Chef des Reiser-Adventsingens weist Kritik zurück

Er wolle keinesfalls den Nationalsozialismus verharmlosen, entgegnet Josef Radauer, Chef des Tobi-Reiser-Adventsingens, seinem Kritiker Siegfried Trenker vom Salzburger KZ-Verband. Radauer fühlt sich missverstanden und lädt Trenker ein.

Josef Radauer Adventsingen

Bernhard Strobl

Radauer

Er sei wohl medial verkürzt zitiert oder auch missverstanden worden. Und selbst sei auch er ein entschiedener Gegner jeglicher rechtsgerichteter Politik, betont Josef Radauer, Leiter des Tobi-Reiser-Adventsingens in Salzburg: „Es steht außer Zweifel, dass Reiser das nationalsozialistische System nutzte, um seine volksmusikalischen Interessen voranzutreiben. Das ist verwerflich. Unbestritten ist ebenfalls, dass der damit dem Regime und dem verbrecherischen Treiben insgesamt genutzt hat.“

Was war der Auslöser?

Siegfried Trenker vom Salzburger KZ-Verband, der die Erinnerung an Opfer des NS-Regimes wachhält, hatte Radauer am Donnerstag scharf kritisiert. Es ging in der Debatte um die Frage, ob das Tobi-Reiser-Adventsingen nun umbenannt werden sollte oder nicht? Ausgangspunkt ist ein neues wissenschaftliches Gutachten, wonach Reiser tief im Nationalsozialismus, seinem Rassenwahn und seiner Kulturpolitik verstrickt war. Radauer hatte unter anderem betont, für ihn komme eine Namensänderung trotz des Gutachtens nicht in Frage. Zudem verwies Radauer auf den eigentlichen Grund für seine Position: Reisers Sohn, der ebenfalls ein bekannter Musiker war.

„Motivation ist Freundschaft zu Reiser junior“

In seiner Stellungnahme von Freitag fügte Radauer hinzu, seine Gründe für das Festhalten an dem Namen Reiser beim Salzburger Adventsingen würden hauptsächlich in der früheren Freundschaft zum 1999 verstorbenen Sohn des Gründers liegen, Tobias Reiser junior: „Im Hinblick auf Reiser senior sind die Gründe ausschließlich musikalischer Natur.“ Reiser junior hatte das Adventsingen nach dem Tod seines Vaters geleitet, der 1974 verstorben war. Radauer: „Reisers adoptierter Sohn kann nichts dafür, dass er den Namen trug und diese Hypothek zu tragen hatte.“

Darüber hinaus gibt es laut Radauer einige Indizien, die man bei der Betrachtung von Reiser senior sehen und für eine differenzierte Sicht heranziehen könne: „Das betrifft etwa die Verweigerung des Hitlergrußes bei volksmusikalischen Veranstaltungen, die Verteidigung religiöser Symbole oder die ausdrückliche Vermeidung der NSDAP-Mitgliedschaft seiner Familie. Er hat meines Wissens auch keine Musikstücke für nationalsozialistische Aufmärsche oder andere Veranstaltungen der Machthaber komponiert – was ihm bei seiner Begabung ein Leichtes gewesen wäre. Dadurch unterscheidet er sich doch etwas von vielen anderen Musikschaffenden seiner Zeit.“

Einladung an Trenker zum Adventsingen

Radauer ergänzt, er hätte sich eine andere Erinnerungskultur seit 1945 gewünscht: „Dass Reiser senior nach Kriegsende offiziell nie ein Wort des Bedauerns, der aufrichtigen Entschuldigung geäußert hat und sich nie seiner öffentlichen Verantwortung gestellt hat, ist unbestritten und äußerst betrüblich. Ich sehe daneben auch, dass er mit seiner sehr qualitätsvoll präsentierten Musik und seinen kreativen Ideen vielen Menschen Freude bereiten wollte und das auch in vielfältiger Weise erreicht hat.“

Der Leiter des Tobi-Reiser-Adventsingens lädt nun Siegfried Trenker vom Salzburger KZ-Verband ein, „sich selbst in Bild von unserem Adventsingen zu machen, in dem es um zutiefst Menschliches geht. Um Trost und Frieden.“

Gerald Lehner, salzburg.ORF.at

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