Deutsche Truppentransporte über Salzburg

Das deutsche Verteidigungsministerium nutzt neuerdings den Salzburger Flughafen für Truppentransporte - trotz jahrelanger Proteste aus Bayern gegen den Airport. Mittwoch sind hier deutsche Gebirgsjäger zu NATO-Manövern nach Estland aufgebrochen.

Airbus A400 landen in Salzburg

ORF / Peter Obermüller

Zwei fast fabriksneue A400M der „Deutschen Luftwaffe“ auf dem Vorfeld des Salzburg Airport - mit dem Tennengebirge

Noch nie zuvor sind Großraum-Transportflugzeuge des Typs Airbus A400M der „Deutschen Luftwaffe“ in Salzburg gelandet. Bisher gab es ein paar Freundschaftsbesuche von Maschinen der Royal Air Force Großbritanniens, die aber keinem direkten Zweck des Militärs dienten. Die beiden deutschen Riesen dieser neuen und sehr leistungsfähigen Baureihe flogen Mittwoch kurz vor 9.00 Uhr von Norden her via Freilassing auf Piste 15 an. In den folgenden zwei Stunden gingen - unter Aufsicht von Sicherheitsoffizieren des Öterreichischen Bundesheeres - auf dem Vorfeld des Salzburger Flughafens mehr als hundert deutsche Gebirgsjäger samt Biwak- und Kampfausrüstung an Bord.

Übung vor Russlands Grenzen

Die Truppen gehören zu den Bundeswehr-Standorten Bad Reichenhall und Bischofswiesen bei Berchtesgaden im grenznahen Oberbayern. Dazu wurden Gerät, weitere Waffen und Munition verladen. Gegen 11.00 Uhr starteten die beiden A400M kurz hintereinander wieder in Richtung Freilassing – mit dem Ziel Tallinn in Estland. Im Süden des kleinen baltischen EU-Staates finden derzeit NATO-Manöver statt. Damit soll auch den Nachbarn im riesigen Russland signalisiert werden, dass die westlichen Verbündeten im Konfliktfall die kleinen baltischen Staaten und Polen jederzeit verteidigen würden.

Berliner Ministerium nutzt Salzburg Airport

Dieser Besuch der beiden Großraumflugzeuge hat auch real- und regionalpolitische sowie zwischenstaatliche Bedeutung - wegen der seit vielen Jahren vorhandenen, teils sehr heftigen Kritik aus Bayern gegen den Salzburger Flughafen. Mittlerweile nutze und schätze die Regierung in Berlin bzw. deren Verteidigungsministerium den Salzburg Airport sogar direkt für eigene Zwecke, heißt es bei politischen Beobachtern. Die zuständigen Stellen in Wien und Salzburg legen den Deutschen bei dieser offiziell abgesegneten Kooperation nichts in den Weg.

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Kooperation für grenznahe Stützpunkte

„Aufgrund der Bestimmungen des Truppenaufenthaltsgesetzes genehmigte das österreichische Verteidigungsministerium den Antrag der deutschen Bundeswehr, den Salzburger Flughafen wegen der direkten Nähe zu eigenen Stützpunkten in Bayern nutzen zu dürfen“, sagte Oberst Markus Bender dem ORF auf Anfrage, der Pressesprecher des Militärkommandos Salzburg: „Dieses koordiniert dabei die zuständigen Stellen auf dem Flughafen Salzburg und der Sicherheitsbehörden. Das Bundesheer stellte die Begleitung der deutschen Soldaten beim Check-In und bei der Verladung sicher.“

Airbus A400M erstmals in Salzburg

Deutsche Bundeswehr / Bienert

Jeder A400M hat vier Turboprop-Triebwerke, die speziell für die Anforderungen dieses Baumusters entwickelt wurden - mit einigen technischen Problemen

Bender verwies darauf, dass andernfalls nur die deutschen Flughäfen München oder Stuttgart in Frage gekommen wären, mit wesentlich mehr Zeitaufwand sowie viel höheren Transportkosten zur Verlegung des Bataillons ins Baltikum.

Schwere Geburt des neuen Baumusters

Der Airbus A400M soll künftig bei den Luftstreitkräften von sieben europäischen NATO-Staaten den größtenteils veralteten Bestand an taktischen Transportflugzeugen ersetzen bzw. ergänzen. Das Baumuster hat beispielsweise gegenüber der seit Jahrzehnten bewährten Hercules C-130 eine verdoppelte Transportmasse (Nutzlast), sehr großes Volumen, deutlich höhere Geschwindigkeit und viel größere Reichweite zu bieten. Der viermotorige Schulterdecker mit großer Laderampe beim Heck kann auch auf kurzen, unbefestigten Pisten betrieben werden. Dazu können Fallschirmjäger und Lasten aus der Luft abgesetzt werden. Es gibt auch Spezialversionen, die als Lazarett- und Tankflugzeuge mit äußerst großer Reichweite einsetzbar sind.

Extreme Steigflüge möglich

Die Auslieferung der ersten Flugzeuge verzögerte sich wegen massiver technischer Probleme um mehrere Jahre - unter anderem bei den Triebwerken, die wegen ihrer Leistungsstärke in Kombination mit relativ wenig Gewicht als revolutionäre Entwicklung gelten. Sie ermöglichen bei Bedarf extrem hohe Steigraten. Damit können die Maschinen bei Starts aus Zonen, die beispielsweise unter Beschuss stehen, sehr schnell herauskommen und große Höhe gewinnen.

Absturz bei Testflug in Spanien im Mai 2015

Es dauerte bis zum 1. August 2013, als die die französische Armee das erste Serienexemplar der A400M übernehmen konnte. Nach der Türkei und Großbritannien erhielt Deutschland im Dezember 2014 als vierter Kunde die erste Maschine, im Mai 2015 folgten Malaysia und im November 2016 Spanien. Insgesamt ist laut Airbus der Bau von 180 Stück geplant. Es gab noch im Mai 2015 in Spanien bei einem Testflug für die erste an die Türkei zu liefernde Maschine einen Absturz mit mehreren Toten und Totalverlust des Flugzeuges. Als Grund wurde fehlerhafte Software der Triebwerkssteuerung angegeben, die auch die Testpiloten nicht mehr hätten beheben können.

Gerald Lehner, salzburg.ORF.at

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