Finanzskandal: Anklage gegen Schaden

Salzburgs Bürgermeister Heinz Schaden (SPÖ) ist nun der erste aktive Politiker, der nach dem Finanzskandal angeklagt wird. Die Staatsanwaltschaft wirft ihm und sechs weiteren Personen Untreue vor. Um Schaden gibt es nun auch eine politische Debatte.

Die Wirtschafts- und Korruptionsstaatsanwaltschaft (WKStA) erhebt jetzt Anklage gegen Schaden, den Salzburger Ex-Landesfinanzreferent Othmar Raus (SPÖ), die Ex-Budgetreferatsleiterin Monika Rathgeber und vier weitere Personen. Das teilte die Behörde am Mittwoch der Öffentlichkeit mit. Der Strafrahmen bei Untreue beträgt ein bis zehn Jahre Haft. Am Landesgericht Salzburg sei die Anklage noch nicht eingelangt, sagte Gerichtssprecherin Martina Pfarrkirchner auf APA-Anfrage. Es sei daher noch kein Richter eingeteilt und es gebe noch keinen Verhandlungstermin.

Swap-Übergabe von Stadt an das Land im Visier

In dem Verfahren geht es um sechs Zinstauschgeschäfte (Swaps), die die Stadt Salzburg im Jahr 2007 an das Land abtrat. Dadurch sei dem Land ein Schaden von 4,8 Millionen Euro entstanden, argumentierte die Staatsanwaltschaft.

Der Salzburger Bürgermeister Heinz Schaden (SPÖ)

ORF

Schaden ist einer von sieben Angeklagten

In der Anklage werden sieben Verdächtige geführt - neben Schaden, Raus und Rathgeber noch vier weitere - teils ehemalige - Mitarbeiter von Stadt und Land Salzburg. Die Ermittlungen gegen einen achten Ex-Bediensteten der Stadt Salzburg wegen des Vorwurfs des Beitrags zur Untreue wurden eingestellt, „weil ihm auch nach Ausschöpfung aller Ermittlungsansätze eine Beteiligungshandlung nicht nachgewiesen wurde“, so die WKStA.

Anwalt: Rathgeber nicht schuldig

Kommentieren wollten die Anklage am Mittwoch weder Bürgermeister Schaden noch Ex-Landesfinanzreferent Raus. Der Anwalt von Rathgeber, Herbert Hübel, sieht seine Mandantin als unschuldig an: „Wenn jemand einen Auftrag ausführt, kann er nicht dafür verantwortlich und schuldig sein.“ Wer die Anklage lese, wisse, in welche Richtung der Zug fährt, sagte der Advokat.

Ex-Finanzreferent Raus ließ am Mittwoch über seinen Anwalt ausrichten, es habe nie eine Vereinbarung Schaden-Raus zur Übernahme er Finanzgeschäfte gegeben. Die Gespräche seien auf Beamtenebene geführt worden.

Frühere Stellungnahme: Vorschlag kam vom Land

In der Vergangenheit hatte Schaden stets betont, dass der Vorschlag für die Übernahme der Geschäfte von der Finanzabteilung des Landes selbst gekommen sei. Seine Anwälte meinten 2015 in einer Stellungnahme zum Gutachten der WKStA, dieses ziehe falsche Schlüsse. Der Sachverständige halte der Stadt Regeln über Spekulationsgeschäfte vor, die erst nach 2007 so beschlossen worden seien. 2007 seien „Spekulationsgeschäfte erlaubt und politisch erwünscht“ gewesen.

Das System der öffentlichen Buchhaltung (Kameralistik) sei so, dass drohende Verluste und negative Barwerte darin gar nicht aufscheinen könnten - daher habe die Finanzdirektion der Stadt auch nichts verschwiegen, so Schadens Anwälte in der Stellungnahme 2015. Außerdem habe das Land durchaus einen Vorteil daraus erzielt, sich die negativen Swaps von der Stadt „schenken“ zu lassen. Denn dadurch habe man sich Gebühren und Margen erspart, die angefallen wären, hätte man sich dieselben Produkte von einer Bank „geholt“. Diese Ersparnis sei von den Verlusten abzuziehen. Möglich sei, dass dann sogar ein Gewinn übrig bleibe.

