„Bergregionen klar benachteiligt“

In Oberpinzgau und Lungau regt sich Unmut über ungerechte Verteilung von Infrastruktur, Ressourcen und Geld der öffentlichen Hand. Salzburg ist wirtschaftlich in zwei Hälften geteilt - in den reichen Zentralraum und die Regionen südlich von Pass Lueg und Steinpass.

Leerer Hosensack nach außen gestülpt

Fotolia/Michael Tieck

Öffentliche Haushalte bei Bund, Ländern und Gemeinden pfeifen auf dem letzten Loch. Und wer fördert die strukturschwachen Regionen?

Dass periphere oder abgelegene Gebiete gegenüber städtischen Ballungsräumen zu kämpfen haben, das belegen schon die nüchternen Zahlen. In und im Umland der Stadt werden 72 Prozent der gesamten Wirtschaftsleistung Salzburgs erbracht - in Pinzgau, Pongau und Lungau zusammen 28 Prozent. Die Arbeitslosenquote ist im Zentralraum stets niedriger als Innergebirg – und die Einkommen deutlich höher.

Gebirgsgaue „generell benachteiligt“

2013 waren es in der Stadt Salzburg knapp 1.500 Euro bei Arbeitnehmern, in Lungau und Pinzgau deutlich weniger. Auch wenn die Landesregierung zum Beispiel ins Krankenhaus Tamsweg einiges investiert.

Der Lungau kämpft weiter hart gegen die Abwanderung und gegen sinkende Wirtschaftskraft, sagt der Mauterndorfer Bürgermeister Wolfgang Eder: „Der Lungau ist generell benachteiligt. Die Infrastruktur ist um einiges geringer als in Städten. Wir müssen die Region fit und attraktiv halten, damit der Lungau auch für Städter interessant ist, und wir profitieren können.“

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Unmut im Oberpinzgau am größten

Weit weniger gelassen sehen viele Oberpinzgauer die Lage. Auch hier ist die Situation ähnlich, aber der Unmut deutlich größer, wie der Mittersiller Bürgermeister Wolfgang Viertler betont: „Und darum ist es nicht verwunderlich, dass vielfach das Gefühl entsteht, dass wir da Menschen zweiter Klasse sind.“

Viertler sieht Nachteile zum Beispiel in der Gesundheitsversorgung. Er nennt das Aus der Geburtenstation im Krankenhaus Mittersill als Beispiel und fordert eine Steuererleichterung für die Regionen nach Schweizer Vorbild: „Die Schweiz ist vielfach in aller Munde, wenn es um Vorbilder geht. Sie hat ganz andere Steuersätze je nach Attraktivität der Räume. In Zürich sind die Steuern am höchsten, hinter dem Berg sind sie deutlich niedriger.“

Neidvolle Blicke auf Schweizer Kantone

Helmut Mödlhammer vom Salzburger Gemeindebund (ÖVP) sagt, das Schweizer Modell funktioniere in Österreich nicht: „Bei uns hat der Bund die Steuerhoheit, in der Schweiz ist jeder Kanton dafür selbst zuständig. Die benachteiligten Regionen müssen in Österreich aber stärker gefördert werden.“

Und Salzburgs Bürgermeister Heinz Schaden (SPÖ) sieht die Sache so: „Leider gibt es mit Ausnahme des Burgenlandes in Österreich keine EU-Förderungen für Regionen und strukturschwache Gebiete. Die Töpfe von Bund und Land sind ausgetrocknet. Da wird nicht so schnell etwas daherkommen.“

Die vom Bund geplante Steuerreform wird es auch nicht einfacher machen. Im Schloss Mirabell rechnet und plant die Stadtpolitik bereits mit Einnahme-Verlusten von vier Millionen Euro pro Jahr.

Leopold Kohr

Gerald Lehner

Kohr

Kohr erforschte Regionalentwicklung

Der austro-amerikanische Philosoph und Ökonom Leopold Kohr formulierte schon in den 1940er-Jahren im Exil in Übersee ein Grundgesetz der Wirtschaftslehre, wonach Regionen umso stärker benachteiligt würden, je weiter sie von Zentren der Regierenden in Politik und Geldwirtschaft entfernt seien. Kohr, der 1909 in Oberndorf (Flachgau) geboren wurde, war international als einer der Ersten, die die Regional- und Dorfentwicklung zum Thema wissenschaftlicher Forschung machten. Er propagierte schon damals das System der Schweizer Kantone - als Waffe gegen den Nationalismus von Großmächten und als Quelle regionalen Wohlstandes.

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