Psychotherapeuten kritisieren Krankenkassen

Die Zwei-Klassen-Gesellschaft bei der Psychotherapie müsse ein Ende haben, fordert der Bundesverband der Therapeuten. Hilfe bei seelischen Krisen müssten sich alle leisten können, nicht nur Besserverdiener. Die Krankenkasse weist die Kritik zurück.

Die Hälfte aller in Österreich stattfindenden Psychotherapien müssen im derzeitigen System von den Patienten selbst bezahlt werden. Eine Stunde kostet zwischen 75 und 100 Euro. Nur wer an einer schweren psychischen Erkrankung leidet, erhält die Therapie auf Krankenschein. Das kritisierte der Bundesverband der Psychotherapeuten am Wochenende bei seiner Jahrestagung in Salzburg.

Psychotherapeutische Ambulanz in der Marxergasse

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Gruppentherapie

Kassentarife: „Ungerecht, unübersichtlich“

Die übrigen Patienten sind auf einen Kostenzuschuss durch die Krankenkassen angewiesen. Bei der Gebietskrankenkasse (GKK) beträgt er 21,80 Euro pro Stunde und wurde seit 1992 nicht angehoben. Die Versicherung der öffentlich Bediensteten zahlt 40 Euro und die Sozialversicherung der Bauern 50 Euro pro Stunde.

„Nur einheitliche Lösung wäre fair“

Der Bundesverband für Psychotherapie fordert eine einheitliche Lösung, wie sein Präsident Peter Stippl betont. Nur so werde Psychotherapie auch für jene erschwinglich, die sich 75 bis 100 Euro pro Stunde nicht leisten können. 40 Tage dauert ein Krankenstand von Patienten mit psychischen Problemen im Durchschnitt, nur zehn Tage dagegen bei körperlichen Krankheiten.

Wer sich die Psychotherapie nicht leisten kann oder will, flüchtet in Psychopharmaka, die dem Körper massiv schaden können. Oder man läuft Gefahr, für längere Zeit in einer Klinik zu landen.

Gebietskrankenkasse weist Kritik zurück

Die Salzburger Gebietskrankenkasse wehrt sich gegen die Kritik der Psychotherapeuten, dass Behandlungen von Patienten vorwiegend selber bezahlt werden müssten. Im vergangenen Jahr hätten in Salzburg fast 5.000 rund 80.000 Therapiestunden bei 180 Vertragstherapeuten vollständig finanziert bekommen, teilt Kassenobmann Andreas Huss mit. Weitere 2.800 Patienten waren demnach laut GKK bei Wahltherapeuten und hätten 21,80 Euro pro Stunde ersetzt bekommen. In Salzburg würde die Versorgung funktionieren, so die GKK.

Jugendpsychiater vermissen Angebote

Bis zu 30 Prozent aller Kinder und Jugendlichen leiden an psychischen Krankheiten. Auf diese große Zahl weisen Experten der der österreichischen Gesellschaft für Kinder- und Jugendpsychiatrie hin. Es gebe auch in Salzburg viel zu wenige Fachärzte und Angebote für Kinder und Jugendliche, die psychisch krank oder gefährdet seien - mehr dazu in Immer mehr Jugendliche psychisch krank (salzburg.ORF.at; 17.2.2015)

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Besseres Vergütungssystem gefordert

ORF-Redakteurin Renate Lachinger hat sich die Bundesversammlung der Psychotherapeuten in Salzburg angesehen und angehört.

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