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Anklage nach Finanzskandal

Eine Anklage mit prominenten Beschuldigten wurde am Mittwoch bekannt: allen voran Heinz Schaden, dazu Ex-Landesfinanzreferent Raus.

NEOS: Schaden „sollte Amt ruhend stellen“

Schaden sollte zumindest vorübergehend von der stadtpolitischen Bühne abtreten, hieß es am Mittwoch auch aus der Stadtregierung: „Für mich ist es ist eine Frage des politischen Anstandes, das Bürgermeisteramt jetzt bis zu einer erstinstanzlichen Entscheidung ruhend zu stellen“, betonte NEOS-Stadträtin Barbara Unterkofler.

Die FPÖ forderte den Rücktritt Schadens: Er „sollte sich ein Beispiel an seinem Parteikollegen Landeshauptmann (Peter) Kaiser nehmen, der in den Medien betonte, sollte es zu einer Anklage der Staatsanwaltschaft wegen der ‚TopTeam-Affäre‘ und den damit verbundenen Untreue-Vorwürfen kommen, werde er zurücktreten“, so FPÖ-Stadt-Klubobmann Andreas Reindl.

SPÖ, ÖVP, Grüne verteidigen Schaden

Der SPÖ-Stadtparteivorsitzende Michael Wanner verteidigte hingegen Schaden: Er sei überzeugt, dass sich die Vorwürfe gegen den Bürgermeister als haltlos erweisen würden, betonte Wanner: „Wir leben in einem Rechtsstaat, für alle Angeklagten gilt die Unschuldsvermutung. Ich gehe von einem fairen Verfahren aus.“

Auch ÖVP-Vizebürgermeister Harald Preuner forderte für Schaden die Unschuldsvermutung ein: „Eine Anklage ist per se keine Verurteilung - und in diesem Fall auch keine Vorverurteilung. Mir persönlich tut es menschlich leid, dass es so weit gekommen ist. Ich denke, man soll jetzt abwarten, wie der Prozess weiter verläuft.“

Stadtrat Johann Padutsch von der grünen Bürgerliste glaubt nicht, dass der Bürgermeister bewusst Schaden anrichten wollte: „Ich kann mir schwer vorstellen, dass der Heinz Schaden seinerzeit bei diesem Geschäft absichtlich jemanden schädigen wollte. Das passt nicht zu ihm. Er ist wahrscheinlich davon ausgegangen, dass er das Beste für die Stadt tut. Es gibt von mir sicher keine politischen Aktionen in dieser Sache.“

Land forderte im Herbst 2015 4,8 Millionen zurück

Nach Bekanntwerden des Gutachtens, das die WKStA in Auftrag gegeben hatte und der jetzigen Anklage zugrunde liegt, hatte der aktuelle Landesfinanzreferent Christian Stöckl (ÖVP) angekündigt, das Geld von der Stadt zurückholen zu wollen. Im Oktober 2015 brachte das Land daher Klage gegen die Stadt ein und forderte darin 4,8 Millionen Euro. Dieses Verfahren wurde aber ruhend gestellt, um politisch einen Vergleich zu finden - mehr dazu in Finanzskandal: Stadt strebt Vergleich an (salzburg.ORF.at; 2.11.2015).

Rathgeber bisher in zwei Strafprozessen verurteilt

Die nun eingebrachte Klage ist die dritte im Salzburger Finanzskandal. Bei den beiden bisherigen musste sich jeweils nur Ex-Budgetreferatsleiterin Monika Rathgeber vor Gericht verantworten. Es ging um falsche Abrechnungen der Mittel im Katastrophenfonds mit einem Schaden von zwölf Millionen Euro und um den weisungswidrigen Abschluss eines Spekulationsgeschäftes.

Rathgeber hatte wegen der Causa Katastrophenfonds eine dreijährige Haftstrafe, ein Jahr davon unbedingt, erhalten. Die Strafe hat Rathgeber aber bereits mit der Fußfessel verbüßt. Im zweiten Verfahren wurde sie ebenfalls schuldig gesprochen, bekam aber keine zusätzliche Strafe.

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