Die Schneeschmelze hat in den letzten Monaten dann eine mächtige Kathedrale aus gepresstem Firn aufgebaut – der Vorstufe zu hochfestem Gletschereis. Selbst der Salzburger Gletscherforscher Heinz Slupetzky ist überrascht und begeistert.
Massen schmelzen nicht mehr ab
So viel Altschnee und so eine prächtig ausgeformte Eiskapelle hat er bei Hintersee – so weit im Norden des Landes und weit abseits der Dreitausender in den Tauern – seit langem, seit den 1960er-Jahren nicht mehr gesehen: „Im Vergleich zu damals liegt heuer noch mehr Schnee. Ich schätze die dickste Stelle auf 25 Meter. Das Gesamtvolumen der Lawinenkegel hier beträgt etwa 50.000 Kubikmeter."
Enger Kessel am Fuß riesiger Lawinenhänge
Bei der Entstehung der Eiskapelle kommt neben dem Wetter auch der Topografie eine besondere Rolle zu, so der Experte: „Dieser riesige Kessel sammelt alle Lawinen, die vom Wieserhörndl und Anzenberg herunterkommen. Gegenüber ist ein Moränenhügel in der Talkerbe. Dadurch breiten sich die Lawinen nicht aus, sondern türmen sich auf."
Das baut sich bis in den Mai hinein auf. In der folgenden Schneeschmelze fräst dann der kleine Bach samt angesaugter warmer Luft die prächtige Eiskapelle aus dem gepressten Lawinenschnee: „Man sollte nicht ohne Experten hineingehen, weil es kann etwas abbrechen."
Vor der Lebensgefahr warnt auch eindringlich ein Hinweisschild – in zwei Sprachen.
Hoffnung auf weitere schneereiche Winter
Die Hinterseer Eiskapelle dürfte heuer nicht mehr schmelzen und bis zum kommenden Winter überdauern: „Die Sonne da herinnen scheint nur noch wenige Stunden am Tag. Dadurch dürften die Lawinenkegel auch über den kommenden Winter bestehen. Wenn der Winter schneereich wird, dann kommt wieder viel dazu. Die Eiskapelle dürfte dann die nächsten Jahre bestehen bleiben."
Mehr Schnee und Eis denn je
In Hintersee ist in vergleichsweise geringer Seehöhe mittlerweile eine ganzjähriges Winterwunder vorhanden. Es besteht jedoch Lebensgefahr in vielen Bereichen der Eiskapelle.