Vom Aquafix zum gebauten Raum

Sollen Kinder prominenter Eltern in die Fußstapfen von Vater oder Mutter treten? Die Ausstellung „Houses/No Houses“ untersucht unter Bergen von Aquafix-Papieren die Geschichte einer nicht fortgeschriebenen Mutter-Kind-Berufsbiografie. Und entdeckt ungeahnte Dialoge.

Der Name Mühlfellner ist im Raum Salzburg ein allgegenwärtiger. In zahlreichen Häusern und Bauprojekten hat sich dieser Name wie eine Trademark für einen modernen Bauminimalismus eingeschrieben. Die Architektin Heide Mühlfellner gilt als sachliche präzise, bis an kleinste Details denkende Raumplanerin, die mit ihrem langjährigen, mittlerweile verstorbenen Büropartner Reiner Kaschl maßgeblich die jüngere Architektur Salzburgs mitgeprägt hat. Bekanntestes Beispiel aus der jüngeren Zeit: ihre Umgestaltung des Salzburg Museums.

Die Handschrift im Unfertigen

Ihre Tochter, Martina Mühlfellner, wäre fast in die Fußstapfen der Mutter getreten. Doch das Architekturstudium brach sie ab, um sich als Schmuckdesignerin, Zeichnerin und Konzeptkünstlerin einer ganz anderen Domäne zu verschreiben. Allerdings: Gerade über ihre Zeichnungen und die sehr an der klaren, geometrischen bis mathematischen Form orientierte Arbeit entdeckt sie: Spuren zur Handschrift der Mutter.

Blick in die Ausstellung im Hintergrund Aquafixpapier

Christian Ecker

Den Subtext eines möglichen gemeinsamen Stils, ja, man könnte mit Pierre Bourdieu natürlich auch vermuten, eines über Erziehung und symbolische Praxis erworbenen Geschmacks, erkundet nun eine Ausstellung im Museumspavillon der Stadtgalerie Salzburg: „Houses/No Houses“ heißt der Versuch eines Dialogs zwischen den Arbeiten der Mutter und der Tochter, der nie biografistisch angelegt ist. Eine inszenierte Erkundung ist zu erleben, zwischen den Skizzen und noch nicht realisierten Bauten – und den schon in den Raum geworfenen mathematisch wirkenden Arbeiten der Tochter.

Erkundungen des Raums

Die Aquafix-Rollen der Architektin werden dabei zum Ausgangsmaterial für Raumerkundungen der Künstlerin Martina Mühlfellner: Von ihren bisher zweidimensionalen Nagelbildern ist sie nun zur Rauminstallation übergegangen und präsentiert mit einer Montage von Aquafix-Rollen fragile Raumerkundungen, bei denen den Besuchern die Arbeit des Fertigstellens zufällt.

Ausstellungsraum mit Haus aus Aquafixpapier und Skizzen

Christian Ecker

Die Frage, was einen guten Raum ausmache, beantworten beide Mühlfellners durchaus ähnlich. „Ich mag Räume mit rechten Winkeln, schönem Licht und Ausblicken“, sagt Martina Mühlfellner und fügt hinzu: „Dann gibt es noch etwas, für das ich keine Worte finde, aber ich denke, man könnte es am ehesten ‚Stimmung‘ nennen.“ Raumerkundungen seien jedenfalls offene Prozesse, die sie über die Zeichnung zu erkunden versuche.

Ausstellungshinweis

„Houses/No Houses“, bis 2. Mai, Museumspavillon der Stadtgalerie Salzburg, montags bis freitags, 14.00 bis 18.00, samstags und sonntags 11.00 bis 15.00 Uhr.

Für die Architektin ist für das Erlebnis eines architektonischen Raumes entscheidend, wie er „erlebt“ werde, „welche Gefühle und Stimmungen er erzeugt“. „Nutzbarkeit, Dimension, Proportion, Anordnung von Öffnungen, Blick- und Richtungsbezüge, Material, Farbe, in großem Maße das Licht, selbst der Geruch, auch ein Luftzug, können maßgeblich sein für die sinnliche Empfindung eines optimalen Raumgefühls“, so Heide Mühlfellner.

Eine immer größere Rolle spiele in der Raumgestaltung die Frage des Lichts, wobei dem „natürlichen Licht und den Tageslichtablauf eine immer größere Rolle“ zukomme.

Aquafixhaus auf Holzstäben

Christian Ecker

Zeichnungen und Transparentpapier

Das Medium Zeichnung ist ein zentrales in dieser Ausstellung – und klare Linien und Konturen sind dabei Merkmale, in denen einander die architektonische und die bildnerische Arbeit begegnen. Nie geht es um ausgefüllte Flächen, immer ist der Denkansatz in klaren Strichen und Linienführungen zu erkennen.

Es ist eine schöpferische Werkstatt, in die man hier am Rand des Mirabellgartens eintauchen kann. Erzählt wird sehr viel vom Vorgang der Konzeption, von der Arbeit an Inszenierungen – und nicht zuletzt von Prozessen, in denen das Weglassen ein entscheidendes Moment ist. Diese Prinzipien werden in diesem Dialog der Disziplinen deutlich – und dass es Mutter und Tochter sind, die da ihre Arbeiten verhandeln, wird am Ende zur Nebensächlichkeit. (heid, ORF.at)

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