Nächtliche Rettung: Flugpolizei beleuchtet Berge

Im Hagengebirge hat die Flugpolizei in der Nacht eine bisher einzigartige Rettung ermöglicht. Ihr Team leuchtete das Hochgebirge aus. So konnten ÖAMTC-Flieger eine kranke Bergsteigerin an Bord eines zweiten Hubschraubers nehmen.

EC 135 FLIR Polizeihubschrauber gemeinsame Hubschrauberrettung

Österreichische Flugpolizei

„FLIR“-Polizeihubschrauber des Typs Eurocopter EC 135 - mit Spezialausrüstung

„Ein solches Teamwork zwischen privaten Rettungsfliegern und der Polizei hat es in Österreich noch nie gegeben“, sagt Stefan Dürager vom ÖAMTC über den gemeinsamen Nachteinsatz im Salzburger Hagengebirge. Er hat in den USA das Fliegen gelernt, war dort später auch beruflich lange tätig. Bei der Bekämpfung von Waldbränden und Transportflügen in der Wildnis der Rocky Mountains und noch weiter im Westen sammelte er viele Erfahrungen mit schwierigen Bedingungen.

Spezialscheinwerfer der zweiten Maschine

Im vergangenen Oktober ging es bei der Rettungsaktion, für die sie nun geehrt werden, um eine 37-jährige Alpinistin. Die hatte in einem der einsamsten Winkel Salzburgs einen Kreislaufkollaps erlitten und konnte nicht mehr weiter.

Stefan Dürager ÖAMTC Rettungspilot Rettungshubschrauber

Gerald Lehner

Dürager auf dem Pilotensitz von C6. Den Hubschrauber fliegt er abwechselnd mit dem Salzburger ÖAMTC-Stützpunktleiter Thomas Brändle

Die Alpinistin war mit ihrem Begleiter an dem frühen Abend noch bei der 2.100 Meter hoch gelegenen Eisgrabenscharte unterwegs. Hier geht es vom Blühnbachtal bei Werfen (Pongau) im Bereich der schroffen Teufelshörner hinüber ins Berchtesgadener Land (Oberbayern).

Clemens Tschinkel Polizeipilot

ORF

Team der Flugpolizei: Priewasser, Haider, Tschinkel (Captain)

Ein bodengebundener Bergrettungseinsatz für die stark geschwächte Frau hätte vermutlich die ganze Nacht gedauert - mit entsprechenden Zusatzbelastungen. So entschied sich ÖAMTC-Pilot Dürager noch zu einem sehr späten Start. Die Abenddämmerung hatte längst begonnen, und die Nacht war nicht mehr fern. Eigentlich keine Bedingungen mehr für Sichtflüge.

„Nachtwächter“ der Polizei helfen

Parallel erklärte sich eine dreiköpfige Besatzung der Salzburger Flugpolizei unter Captain Clemens Tschinkel bereit, mit einem FLIR-Hubschrauber diesen schwierigen Rettungseinsatz taktisch zu unterstützen. Solche Spezialmaschinen setzt die Exekutive in den meisten Fällen für die Suche nach Vermissten oder Verbrechern ein. FLIR bedeutet „Forward-looking Infrared“. Gemeint sind spezielle Wärmebildkameras. Dazu kommt ein besonders starker Suchscheinwerfer. Damit lässt sich in der Nacht die Fläche eines Fußballplatzes taghell ausleuchten.

So stiegen Tschinkel, sein Co-Pilot Roland Haider und FLIR-Operator Gerald Priewasser in Salzburg auf - ebenfalls mit einem Eurocopter EC 135. Die Polizisten flogen voraus ins hintere Blühnbachtal, in eine Gegend, die weit westlich des Werfener Ortsteiles Tenneck liegt. Sie brachten sich dort im Schwebeflug auf ca. 9.000 Fuß (3.000 Meter Seehöhe) in Position, etwa 2,5 Kilometer Luftlinie vom Einsatzort entfernt, in guter Sichtweite und deutlich höher. Hier schalteten sie ihren Scheinwerfer ein, richteten ihn auf die beiden Bergsteiger auf dem Grat und warteten ein paar Minuten auf den Kollegen vom ÖAMTC.

