Krankenkassen: Kritik an Ministeriums-Einfluss

Heftige Kritik an der geplanten Reform der Krankenkassen durch die Bundesregierung übte am Mittwoch der Salzburger Verfassungsrechtler Walter Berka: In den Ministerien werde eine „Schatten-Geschäftsführung“ aufgebaut, so der Experte.

Berka erläuterte die verfassungsrechtlichen Bedenken, die er beim vorgelegten Gesetzesentwurf hat. So setze er sich „in vielfacher Hinsicht über die verfassungsrechtlich verankerten Wesensmerkmale einer auf Selbstverwaltung beruhenden Sozialversicherung hinweg“, betonte der Verfassungsjurist der Universität Salzburg.

Verfassungsrechtler Walter Berka von der Universität Salzburg

SGKK

Verfassungsrechtler Walter Berka äußerte bei einer Pressekonferenz der Salzburger GKK deutlich Bedenken gegen die geplante Kassenreform

„Schatten-Geschäftsführung“ in Ministerien

Dass die Versicherungen der Beamten und der Selbstständigen künftig weiter selbst prüfen könnten, hält Berka er für gleichheitswidrig. Probleme sieht der Verfassungsrechtler auch beim Ausbau der ministeriellen Aufsicht durch Gesundheits- und Finanzressort. Diese gehe weiter über eine Kontrolle hinaus, sondern beinhalte auch Eingriffe in die laufende Geschäftsführung: „Da wird so etwas wie eine Schatten-Geschäftsführung in den Ministerien aufgebaut“, so Berka.

Auch dass die geleisteten Krankenkassen-Beiträge künftig nicht von den GKKs selbst, sondern von einem dem Finanzministerium unterstellten Dienst geprüft werden sollen, widerspreche der verfassungsmäßig festgelegten Selbstverwaltung und Finanzautonomie der Kassen. Dabei sei diese von „zentraler Bedeutung für die Erfüllung der Aufgaben einer sozialen Krankenversicherung.“

Arbeitnehmer bezahlen Beiträge

Angesichts dieser Kritkpunkte des Verfassungsrechtlers sprach auch Andreas Huss, Obmann der SGKK, von einer mit der Reform verbundenen „Verstaatlichung des Gesundheitswesens“. AK-Präsident Peter Eder warnte davor, dass Salzburger Versichertengelder an die Zentrale abfließen würden. Die Besetzung in den Gremien spiegle derzeit wider, wer die Gelder einzahle - nämlich die Arbeitnehmer - sagte Eder. Durch die künftige paritätische Besetzung würden die Mehrheiten verändert, das sei für ihn als Vertreter der Arbeitnehmer nicht akzeptabel.

Die Arbeitgeber bezahlten über die Dienstgeberanteile 28,7 Prozent und nicht 50 Prozent der Beiträge, betonte der AK-Präsident. Außerdem könnten mit der künftigen zentralen Struktur regionale Probleme nicht mehr regional gelöst werden, warnte Eder.

Drei-Klassen-Medizin befürchtet

SGKK-Obmann Huss warnte außerdem vor einer Drei-Klassen-Medizin, die mit der Kassenreform gefördert werde. Er befürchtet, dass die Leistungen zwischen der Österreichischen Gesundheitskasse (ÖGK) und den Versicherungen der Selbstständigen und der Beamten künftig „auseinandergaloppieren“.

Bundesregierung unbeeindruckt

Im Ö1-Mittagsjournal zeigte sich die Bundesregierung von der verfassungsrechtlichen Kritik unbeeindruckt: „Wenn man große Projekte umsetzt und einen großen Apparat mit einem großen Trägheitsvermögen verändert, dann gibt es natürlich immer Widerstand“, sagte Infrastrukturminister Norbert Hofer (FPÖ). „Aber ich bin überzeugt: Wenn dieses Paket umgesetzt ist, wird die Zufriedenheit auf einer sehr breiten Basis sehr groß sein.“

Auch Bundeskanzler Sebastian Kurz (ÖVP) zeigte sich überzeugt: „Dort, wo Kritik berechtigt ist, kann immer im Rahmen von Begutachtungsverfahren diese Kritik eingearbeitet werden. Dort, wo diese Kritik nur artikuliert wird, um die Reform zu verhindern, um irgendwelche Funktionen und Jobs zu erhalten, die es dann nicht mehr geben wird, dort werden wir uns durch die Kritik nicht beeindrucken lassen.“ Mehr dazu in Regierung hält an Kassenreform fest (oe1.ORF.at; 17.10.18).