Macron will „Neugründung Europas“

Der französische Präsident Emmanuel Macron ist seit Mittwochnachmittag in Salzburg. Im Gespräch mit Kanzler Christian Kern (SPÖ) sprach er über aktuelle europäische Herausforderungen und darüber „Europa neu zu gründen“.

Eine entsprechende Initiative will Emmanuel Macron noch vor Jahresende starten, betonte der französische Präsident während seines Besuchs ins Salzburg. Das Gespräch mit Bundeskanzler Christian Kern (SPÖ) habe ihn dazu bestärkt, mit ihm teile er viele Ansichten, so Macron. Im Gespräch sprach Macron auch über seine Vorschläge hinsichtlich des Kampfes gegen Sozialdumping, der Steuerharmonisierung, der Notwendigkeit besserer Kooperation, über ein eigenes Budget für die Eurozone und über ein Parlament für die Euro-Länder.

„Integrationsprojekt muss neuen Sinn bekommen“

In Salzburg betonte Macron auch die Pflicht Europas „seine Bürger zu schützen“, vor unfairen Wirtschaftspraktiken, sowie „gegen Flüchtlinge“ und vor dem Terrorismus. Das Integrationsprojekt Europa müsse „neuen Sinn bekommen". Im Kampf gegen den Terror müsse die Kooperation der Sicherheitsdienste verstärkt werden.

Im Umgang mit Flüchtlingen, gesteht Macron auch Fehler ein. Es sei bisher zu wenig gelungen, die Grenzen Europas zu schützen und sich auf ein gemeinsames Asylrecht zu einigen. Auch hier müssten die Mitgliedsländer besser kooperieren. Dem österreichischen Bundeskanzler Kern gratulierte er, weil dieser vor zwei Jahren nicht der „Demagogie“ verfallen sei. Der demagogische Ansatz sei verlockend, weil die „einfachste Lösung“. Aber: „Wir dürfen nicht die Angst und den Hass der anderen schüren“, betonte der französische Präsident.

Kompromiss bis zum EU-Gipfel im Oktober angepeilt

Mittwochabend einigten sich Macron und Kern mit ihren tschechischen und slowakischen Amtskollegen Bohuslav Sobotka und Robert Fico auf einen Kompromiss zur Entsenderichtlinie bis zum EU-Gipfel im Oktober. Die derzeitige Regelung zur Entsendung von Arbeitnehmern in ein anderes EU-Land sei „Verrat am Geist Europas“, sagte Macron.

Politgespräche über Arbeitskräfteentsendung

Macron und Kern besprachen auch eine Reform der Entsenderichtlinie, die es Unternehmen ermöglicht, zeitlich begrenzt Arbeitnehmer in ein anderes EU-Land zu schicken - was vor allem für Arbeitnehmer aus Ländern mit niedrigerem Lohnniveau ausgenutzt wird. Ziel von Macron und Kern ist gleicher Lohn für die gleiche Arbeit am gleichen Ort für maximal ein Jahr.

Vor allem osteuropäische EU-Länder fürchten dadurch aber eine Benachteiligung auf dem Arbeitsmarkt. Deshalb treffen sich Macron und Kern auch mit den Ministerpräsidenten von Tschechien und der Slowakei, Bohuslav Sobotka und Robert Fico.

Bundeskanzler Christian Kern und Frankreichs Präsident Emmanuel Macron am Besprechungstisch im Salzburger Kongresshaus

APA/AFP/Bertrand Guay

Die EU-Entsenderichtline ist Thema des Treffens in Salzburg, zu dem auch der tschechische und der slowakische Ministerpräsident geladen sind

Derzeitige Regeln „Verrat am Geist Europas“

Für Macron ist die derzeitige die Regelung zur Entsendung von Arbeitskräften ein „Verrat am Geist Europas“, sagte er Mittwochnachmittag bei einer Pressekonferenz in Salzburg. Der europäische Binnenmarkt und die Personenfreizügigkeit seien nicht geschaffen worden, um jenen zu helfen, die die niedrigsten sozialen Standards haben. Das würde auch den Populismus fördern, ergänzte er in einer gemeinsamen Pressekonferenz mit Bundeskanzler Kern. „Für gleiche Arbeit soll der gleiche Lohn gezahlt werden“, forderte Macron.

„Frankreich und Österreich sind hier ganz auf derselben Linie“, betonte der Präsident, der den Bundeskanzler als „mein Freund, Christian“ ansprach. Kern seinerseits betonte, dass eine Reform der Entsenderichtlinie vordringlich sei. Es gehe um „soziale Fairness“. Es sei unbefriedigend, dass es seit dem März des vergangenen Jahres hier keine Fortschritte gebe. Er sehe die Gefahr, dass Lohnniveau und Sozialstandards in Österreich untergraben würden. Wichtig sei nun, Details zu klären: die Entsendungsdauer, die Berechnung der Entgelte und auch die Sicherstellung, dass Strafen auch exekutierbar sind.

