Dschihadisten-Prozess: Verdächtiger untergetaucht

Der am Donnerstag fortgesetzte Prozess gegen zwei mutmaßliche Dschihadisten aus Nordafrika, die als Flüchtlinge nach Salzburg kamen, ist bis zur Einvernahme eines Marokkaners vertagt worden. Dieser soll kürzlich untergetaucht sein.

In einer Videokonferenz sind die beiden Angeklagten von den zwei in Frankreich inhaftierten, mutmaßlichen „IS“-Anhängern und mutmaßlichen Komplizen der Massenmörder von Paris am Donnerstag offenbar entlastet worden.

Möglicher Zeuge plötzlich unauffindbar

In der Videokonferenz soll der Algerier Adel H. (29) als Zeuge ausgesagt haben, dass der „Islamische Staat“ (IS) unter den Flüchtlingen, Asylwerbern und Migranten in dem Lager in Salzburg kein Thema gewesen sei. Es seien diesbezüglich auch keine Daten, Handynummern und Informationen ausgetauscht worden, so der Häftling in Paris.

mutmaßliche dschihadisten bei terrorprozess in Salzburg

ORF

Die beiden Angeklagten am Donnerstag vor Gericht in Salzburg

Nun will das Gericht noch jenen Mann als Zeugen befragen, der offenbar von Dezember 2015 bis Jänner 2016 auch in dem Salzburger Lager war. Der 26-jährige Erstangeklagte aus Marokko erklärte Donnerstag dem Vorsitzenden, dieser 41-jährige Marokkaner könne ihn entlasten.

Knapp vor Abschiebung verschwunden

Der 41-Jährige muss allerdings erst wieder ausgeforscht werden. Wie am Donnerstagvormittag ermittelt werden konnte, war der Mann nach seinem Aufenthalt in dem Salzburger Flüchtlingscamp noch von Jänner 2016 bis 1. Februar 2017 in einem Gasthof in Götzens in Tirol gemeldet. Wie der vorsitzende Richter erläuterte, hätte dieser Marokkaner aufgrund eines negativen Asylbescheids am Mittwoch abgeschoben werden sollen. Als Polizisten in abholen wollten, war der Asylwerber mit seinem Hab und Gut verschwunden. Er wurde im zentralen Fremdenregister zur Festnahme ausgeschrieben. Nun werde er auch im In- und Ausland zur Fahndung ausgeschrieben, sagt der Richter.

Der zweitangeklagte Algerier beteuerte Donnerstag am Ende der Verhandlung erneut seine Unschuld und bat um seine Entlassung aus dem Gefängnis, in dem er „verrückt“ werde. Deshalb müsse er auch viele Tabletten schlucken. Er sei kein Terrorist und kein „IS“-Mitglied.

Was sagt die Anklage?

Die beiden sollen laut Staatsanwaltschaft zum Netzwerk der Massenmörder von Paris gehören. Von ihnen erhofft man sich Informationen über die in Salzburg angeklagten Asylwerber. Die beiden in Salzburg angeklagten Männer sollen als Kuriere und Kundschafter für den IS gearbeitet haben. Unter anderem wird ihnen vorgeworfen, eine Handy-SIM-Karte mit brisanten Kontaktinformationen weitergegeben zu haben. Darauf sollen sich zum Beispiel Telefonnummern von IS-Terroristen befunden haben.

Die beiden Angeklagten bestreiten das - sie wollen mit dem selbsternannten „Islamischen Staat“ nie etwas zu tun gehabt haben. Um das zu bestätigen, hat einer der Pflichtverteidiger beantragt, genau jene Terrorverdächtigen zu befragen, denen die Angeklagten angeblich zugearbeitet hatten.

Zeugen sitzen in Frankreich in Haft

Die Zeugen sitzen in Frankreich in Haft. Sie wurden am Donnerstag per Video-Konferenz nach Salzburg zugeschaltet, aus Sicherheitsgründen allerdings unter Ausschluss der Öffentlichkeit.

Beim Prozess ging es Donnerstag vor allem um die Frage, in welchem Verhältnis zueinander die vier Terrorverdächtigen stehen. Laut Anklage sollen die Asylwerber in Salzburg jenen in Frankreich zugearbeitet haben.

Bis zu zehn Jahre Haft

Das sei alles nicht wahr, sagten die Angeklagten am Donnerstag beim Prozess. Beide wollen die Männer nicht gekannt haben. Der in Salzburg angeklagte Marokkaner sagt auch, er habe den Unbekannten mit der Weitergabe der SIM-Karte nur einen Gefallen tun wollen. Er habe nicht gewusst, welche Daten sich darauf befinden.

Den Angeklagten drohen wegen Mitgliedschaft in einer terroristischen Vereinigung bei Schuldsprüchen bis zu zehn Jahre Haft.

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