Mutter betrachtet Fotos ihrer Enkel
ORF/Bernt Koschuh
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Chronik

Rückholung von IS: Mutter hofft auf Regierung

Mit Hilfe der österreichischen Übergangsregierung will eine 52-Jährige jetzt ihre 22-jährige Tochter und zwei Enkel aus einem Gefangenencamp in Syrien heimholen. In einem Prozess wegen Terrorismusfinanzierung war die Frau kürzlich freigesprochen worden.

6.000 Euro hat die Halleinerin an einen Mittelsmann der Terrormiliz Islamischer Staat (IS) übergeben, um damit ihre Tochter zurück in die Heimat zu holen. Die Anklage hat der 52-Jährigen daraufhin Terrorismusfinanzierung vorgeworfen. Nach dem Freispruch vor Gericht setzen jetzt beide Eltern große Hoffnungen in die österreichische Übergangsregierung, um die Tochter und deren zwei Kleinkinder nach Hause zu holen.

Mutter betrachtet Fotos ihrer Enkel
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Foto der Enkel in Syrien, als es den Kindern gesundheitlich noch besser ging

„Unser kleinerer Enkelsohn überlebt den heißen syrischen Sommer im Zeltcamp womöglich nicht“, sagt Markus G. aus Hallein. Er war vor einem Monat mit seiner Frau Susanne in Syrien und konnte eine Stunde lang im Gefangenencamp im kurdisch dominierten Nordosten des Landes mit der gemeinsamen Tochter sprechen. Dabei haben die Tennengauer Großeltern auch erstmals ihre Enkelsöhne Isa und Mohammed getroffen: "Der ist jetzt eineinhalb Jahre und kann nicht gehen, nicht krabbeln. Da ist nicht viel dran. Bei der Wirbelsäule hat man die Knochen gesehen. Das Größte war der Kopf und die großen Augen. Mein Mann hat gesagt, er hat ihn so angeschaut: „Bist du unsere Rettung?“, sagt die Halleinerin.

Eltern wollen Tochter aus „falschen Kreisen“ heimholen

Tochter Maria und deren Kinder haben bis Februar, bis zur letzten Schlacht beim IS gelebt, als die IS-Kämpfer eingekesselt waren. „Zum Schluss haben sie sich nur noch von Hühnerfutter und Kuhfutter ernährt. Da ist es mit dem Kleinen bergab gegangen. Der hätte im Oktober angefangen zu gehen. Dann hat er damit aufgehört, ihm ist es dann immer schlechter gegangen“, sagt Susanne G. Der ältere, der dreieinhalbjährige Bub wirke verschreckt, wohl auch durch Bombenangriffe traumatisiert, sagen die Großeltern. Die medizinische Versorgung im Lager sei dürftig.

Maria hat mit 17 Jahren in Österreich einen jungen Somalier kennengelernt. Ist mit ihm in die Moschee gegangen, zum Islam konvertiert und trug bunte Kopftücher. Nach der Trennung von dem Freund wurden ihre Kopftücher immer dunkler, erzählt Mutter Susanne G. Im Juni 2014 verschwand Maria. Sie glaubte, sie fährt ins Paradies auf Erden, und schrieb aus Syrien, dort sei es wie im Urlaub. „Wir haben die Maria genau so aufgezogen wie unsere beiden anderen Töchter. Ich denke, dass sie in die falschen Kreise gekommen ist“, sagt dazu der Vater.

Tochter erwartet Gerichtsverfahren in Österreich

Heute ist Maria von Europol zur Fahndung ausgeschrieben. Ihre Eltern können sich nicht vorstellen, dass sie für den IS gearbeitet hätte. Mutter, Ehefrau und Hausfrau sei die Tochter wohl gewesen, sie sei aber jedenfalls nicht gefährlich. Die Eltern hoffen nun, dass das österreichische Außenministerium eine Heimreise ermöglicht. „Wir hoffen auf die Übergangsregierung, die haben ein bisschen ein anderes Denken“, sagt der Vater. Dass auf die Tochter hier ein Gerichtsverfahren zukäme, ist klar. „Wir haben ihr gesagt, sie wird einige Zeit in einem Zimmer einsitzen müssen, und das hat sie akzeptiert.“ Vom Außenministerium heißt es dazu, man bemühe sich über Hilfsorganisationen um medizinische Betreuung für die Kinder, auch eine Heimholung wird nicht ausgeschlossen. Staaten wie Australien, Frankreich und die Niederlande haben eigene Staatsbürger längst zurückgeholt, großteils handelte es sich dabei aber um Waisenkinder.