Bundeskanzler Christian Kern und Frankreichs Präsident Emmanuel Macron bei Pressekonferenz in Salzburg

ORF

Bei einer Pressekonferenz am Nachmittag machten Kern und Macron klar, dass für sie eine Reform der EU-Entsenderichtlinie wichtig ist

Immer mehr Entsendungen

Die Zahl der Entsendungen steigt ständig. Etwa zwei Millionen sind es jährlich nach EU-Angaben. Nach Österreich gab es 2015 rund 150.000 Entsendungen, im Vorjahr waren es 166.000 und im ersten Halbjahr 2017 bereits rund 90.000. Kern erwartet sich vom Sozialgipfel „einen Schritt vorwärts“, die Reform der Entsenderichtlinie „endlich“ abzuschließen, wie er am Dienstag sagte. Es sei „extrem unbefriedigend“, dass das Thema seit über einem Jahr „offen am Tisch“ liege. Es gehe darum, „das gemeinsame europäische Projekt“ zu stärken, meinte Kern.

Aus dem Elysee-Palast war verlautet worden, dass es Macron darum gehe, Kontakt mit jenen Ländern aufzunehmen, die sich bisher in Gesprächen „kooperativ“ gezeigt hätten. Aber auch andere Themen wie ein intensiverer wirtschaftlicher und kultureller Austausch zwischen Österreich und Frankreich waren am Mittwoch Thema der Gespräche.

Am Nachmittag in Salzburg gelandet

Die Maschine des Staatsgastes landete kurz nach 14.00 Uhr auf dem Salzburger Flughafen. Zahlreiche Polizisten sorgten für die Sicherheit des Präsidenten. Kolonnen von Fahrzeugen auf dem Vorfeld erwarteten Macron. Bundeskanzler Christian Kern (SPÖ) und Landeshauptmann Wilfried Haslauer (ÖVP) empfingen den Staatsgast auf dem Airport. Danach ging es im Konvoi in die Stadt zum Salzburger Kongresshaus.

Maschine des französischen Präsidenten Emanuel Macron auf dem FLughafen Salzburg

ORF/Marina Schlager

Eine Kolonne von Fahrzeugen auf dem Vorfeld erwartete schon am Vormittag die Ankunft des Staatsgastes

Strengste Sicherheitsvorkehrungen

Die Salzburger Sicherheitskräfte hatten sich auf den Besuch des Präsidenten intensiv vorbereitet. Die besonderen Bestimmungen begannen bereits bei der Landung Macrons auf dem Flughafen. Die Maschine musste laut Airport-Sprecher Alexander Klaus außerhalb der Sichtweite parken, Dachterrasse und Aussichtsplattform wurden gesperrt. Seitens der Sicherheitsbehörden waren neben Streifenbeamten auch das Amt für Verfassungsschutz und Terrorismusbekämpfung und das Sonderkommando Cobra vor Ort. Auch Sicherheitspersonal des Elysee-Palastes kam nach in Salzburg.

Festspiel-Konzertbesuch am Abend

Für den abendlichen Besuch bei den Salzburger Festspielen kündigte die Polizei an, wie jeden Tag im Festspiel-Einsatz zu stehen. „Bereits nach dem Terror von Berlin haben wir die Sicherheitsvorkehrungen verstärkt und justieren diese jetzt noch einmal nach“, sagte Polizeisprecher Michael Rausch. Auch Suzanne Harf, Protokollchefin der Salzburger Festspiele, bestätigte, dass das ohnehin schon erhöhte Sicherheitsaufgebot noch einmal verstärkt werde.

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Frankreichs Präsident Macron in Salzburg

Ein dichtes Programm absolviert das Ehepaar Macron in Salzburg. Politik und Kultur stehen auf dem Kalender des Präsidenten.

Macron und Kern besuchen gemeinsam mit ihren Ehefrauen ein Klavierkonzert mit Martha Argerich und Daniel Barenboim. Gespielt werden Wolfgang A. Mozart, Robert Schumann und Claude Debussy. Am Nachmittag standen für Brigitte Macron und Kanzler Kerns Gattin Eveline Steinberger-Kern Salzburger Sehenswürdigkeiten und Mozartkugeln auf dem Programm. Zudem spazierten sie durch den Mirabellgarten zur Universität Mozarteum, wo die Staatsgäste bei einer Meisterklasse des Pianisten Dominique Merlet zuhörten.

Abreise Donnerstagvormittag in Richtung Bulgarien

Donnerstagvormittag wird Macron mit seinem Tross und Dutzenden Sicherheitsbeamten aus Frankreich Salzburg auf dem Luftweg wieder verlassen. Von Salzburg aus wird Macron nach Bulgarien und Rumänien reisen. Bulgarien hat im 1. Halbjahr 2018 die EU-Ratspräsidentschaft inne, Österreich dann im darauffolgenden Halbjahr.

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