Ansturm auf letzte reine Bubenschule Salzburgs

Das erzbischöfliche Privatgymnasium Borromäum in Salzburg-Parsch ist die letzte reine Bubenschule im Bundesland - und hat einen großen Ansturm an Schülern. Dennoch überlegt die Schulleitung immer wieder, auch Mädchen zuzulassen.

Die reine Mädchen-Fachschule St. Josef in Salzburg-Herrnau und das Buben-Privatgymnasium Borromäum in Salzburg-Parsch sind die letzten Schulen im Bundesland Salzburg, in denen Buben und Mädchen noch getrennt sind. Viele andere Traditionsschulen hoben die Geschlechtertrennung dagegen in den letzten Jahren auf - etwa die ehemalige Mädchen-Neue-Mittelschule auf Schloss Goldenstein in Elsbethen (Flachgau), das ehemalige Mädchen-Privatgymnasium der Ursulinen in Salzburg-Aigen oder das ehemalige Bubengymnasium der Herz-Jesu-Missionare in Salzburg-Liefering.

Zuwachs um 90 Schüler in drei Jahren

Doch obwohl dort weiterhin nur Buben unterrichtet werden, stieg die Schülerzahl am Borromäum innerhalb von drei Jahren von 290 auf 380. Im kommenden Herbst starten gleich drei erste Klassen. Für Direktor Winfried Penninger ist das ein Indiz dafür, nach wie vor auf dem richtigen Weg als reine Bubenschule zu sein. Trotzdem hinterfragt er dies nahezu jeden Tag: „Ich habe Tage, wo ich mir denke: Wäre nicht alles leichter mit Mädchen? Und haben wir nicht einen schwierigeren Weg gewählt? Und dann gibt’s Tage, wo ich sehe, dass sich dieses System bewährt“, sagt Penninger.

Fassade des Privatgymnasiums Borromäum in Salzburg Parsch

ORF

Auch wenn es die letzte reine Bubenschule im Bundesland ist, hat das Borromäum bei den Schülerzahlen kräftig zugelegt

Schulerhalterin des Privatgymnasiums ist die Erzdiözese Salzburg. Dort gelte die Öffnung für Mädchen aber nicht mehr als Tabu, betont Direktor Penninger: „Mit dem Erzbischof haben wir vereinbart, dass er uns grundsätzlich die Entscheidung überlässt, in diese Richtung zu denken. Ich spüre, dass ihm das sehr recht ist, wenn wir mit der Thematik sehr sensibel umgehen, uns Gedanken machen und auch nicht zu schnell agieren.“

Schüler, Lehrer und Eltern derzeit zufrieden

Zur Zeit seien allerdings Eltern, Lehrer und auch Schüler zufrieden, eine reine Knabenschule zu sein, beobachtet der Direktor: „Interessant ist bei den Aufnahmegesprächen: Die neunjährigen Burschen freuen sich auf eine Schule ohne Mädchen - aber das würde ich jetzt nicht überbewerten. Auch die Maturanten sagen: Die Schule soll so bleiben, wie sie ist. Es ist ein Aspekt, der mich immer wieder verwundert. Die Jungs sagen, sie haben da weniger Stress, sie können authentischer sein, sie können sich auf das Wesentliche konzentrieren, die Gruppe ist irgendwie homogener. Sie lernen ja die Mädchen am Nachmittag oder am Wochenende kennen - das ist ja nicht mehr so wie in den Internatszeiten früher.“

Dass es keine Mädchen in der Klasse gibt, sei in der Schule selbst gar kein großes Thema, sagen die Schüler. Für den Siebtklassler Dario Ackermann überwiegen die Vorteile der Geschlechtertrennung: „Ich habe meinen Ort, wo ich in ruhe mit einem Haufen Jungs lernen kann, wo ich jetzt nicht darüber nachdenken muss: Schaut sie mich an? Schau ich gut aus? Wenn wir in der Schule sind, sind wir da, um irgendetwas zu machen. Deshalb habe ich auch das Gefühl, dass da mehr weitergeht. Das schätze ich sehr.“

Schüler auf dem Sportplatz des Privatgymnasiums Borromäum in Salzburg Parsch

Privatgymnasium Borromäum

Das Borromäum ist die letzte Schule im Bundesland, wo die Buben „unter sich“ sind

Seinem Schulkollegen Benedikt Gurtner geht es genauso: „Es ist halt ein Rückzugsort. Es ist ja nicht so, als hätten wir in der Freizeit keinen Kontakt mit Mädchen. So ist es unsere Ruhephase - ohne Mädchen.“

Psychologin sieht „keine Vorteile“ von Trennung

Psychologin Andrea Hammerer sieht die Geschlechtertrennung in der Schule hingegen kritisch: „Ich sehe überhaupt keinen Vorteil, weil es für die Kinder einfach nicht gut ist, geschlechtergetrennt erzogen zu werden. Im Kindergarten gibt es das eigentlich nirgends - und hat es auch in der Vergangenheit ganz selten gegeben. Ich bin selber in ein Gymnasium gegangen, wo nur Mädchen waren - und ich finde, dass man mit dem anderen Geschlecht soziales Leben lernen muss, um soziale Kompetenz zu lernen.“

Gerade in einer Gesellschaft, in der es viele Einzelkinder und auch alleinerziehende Mütter gibt, sei es umso wichtiger „gemischt“ aufzuwachsen, so Hammerer: „Für die Kinder ist auch gut, wenn sie sowohl männliche als auch weibliche Lehrer haben, wenn die Klassen gemischt sind. Man weiß aus Untersuchungen, dass Kinder am meisten von Gleichaltrigen lernen - da ist es natürlich auch gut, wenn man andersgeschlechtliche Kinder in der Klasse hat.“

Aufnahme von Mädchen wird erwartet

Auch die Schulgemeinschaft im Borromäum will keinesfalls stur an einem Justamentstandpunkt festhalten und Druck machen. Im Gegenteil: Direktor Penninger geht davon aus, dass in etwa zehn Jahren auch Mädchen das Borromäum besuchen werden - allerdings mit einem völlig neuen und modernen pädagogischen Konzept. Frontalunterricht soll es dann zum Beispiel nicht mehr geben.

Und auch Schulsprecher Marcus Dusch gibt sich offen gegenüber Änderungen. Wenn die Schüler heute abstimmen dürften, ob das Borromäum auch für Mädchen geöffnet werden sollte, sieht er den Ausgang offen: „Das ist schwer. Ich glaube, das wäre ziemlich ausgeglichen. Ich glaube nicht, dass es da ein klares ‚Ja‘ oder ‚Nein‘ gäbe. Wenn ich an die Oberstufe denke, würde ich eher glauben, dass es eine Mehrheit dafür gäbe, dass es so bleibt, wie es ist. Aber ewig wird das, glaube ich, nicht halten.“

In der Reihen der Lehrer hat die Veränderung jedenfalls schon längst stattgefunden: Die Schüler im Borromäum werden zum überwiegenden Teil von Frauen unterrichtet - die siebte Klasse zum Beispiel in Deutsch, Englisch, Mathematik, Physik und Religion.

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