Tausende Kinder leiden noch unter Gewalt

Körperliche und sexuelle Gewalt gegen Kinder bleibt zu oft unentdeckt. Das kritisieren Fachleute und schätzen, dass österreichweit tausende Kinder betroffen sind. Angezeigt werden weiterhin nur wenige hundert Fälle pro Jahr.

Der Langzeitvergleich zeigt, dass die Zahl der Fälle von körperlicher und sexueller Gewalt gegen Kinder und Jugendliche nicht weniger wird. Nur 500 bis 800 Fälle werden pro Jahr angezeigt, das ist der langjährige Schnitt. Ein Rückgang ist nicht zu erkennen, bedauern die Experten. Vieles bleibe im Dunkeln, kritisiert Harald Burgauner von der Salzburger Beratungsstelle „Männerwelten“. „Das Tabu schützt die Täter, es verhindert das Öffentlichwerden und das Aufdecken. Letztendlich ist aber das Aufdecken der erste Schritt damit Gewalt beendet werden kann“, sagt Burgauner.

Täter stammen zu 90 Prozent aus der Familie

In Fällen körperlicher oder sexueller Gewalt gebe es keine Zeugen und die Beweislage ist eine sehr schwierige. Auch hätten Kinder das Gefühl, sie haben etwas falsch gemacht, sagt Kinder- und Jugendanwältin Andrea Holz-Dahrenstaedt. „Es wird ihnen eingebleut, rede mit niemand darüber, es ist ein Geheimnis. Auch wird den Kindern suggeriert, es ist richtig was passiert“, so Holz Dahrenstaedt. Die Täter stammen zu 90 Prozent aus der Familie des Kindes, es sind meist Väter, Onkel und Brüder.

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Mutter eines Betroffenen spricht

Opfer sexueller Gewalt leiden oft ein Leben lang. Eine Salzburger Mutter will darauf aufmerksam machen. Im Interview mit Romy Seidl bleibt sie zum Schutz der Familie unerkannt.

Es geht um Machtverhältnisse

„Sexualität wird missbraucht, es geht um Macht und emotionale Ausbeutung“, sagt Burgauner. Die Beweisführung vor Gericht ist aber oft schwierig. Nur ein Drittel der Anzeigen führt zu einer Verurteilung. Meist stehe Aussage gegen Aussage. Umso wichtiger ist es, dass solche Taten bereits im Vorfeld verhindert werden, betonen die Experten.

Kinder sollen Nein sagen dürfen

„Sie haben das Recht über ihren eigenen Körper selbst zu bestimmen. Das fängt da an, dass man Kinder nicht dazu anhalten soll, jemanden den nicht so kennen oder mögen ein Busserl zu geben. Das ist noch kein sexueller Missbrauch aber da fängt es an, dass Kinder ihre eigenen Grenzen nicht ernst nehmen dürfen“, sagt Holz-Dahrenstaedt.

Unbedingter Gehorsam bedeutet Gefahr für Kinder

Außerdem ist es wichtig, Kindern zu vermitteln nicht unbedingten Gehorsam gegenüber Erwachsenen leisten zu müssen. Sonst seien Kinder besonders gefährdet, ergänzt die Kinder- und Jugendanwältin. Körperliche und psychische Gewalt sind weiter alltäglich, allerdings leicht rückläufig: So fanden vor 40 Jahren noch 80 Prozent der Österreicher die „gsunde Watschn“ in Ordnung, heute sind es gut 30 Prozent.

Kinder- und Jugendanwältin rät Hinzuschauen

„Die Akzeptanz von schwerer Gewalt ist tatsächlich zurückgegangen. Dass Kinder prügeln nicht erlaubt ist, das wissen fast alle Elternteile. Die die es machen, das ist meist ein Ausdruck von eigener Überforderung“, sagt Holz-Dahrenstaedt. Auch wenn es schwierig ist, das Wichtigste sei, etwas zu sagen, denn Schweigen schütze die Täter.

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Zu viel Gewalt gegen Kinder

Fachleute schätzen, dass tausende Kinder in Österreich betroffen sind. Angezeigt werden einige hundert.