Bergretter wollen Geld vom Tourismus

Die ehrenamtliche Salzburger Bergrettung will den Tourismus künftig an Einsatzkosten beteiligen, um ihre Existenz zu sichern. Zwei Cent von jeder Nächtigung sollen die Basisfinanzierung sichern. Tourismuswerber lehnen die Pläne ab.

Estolf Müller Bergretter Landesleiter der Bergrettung in Salzburg

Österreichischer Bergrettungsdienst

Salzburgs ÖBRD-Landesleiter Müller

„Die Zahl der Einsätze ist in den vergangenen Jahren zwar nur leicht gestiegen, die Einsätze werden aber durch neue Trendsportarten aufwendiger, länger und intensiver“, sagt der Salzburger ÖBRD-Landesleiter Estolf Müller. Er lässt nun mit einem Vorschlag aufhorchen, der schon in Tirol seit einigen Monaten für Diskussionen sorgt. Die Tiroler Bergrettung fordert von der Tiroler Tourismuswirtschaft mindestens einen Cent pro Übernachtung, um Ausbildung, Ausrüstung und Einsatzbereitschaft der ehrenamtlichen Bergretter weiter garantieren zu können.

In Tirol und Salzburg mit ihrem alpinen Massentourismus in Winter und Sommer gibt es mit Abstand die meisten Bergrettungseinsätze aller Bundesländer. Laut Bergrettern gerät das System nun an seine Grenzen.

Zwei Cent pro Nacht als Basis

„Von jeder Nächtigung sollen zwei Cent der Bergrettung als Basisfinanzierung zur Verfügung gestellt werden. Der einzelne Urlauber würde das nicht spüren, unsere Finanzierungsprobleme wären damit aber zum größten Teil erledigt“, sagt dazu der Salzburger Bergrettungschef Müller. Vor allem die hohen Ausgaben für die Umstellung auf Digitalfunk im kommenden Jahr wären damit abgedeckt.

Bergrettung Rettungseinsatz Schwaiger Haus Wiesbachhorn Kaprun

Bergrettung Kaprun

Schwieriger Einsatz im sommerlichen Wettersturz der Hohen Tauern

Zieht man die rund 25,5 Millionen Nächtigungen heran, die im Tourismusjahr 2013/2014 im Bundesland Salzburg verzeichnet wurden, würde das der Bergrettung jährliche Einnahmen in der Höhe von rund 500.000 Euro bescheren.

Zwar würden laut Müller einzelne Gemeinden und Tourismusbetriebe die Bergrettung bereits heute finanziell unterstützen: „Von oberster Tourismusstelle gibt es aber leider kein Geld.“ Er hält deshalb eine Art „Sondersteuer“ - von zwei Cent pro Übernachtung - für gerechtfertigt: „Man darf nicht vergessen, dass unsere Bergwelt das Rückgrat des österreichischen Tourismus bildet. Der Großteil unserer Einsätze gilt Touristen und Urlaubern aus Österreich und aller Welt.“

Bergretter verbinden übungsmäßig ein fiktives Unfallopfer.

Gerald Lehner

Die Salzburger Bergretter folgen nun dem Pfad der ehrenamtlichen Tiroler Kameraden (hier im Paznaun bei einer Übung für einen verunglückten Wanderer). Auch die Tiroler weisen auf massive Finanzierungsprobleme durch immer mehr Einsätze für Risiko- und Trendsportler sowie Freerider hin

Bergrettern droht kräftiges Minus

Wie die Bergrettung Salzburg betont, rechne man für das kommende Geschäftsjahr mit einem kräftigen Minus in den Bilanzen - aus unterschiedlichsten Gründen: „Für Einsätze beim Canyoning, Eisklettern oder Paragleiten benötigen wir zunehmend Spezialisten und Spezialausrüstung, um effizient Hilfe leisten zu können.“ Auch der Aus- und Fortbildungsaufwand werde umfangreicher, das Material verändere sich ständig. So schlagen sich Ausbildung, Ausstattung und Versicherung eines Bergretters durchschnittlich mit etwa 2.500 bis 3.000 Euro zu Buche.

Die Bergrettung Salzburg finanziert sich zu knapp 25 Prozent über öffentliche Subventionen von Gemeinden und Land: „Die meisten Ausgaben werden durch Sponsoren, Förder-Mitgliedschaften und Einsatzverrechnungen getragen“. Allerdings bleibt die Organisation nach wie vor oft auf Einsatzkosten sitzen: „20 bis 30 Prozent zahlen gar nicht, manche erst Jahre verspätet“, erklärt Landesleiter Müller.

Zauchensee Bergrettung Bergretter Freerider tot geborgen

Bergrettung Salzburg

Salzburger Bergretter im Winter- bzw. Lawineneinsatz beim Sondieren

Tourismuschef Bauernberger lehnt Forderung ab

Klare Ablehnung zu der Idee äußerte am Mittwoch der Salzburger Landestourismuschef Leo Bauernberger: „Eine Sondersteuer ist ein sehr unkreativer Ansatz.“ Ein Produkt für alle teurer zu machen, um Serviceleistungen in zweiter oder dritter Ebene zu finanzieren, lehne er ab: „Genauso wird es keinen Pisteneuro oder Pistencent für künstliche Beschneiung geben.“ Er sei vielmehr für lokale und regionale Lösungen: „Hier gibt es bereits jetzt jede Menge Initiativen.“

Zurückhaltung im Büro Haslauer

In Zurückhaltung übte sich auch das Land. Wie ein Sprecher des für Rettungskräfte und Katastrophenschutz zuständigen LH Wilfried Haslauer (ÖVP) sagte, stünden demnächst Gespräche und Verhandlungen mit der Bergrettung auf der Agenda: „Die Bergrettung bekommt über den Rettungsschilling bereits jetzt Unterstützung des Landes. Der Landeshauptmann steht der Bergrettung sehr aufgeschlossen gegenüber.“

Tourismusgeld zuletzt vor dreieinhalb Jahren

Defibrillatoren-Rucksäcke der Bergrettung

Bergrettung Salzburg

Die „Defi“-Rucksäcke von Frühling 2012

Zuletzt sei die Bergrettung etwa in zwei Sonderaktionen mit Defibrillatoren und Lawinen-Airbags im sechsstelligen Euro-Bereich ausgestattet worden, heißt es in der Stellungnahme des Landes. Diese Aktion aus dem Tourismusförderungsfonds des Landes ging vor dreieinhalb Jahren über die Bühne - nach Kritik an der heimischen Tourismuswerbung, die auf Tiefschneebilder setze und alpine Gefahren verschweige, hieß es damals bei den Einsatzkräften. Die Unterstützung aus dem Tourismusfonds war die erste dieser Art in der Geschichte der Salzburger Bergrettung.

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Bald Meeting mit Ressortchef

In einigen Tagen haben Bergretter einen Termin beim zuständigen Landeshauptmann Wilfried Haslauer. Sie hoffen auf faire Beiträge aus dem Tourismus.

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