Bildergalerie:

Video-Mitschnitt

aus der Infrarot-Kamera des Polizeihubschraubers. Stockdunkle Nacht in der Umgebung, 20.28 Uhr Ortszeit in Mitteleuropa. Das Video zeigt die entsprechende fliegerische Weltzeit (UTC) in Greenwich bei London: 18.28 Uhr:

Film-Sequenzen: Nächtlicher Anflug der Rettungsmaschine. Schweben beim Grat. Bergsteiger zur Maschine. Flugretter hilft beim Einsteigen. Abheben. Abflug in Richtung Werfen

Dürager durfte nicht geblendet werden

Die Polizeipiloten verwendeten noch sehr leistungsfähige Nachtsichtgeräte, wie sie auch Streitkräfte der USA zur Verfügung haben. Während ÖAMTC-Flieger Dürager rein nach Sichtflugregeln unterwegs war.

Der FLIR-Operator hinter den beiden Polizeipiloten nahm den Einsatzort zusätzlich mit einer speziellen HD-Videokamera bzw. Wärmebildkamera ins Visier. So beobachteten sie die erkrankte Bergsteigerin und ihren Begleiter schon einige Minuten, als nur wenig später und 300 bis 400 Höhenmeter tiefer dann Dürager zur Eisgrabenscharte in den Lichtkegel anflog. Über Funk standen die beiden Maschinen schon seit Einsatzbeginn in Verbindung.

Notarzthubschrauber landet im Hochgebirge.

Gerald Lehner

Christophorus-Rettungshubschrauber im Hochgebirge

„Es war sehr wichtig, dass wir nur von hinten ausleuchten, weil wir ihn sonst blenden würden“, sagt Clemens Tschinkel von der Flugpolizei: „Wir haben vorher auch die Richtungen über Funk genau abgesprochen, damit der Stefan keinen Rückenwind hat. Der wäre in Boden- und Kammnähe sehr gefährlich. Es war auch schon eine Föhnfront im Anmarsch. Wir mussten also auch schnell arbeiten.“

Keine volle Landung, nur Schwebeflug

Rettungsflieger Dürager arbeitete sich im Scheinwerferlicht nach einer ersten Erkundung langsam zu den beiden Bergsteigern vor. Für eine volle Landung reichte ihm der Platz nicht. So stützte er seinen Helikopter mit einer Kufe auf dem Grat ab. Dann halfen ÖAMTC-Flugretter Christian Leitner und der Begleiter der erkrankten Frau beim Einsteigen. Notarzt Florian Mitter wartete den Einsatz bei einem Zwischenlandeplatz in Werfen ab. Die Maschine musste für das Hochgebirge möglichst leicht sein.

„Solche Einsätze bleiben die Ausnahme“

Dürager zog sie rasch vom Felskamm weg und stieg seitlich höher. Dann flog er mit der hell leuchtenden Polizeimaschine als Nachtwächterin im Rücken hinaus nach Werfen ins Salzachtal. Die Alpinistin wurde ins Krankenhaus gebracht. Ihr gut ausgerüsteter Begleiter blieb im Gebirge. Er biwakierte und kam am nächsten Tag aus eigener Kraft ins Tal.

Beide Piloten betonen, solche Einsätze seien auch in Zukunft eine Ausnahme und an stabiles Wetter gebunden. Es darf auch in der Nacht keinen Nebel, nicht zu viele Wolken und keinen starken Föhn geben.

Gerald Lehner, salzburg.ORF.at

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Fernsehbericht in „Salzburg heute“ kurz vor der Abreise der beiden Piloten nach Wien - gemütlich mit einem Schnellzug der ÖBB.

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