Architekten gegen geförderte Polystyrol-Dämmung

Kein Steuergeld mehr für Kunststofffenster und Wärmedämmung mit Platten aus Polystyrol - das fordert der Salzburger Gestaltungsbeirat. Auch 100 Prozent Barrierefreiheit in geförderten Neubauten ist für das Architektengremium nicht nötig.

Für den Gestaltungsbeirat - ein von der Stadt Salzburg bestelltes Architektengremium zur Begutachtung von Bauprojekten - sind die aktuellen Förderungsregeln des Landes Salzburg eine der Ursachen für die gleichförmige Neubausiedlungen, die in den letzten Jahren in Salzburg errichtet werden.

Polystyrol: „Keinen Sondermüll aufkleben“

Zwar sei energieeffizientes Bauen wichtig. Das bedeute aber nicht, dass überall Polystyrol-Dämmplatten auf die Fassaden geklebt und Kunststofffenster eingebaut werden sollten, sagt Architekt Arno Brandlhuber, scheidendes Mitglied im Gestaltungsbeirat: „Man sollte sich keinen Sondermüll an die Backe kleben.“

Auch für den Beiratsvorsitzenden Walter Angonese sind die derzeitigen Regeln bei der Dämmung nicht nachhaltig. Er sieht „Diskussionsbedarf“, dass die bei der Entsorgung problematischen Styropor-Dämmplatten mit Steuergeld gefördert werden.

„100 Prozent Barrierefreiheit unnötig“

Angonese kritisiert aber noch andere Wohnbauförderungsvorschriften: „Das gibt es nur in Salzburg, dass Wohnungen zu 100 Prozent barrierefrei sein müssen. Das ist ein enormer Kostenfaktor und unlogisch, weil die Anzahl der Menschen mit Einschränkungen ist nicht 100 Prozent. In anderen Ländern kann man Wohnungen einfach adaptieren. Da müssen nicht alle barrierefrei sein.“

Auch weitere Regelungen der Wohnbauförderung bemängelt der Gestaltungsbeirat. So seien die Anforderungen beim Lärmschutz viel zu hoch. Diese und viele andere Anforderungen würden nur die Baukosten und damit die Wohnungspreise in die Höhe treiben.

Freiwerdendes Geld für bessere Architektur nutzen

Angonese und der Gestaltungsbeirat fordern deshalb eine Reform der Wohnbauförderungs-Vorschriften - mit Unterstützung der Planungsbehörde der Stadt. So sollten die Anforderungen an die Bauten zurückgefahren waren. Das dadurch freiwerdende Geld sollte in bessere Architektur und in die ideenreichere Gestaltung von Wohnsiedlungen gesteckt werden.

Denn gerade fortschrittlichere Wohnformen wie zum Beispiel Wohnungen, die sich im Lauf der Jahre leicht aufteilen lassen, wenn zum Beispiel die Kinder ausziehen, seien in der derzeitigen Wohnbauförderung nicht vorgesehen, sagt Stadtplanungschef Andreas Schmidbauer.

Empörung bei Sozialressortchefin Hagenauer

Die Aussagen Angoneses zur Barrierefreiheit ärgern aber die für Soziales zuständige Salzburger Vizebürgermeisterin Anja Hagenauer (SPÖ): Denn barrierefreie Wohnungen seien absolut notwendig, damit Menschen mit Behinderung oder Ältere mit Rollator ohne fremde Hilfe wohnen können.

Im Altbaubereich seien ohnehin nur fünf Prozent der Wohnungen im Stadtgebiet barrierefrei, so Hagenauer. Deshalb sei die Pflicht zum barrierefreien Bauen bei geförderten Wohnungen absolut notwendig und wichtig. Ein Nachrüsten der Wohnungen auf barrierefreie Standards sei zudem in jedem Fall teurer, als das gleich beim Bau vorzusehen.

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