Es war heuer für Erfahrene sehr lange kaum möglich, zu Fuß dorthin zu kommen. Allerdings führte das warme Wetter seit Pfingsten auch im Hochgebirge zu einer starken Entspannung der Lage. Die Wirtin Carol Freisleben hat mittlerweile ihre Hütte erreichen können und ist sehr optimistisch, dass sie rechtzeitig – wie geplant – am 29. Juni offiziell aufsperren kann.
Neue Hoffung durch die Wärme
Diese Hütte der Sektion München-Oberland des Deutschen Alpenvereins steht im hinteren Kapruner Tal an der Gletschergrenze auf einem schmalen, imposanten Felsvorsprung hoch über riesigen Steil- und Lawinenhängen, die im Sommer komplett schnee- und eisfrei werden. Sie wurde 1902 eröffnet (roter Punkt im Titelbild).
Die 36-jährige Pächterin Carol Freisleben stammt aus der Gegend um Regensburg in der bayerischen Oberpfalz, hat schon mehrere Berghütten in Salzburg und Tirol bewirtschaftet, aber noch keinen solchen Standort wie das Heinrich-Schwaiger-Haus im Mitterpinzgau: „Der große Unterschied zu anderen, zum Teil auch schwierig gelegenen Standorten ist der sehr steile Anstieg. Und dort lag heuer noch immer viel Schnee drin. Es kam nach dem harten Winter im Mai noch einiges dazu."
Erste Spur, Party in luftiger Höhe am 29. Juni
Zuerst wollte die Pächterin mit einem Kapruner Profi und Bergführer versuchen, eine erste Spur zu legen. Damit sie die Hütte technisch aus dem Winterschlaf erwecken, die Heizung in Betrieb nehmen und den meterhohen Schnee abschöpfen könnte:
„Wir haben es mittlerweile geschafft. Und ich werde am 29. Juni offiziell mit einem Bergfest aufsperren. Am 25. Juni kommt der Hubschrauberpilot, der mir alle Versorgungsgüter hinauffliegt. Da sollte die Hütte schon in Betrieb sein. Ich bin zwar eine Kletterin, aber nicht so die große Allround-Bergsteigerin. Ich sollte jetzt auch noch einiges lernen, zum Beispiel die Pickelbremse auf Firn und Sommerschnee im Steilgelände.“
Zur Eröffnung soll es eine Party in luftiger Höhe geben. Heuer ist auch das 150-Jahr-Jubiläum des Alpenvereins zu feiern: „Mit oana zünftigen Live-Musi ausm Pinzgau oder Bayern“, so Freisleben.
„Kein Rinder-Carpaccio bei mir“
Trotz der Probleme ist der Wirtin eine schwierige Hütte lieber als ein Luxus-Berggasthaus bei einer großen Seilbahn: „Bei solchen Betrieben werden die Gäste immer anspruchsvoller. Die verlangen dann auch ein Rinder-Carpaccio, Champagner und solche Dinge. Das Schöne an einer hochalpinen Hütte ist, dass die Bergsteiger mit Kaspressknödeln und Kaiserschmarrn zufrieden sind.“
„Greislichs Weda muaß aufhörn“
Die Chefin muss – ungeachtet der anfänglichen Zugangsprobleme im Schnee – schon jetzt zwischen 20.000 und 30.000 Euro vorstrecken, um die Lebensmittel und Getränke für die ganze Saison zu bezahlen: „Die Kunst ist, ein paar leichtere Zahlungsziele auszuhandeln.“ Zur Ladung gehören auch 55 Fässer Bier, die nun bald hinaufgeflogen werden sollen: „Ich schaue jeden Tag in den speziellen Wetterbericht und hoffe, dass es nicht mehr schneit, dass das greisliche Weda da om aufhört. Man ist sehr vom Wetter abhängig in dem Job.“
Optimismus für Saisonstart
Sie habe heuer wieder einen guten Koch angestellt, mit dem sie schon auf früheren Hütten zusammengearbeitet habe, erzählt Freisleben:
„Solche Profis sind mittlerweile nicht einfach zu finden.“ Die Saison sei auf 2.800 Metern auch in normalen Sommern kurz, weil Ende September schon wieder der Winter einzieht. Für heuer rechnet sie damit, dass sie mindestens bis Ende Juli arbeiten muss, bis dann für August und die erste Septemberhälfte noch schwarze Zahlen in der Bilanz möglich sind: „Alles bleibt weiter vom Wetter abhängig. Ich habe es mir selber ausgesucht. Aber so weit oben gibt es viele Momente, wo man es nicht bereut. Das Schwaiger-Haus und das Wiesbachhorn stehen in einem der schönsten Winkel, die man sich vorstellen kann.“
Gerald Lehner, salzburg.ORF.at
Links:
- Heinrich-Schwaiger-Haus (Wikipedia)
- Website der Hütte
- Tourenbeschreibung (Bergfex)