Die Jugend-WG entsteht, weil zwei Kinderdorf-Mütter nun in Pension gehen. Noch genießt die 14 Jahre alte Rebecca die Nähe ihrer Kinderdorf-Mutter und hilft ihr beim Ausräumen und Einpacken.
In wenigen Tagen wird diese jedoch ihren Ruhestand antreten und zurück nach Oberösterreich übersiedeln – nach 40 Jahren im SOS-Kinderdorf Seekirchen und 13 großgezogenen Kindern. „Man ist da schon sehr wehmütig. Der Kopf sagt, es ist an der Zeit, zu gehen. Aber das Herz sagt etwas anderes“, bekennt Romy Brandstetter, scheidende Kinderdorf-Mutter.
Abschied fällt beiden Seiten schwer
Und auch der 14-jährigen Rebecca fällt der Abschied von ihrer Kinderdorf-Mutter schwer. Seit ihrem zweiten Lebensjahr ist Rebecca im SOS-Kinderdorf zu Hause. Sie erlebt gerade einen doppelten Abschied, denn gleichzeitig mit der Pensionierung der Mutter dürfen zwei ihrer Kinderdorf-Geschwister zu ihren leiblichen Müttern zurück.
Deren Zimmer sind schon leergeräumt, ebenso jenes von Rebecca sowie ihres Bruders, einem Lehrling. Sie müssen nun aber nicht in eine andere Einrichtung wechseln, sondern leben künftig betreut mit anderen fünf Teenagern im neuen Jugendwohnhaus, schildert Wolfgang Arming, Leiter des SOS-Kinderdorfes in Seekirchen.
„Jugendliche sollen selbständig leben können“
„Die Jugendlichen wollten unbedingt im Dorf bleiben. Das ist ihr gewohntes Umfeld. Und das Ziel in unserer Pädagogik ist ja auch diese Verselbständigung. Sie sollen selbständig leben können. Und in diesem Haus haben wir die Möglichkeit, die ersten Schritte dazu zu setzen“, sagt Arming.
Den Neubau um 1,2 Millionen Euro kann das Kinderdorf nur durch Spenden bewältigen. Für die Jugendlichen bedeutet der Wechsel eine enorme Umstellung. „Es ist schon schwierig hier. Es gibt viele neue Sachen, an die man sich erst gewöhnen muss. So hat man zum Beispiel viel mehr Betreuer und nicht mehr die Kinderdorf-Mama“, sagt die 15-jährige Schülerin Jenny.
Kinderdorf-Mütter werden gesucht
Für Rebecca sieht es hingegen als Erleichterung. „So kann ich im Dorf bleiben und muss nicht in eine Wohngruppe anderswohin wechseln. Ich kann im gewohnten Umfeld bleiben“, sagt Rebecca. Und die scheidende Kinderdorf-Mutter Romy Brandstetter pflichtet Rebecca bei. „Das gibt den Jugendlichen auch ein Stück Sicherheit, das sie sich gewünscht haben.“
Bald wird die Eingewöhnungsphase vorbei sein. Dann beginnt sowohl für Rebecca als auch für ihre Geschwister und die pensionierte Kinderdorf-Mutter beginnt ein neuer Lebensabschnitt. Für das SOS-Kinderdorf in Seekirchen werden nun fünf Kinderdorf-Mütter oder Väter mit einer pädagogischen Ausbildung gesucht.
Erste Jugend-WG in SOS-Kinderdorf
Im SOS-Kinderdorf Seekirchen (Flachgau) wird am Freitag ein neues Jugend-Wohnhaus eröffnet. Es ist die erste Jugend-WG innerhalb eines Kinderdorf-Verbandes. Sie wurde auch von „Licht ins Dunkel“ unterstützt.