzburg.ORF.at (29.10.2018)

Gemischte Reaktionen: Israelische Experten für Salzburg?

Salzburgs SPÖ auf Landesebene, Grüne, NEOS, Teile der ÖVP und die Uni machen nun Vorschläge, um die gealterte Israelitische Kultusgemeinde zu retten. Einige Politiker befürworten den Zuzug junger Wissenschaftler und Techniker aus Israel – mehr dazu in salzburg.ORF.at (12.2.2019)

Seine Stimme nachhören

Marko Feingold als Gast im Radio Cafe von ORF Salzburg zu seinem 105. Geburtstag – gesendet am 26.5.2018. Story mit Link zu MP3-Stream der längeren Sendung

Gedenken an jüdische Flucht über die Alpen

Einer unglaublichen Flucht über das Hochgebirge beim Krimmler Tauernpass wird alljährlich in Salzburg gedacht. Im Sommer 1947 waren rund 5.000 Juden vom Pinzgau über die Alpen marschiert. Fluchthelfer war damals Marko Feingold, Überlebender von vier NS-Konzentrationslagern – mehr über eine dieser Gedenkveranstaltungen in salzburg.ORF.at (23.6.2017)

Jüdische Flucht über den Krimmler Tauern
ORF
Überlebende aus Lagern der Nationalsozialisten auf dem Weg durch Salzburgs Berge nach Genua. Mit Schiffen reisten sie weiter weiter nach Haifa und Jaffa bzw. Tel Aviv.

Gedenkturnier für jüdische Fußballer

Im Herbst 2011 ging es ihm um die Erinnerung an jüdische Salzburger Fußballer der Zwischenkriegszeit, die in Konzentrationslagern umkamen. Jugend heute in Europa: Feingold machte im Herbst 2011 in Hallein den Anstoß für ein besonderes Fußballturnier. Es spielten Tennengauer Teams gegen eine jüdische Kinder-Mannschaft aus München – mehr dazu in salzburg.ORF.at (30.10.2011)

Marko Feingold beim Kinder Gedenkturnier für Jüdische Fußballer in Hallein
Gerald Lehner
Fußballfan Feingold am Rand des Spielfelds: Kinder-Turnier in Hallein.